Arbeitszeiten Spanien

Arbeitszeiten SpanienDas Arbeitsleben wird in Spanien ebenso wie in Deutschland neben den inländischen Gesetzen insbesondere auch durch die Regelungen der EU beeinflusst und in einem bestimmten Rahmen geregelt. Der Beitrag Arbeitszeiten Spanien bearbeitet die Frage, inwieweit sich diese in Spanien in Bezug auf die deutschen Arbeitszeiten unterscheiden oder ähneln.

Zunächst zu den einzelnen Begrifflichkeiten. In Spanien wird, wie in Deutschland, unterschieden zwischen der reinen zu erbringenden Arbeitszeit – d.h. die Stundenanzahl pro Woche – und dem Arbeitszeitplan, welcher die Einteilung der Stunden für eine Woche betrifft einschließlich der Pausenzeiten, Anfangs- und Endzeit.
Beide Aspekte unterliegen sowohl in Deutschland als auch in Spanien gesetzlichen Regelungen und sind in einigen Punkten dem EU-Recht unterworfen.
Das Recht der Erstellung und Einteilung des Arbeitszeitplans ist in beiden Ländern dem Arbeitgeber vorbehalten. Es können aber auch vertragliche Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffen worden sein. Eine Änderung dieser Vereinbarung bedarf dann der Zustimmung beider Parteien. Zu beachten ist ggf. auch ein anzuwendender Tarifvertrag.
In Bezug auf den Arbeitszeitplan gibt es verschiedene Modelle, die Anwendung finden können. Diese sind im spanischen und deutschen Raum nahezu identisch. Zu nennen sind die Schichtarbeit, Gleitzeit und die eher flexiblen Arbeitszeiten, wie man sie etwa in Einkaufsgeschäften vorfindet.

Wichtig ist insbesondere in Spanien, dass der Arbeitgeber die genaue Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer dokumentiert und diese Dokumentation über vier Jahre archiviert. Die Form der Arbeitszeiterfassung ist dabei nicht näher bestimmt, sie kann auch durch den Arbeitnehmer selbst erfolgen. Es muss sich dabei um ein objektives und zuverlässiges Mittel zur Aufzeichnung handeln. Bei der Wechselschichtarbeit gilt es außerdem zu beachten, dass kein Arbeitnehmer, ohne seine Zustimmung, länger als zwei Wochen hintereinander in der Nachtschicht eingesetzt werden darf.
Bzgl. insbesondere auch bei der Telearbeit insbesondere in der Modalität des home-office häufig üblichen flexiblen Arbeitszeit gibt es keine einheitliche Form. In der Regel hat der Arbeitnehmer insoweit die Möglichkeit, in Absprache mit dem Unternehmen Entscheidungen über Beginn und Ende der Arbeitszeit zu treffen. Es gibt Modelle der freien Arbeitszeitbestimmung (“horario libre”)  oder der Wahl von Arbeitszeiten (“elección de horarios”) oder Zeitfenstern (“franja horaria”). Im Rahmen einer freien Arbeitszeitbestimmung sind ausdrücklich keine Arbeitszeiten festgelegt. Hierbei passt der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit an, um vereinbarte Ziele zu erreichen. Dies ist nicht der Fall, wenn bspw. eine 40-Stunden-Woche vereinbart ist.
Im Fall der Wahl der Arbeitszeiten bietet der Arbeitgeber mehrere verschiedene Zeitpläne an, zwischen denen der Arbeitnehmer wählen kann. Ist die Arbeitszeit einmal festgelegt, bleibt sie so lange bestehen, bis gegebenenfalls eine andere Vereinbarung getroffen wird. Bei der Wahl von Zeitfenstern entscheidet der Arbeitnehmer über die Zeitspannen, in denen er entsprechend der mit dem Arbeitgeber vereinbarten Stundenzahl arbeitet. In der Modalität “Horario fijo-variable” wird eine feste zzgl. eine variable Arbeitszeit gewählt.

Die Arbeitszeit ist grds. so zu berechnen, dass sich der Arbeitnehmer sowohl zu Beginn als auch am Ende des Arbeitstages an seinem Arbeitsplatz befindet.

Im Hinblick auf die zu leistenden Überstunden bestehen Unterschiede zwischen Spanien und Deutschland. In Spanien wird die Vergütung der Überstunden regelmäßig im einschlägigen Tarifvertrag festgehalten; die Höchstzahl der Überstunden ist gemäß Art. 34 des Arbeitnehmerstatuts grds. auf 80 pro Jahr beschränkt. Verstöße können sanktioniert werden.

Überstunden, die innerhalb von vier Monaten nach ihrer Beendigung durch (unbezahlte) Ruhezeit ausgeglichen werden, werden in Spanien aber nicht auf diese Höchstzahl angerechnet. Überstunden, die zur Verhütung oder Behebung von Unfällen und anderen außergewöhnlichen und dringenden Schäden geleistet werden, werden unbeschadet ihres Ausgleichs als Überstunden weder bei der Berechnung der Höchstdauer des normalen Arbeitstages noch bei der Berechnung der Höchstzahl der zulässigen Überstunden berücksichtigt. In Deutschland ist der Bereich der Überstunden lückenhafter geregelt und arbeitgeberfreundlicher.

Ebenso gelten in Spanien andere Pausen- und Ruhezeiten.

Die Anzahl der Stunden des Arbeitstages entspricht der in den Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen vereinbarten Dauer. Die maximale Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche effektiver Arbeit im Jahresdurchschnitt in Spanien, in Deutschland liegt diese bei 48 Stunden pro Woche. Das Arbeitszeitgesetz geht mithin von einer maximalen Arbeitszeit von 2.304 Stunden pro Jahr aus; in Spanien sind dies 1.770 Stunden. Dort darf die gewöhnliche Arbeitszeit 9 Stunden pro Tag nicht überschreiten, es sei denn, ein Tarifvertrag oder andernfalls eine Vereinbarung zwischen dem Unternehmen und den Arbeitnehmervertretern legt eine andere Verteilung der täglichen Arbeitszeit fest, wobei in jedem Fall die Ruhezeit zwischen den Arbeitstagen einzuhalten ist.

Auch im Hinblick auf die gesetzlich geregelten Urlaubstage besteht ein Unterschied zwischen den beiden Ländern. In Spanien beträgt die gesetzliche Mindestdauer 30 Kalendertage bzw. 22 Arbeitstage pro Jahr. In Deutschland hingegen haben Arbeitnehmer mit einer 5-Tagewoche nur einen gesetzlichen Anspruch auf 20 Kalendertage gemäß Bundesurlaubsgesetz, wenn auch tarifvertraglich häufig höhere Urlaubsansprüche gelten.

Fahrtzeiten – Arbeitszeiten Spanien

Im Hinblick auf die Frage wie in Spanien die Arbeitswege berechnet werden, d.h. ob diese Teil der Arbeitszeit sind oder nicht, da es sich um Zeiträume handelt, in denen der Arbeitnehmer keine direkte Dienstleistung erbringt, es sich aber auch nicht um eine Ruhezeit handelt, ist zunächst die europäische Richtlinie zur Arbeitszeitregelung zu beachten. Insoweit gilt als geleistete Arbeit “jede Periode, in der sich der Arbeitnehmer bei der Arbeit aufhält, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt“.

Demgemäß  ist die für die Hin- und Rückfahrt zwischen Arbeitsplatz und Wohnort investierte Zeit keine effektive Arbeitszeit.
Fraglich ist jedoch, wie der Sachverhalt wenn der Arbeitnehmer sich zu einem anderen Ort als dem Büro begeben muss, wie beispielsweise zu einer Besprechung oder auf eine Dienstreise, in Spanien zu behandeln ist.
Im Falle, dass die Reise zu einem anderen Ort als dem gewöhnlichen Arbeitsplatz (eine Besprechung, eine Geschäftsreise oder einer sporadischen Verpflichtung) erfolgt und sofern sie einem Auftrag oder einer Anweisung des Unternehmens entspringt, wird sie grds. als effektiv geleistete Arbeitszeit angerechnet. Sie muss daher grds. als solche im Arbeitszeitnachweis aufgenommen werden.

Allerdings wird die Frage in der Rechtsprechung kontrovers behandelt.
Einerseits legte der Oberste Spanische Gerichtshof (Tribunal Supremo) 1996 fest, dass Fahrten vom üblichen Arbeitszentrum zu einem anderen Ort, an dem die Erbringung von Dienstleistungen angeordnet wird, als Arbeitszeit gelten. Einige Jahre später widersprach der Oberste Gerichtshof (TSJ) von Castilla La Mancha dieser Auffassung und lehnte es ab, die Fahrten eines Mitarbeiters eines Sicherheitsdiensts vom Ort, an dem sich das Unternehmen befand zu Gemeinden, in denen er seine Dienstleistungen erbrachte, als effektive Arbeitszeit anzurechnen.

Die unterschiedlichen gerichtlichen Auffassungen und Auslegungen haben erhebliche Verwirrung geschaffen. Darüber hinaus hat der vom spanischen Arbeitsministerium veröffentlichte Leitfaden zur Zeiterfassung nicht dazu beigetragen, diese Frage zu klären.
Daher sollten die Unternehmen zur Vermeidung von Streitigkeiten und Problemen mit den Mitarbeitern Protokolle erstellen, die festlegen, welche Fahrten als effektive Arbeitszeit angerechnet werden und welche nicht.

Es gibt Berufe, wie den des Handelsvertreters oder Servicetechnikers, bei denen es keinen festen Arbeitsort gibt oder bei denen ständige Fahrten zum eigentlichen Wesen der Dienstleistung gehören. Für solche Fälle bestimmte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Jahr 2015, dass in Ermangelung eines Arbeitszentrums, die Fahrtzeit zwischen der Wohnung bis zum ersten Kunden oder vom letzten Kunden zur Wohnung als Arbeitszeit betrachtet wird.

Im Dezember 2018 weigerte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, diese Doktrin auf die Angestellten eines Unternehmens anzuwenden, das älteren Menschen zu Hause Tagesbetreuung leisteten, da er der Ansicht war, dass die Kläger in diesem Fall einen Arbeitsplatz hatten, auch wenn sie ihre Dienstleistungen nicht dort erbrachten.

Trotz des Fehlens einer Norm, die diese Fälle klärt, scheint die Justiz dazu zu tendieren, Fahrten als Arbeitszeit anzuerkennen, wenn es keinen festen Unternehmenssitz gibt. Gibt es einen solchen, und selbst wenn er nicht frequentiert wird, kann der Arbeitnehmer die Fahrtzeit nicht als Arbeitszeit anrechnen.

 

Fazit Arbeitszeiten Spanien: Bzgl. der Arbeitszeiten ist festzustellen, dass insoweit viele Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Ländern bestehen, besonders aber die maximale Wochenstundenanzahl, die Pausenzeiten, Überstunden und die gesetzlichen Urlaubszeiten sich unterscheiden.
Dbzgl. Streitigkeiten zwischen Unternehmen und Arbeitnehmer werden in Spanien von der Sozialgerichtsbarkeit nach dem in Artikel 139 des Gesetzes 36/2011 vom 10. Oktober zur Regelung der Sozialgerichtsbarkeit festgelegten Verfahren beigelegt.

©2020 Verfasser Arbeitszeiten Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht