Berufsbezeichnung Abogado (Rechtsanwalt Spanien)
Die Bearbeitung “Abogado – Rechtsanwalt Spanien” nimmt zur Frage der Voraussetzungen der Berufsausübung in Spanien, den wesentlichen Unterschieden im Berufsrecht und zum Vorliegen einer Spezialisierung zum Fachanwalt in Spanien Stellung.
Als “Abogado” ist in Spanien der Berufsträger qualifiziert, der ein Studium der Rechtswissenschaften mit einem entsprechenden akademischen Grad (licenciatura en derecho, licenciatura en leyes o licenciatura en ciencias jurídicas) erfolgreich abgeschlossen hat und beruflich die rechtliche Vertretung einer Partei außergerichtlich, im Klageverfahren oder sonstigem Prozess in Spanien übernimmt bzw. Privatpersonen wie auch juristische Personen in rechtlichen Angelegenheiten berät. Dies kann im Zivilrecht, Arbeitsrecht, Immobilienrecht, Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Familienrecht, Verwaltungsrecht, bei Gesellschaftsgründung und vielen anderen Bereichen der Fall sein.
Voraussetzung der Berufsausübung des Abogado (Rechtsanwalt Spanien) ist neben dem erfolgreichen Universitätsabschluss die Einschreibung in einer Rechtsanwaltskammer (Colegio de Abogados).
Der Abogado (Rechtsanwalt Spanien) unterliegt einerseits zwar keinerlei Einschränkung in örtlicher, sächlicher und instanzieller Hinsicht, allerdings kann er grds. auch an keinem Gericht, auch nicht an dem Ort seiner zuständigen Kammer, unmittelbar mit dem Gericht korrespondieren. Die Korrespondenz mit dem Gericht obliegt einem Procurador (Prozessbevollmächtigter Spanien)
Anwaltszwang besteht in den meisten Zivilverfahren ab einem Streitwert von 900 Euro.
Ein Staatsexamen am Ende der Universitätsausbildung und die darauf folgende Referendarzeit mit abschließendem, weiteren, zweiten Staatsexamen ist dem spanischen Rechtsanwalt nicht bekannt. Da die Universitäten lediglich eine allgemeine Ausbildung des Juristen ermöglichen, gibt es seit wenigen Jahren eine zusätzliche, praktische Ausbildung, die neben den Universitäten auch seitens der Rechtsanwaltskammern in Spanien durchgeführt wird.
Ordnungsrahmen für den Zugang zum Beruf
- DAS RECHT DES ZUGANGS: Gesetz 34/2006 vom 30. Oktober über den Zugang zum Beruf des Rechtsanwalts- und des Prozessbevollmächtigten – in Kraft getreten am 31. Oktober 2011.
- VERORDNUNG DES ZUGANGSGESETZES: Königliches Dekret 775/2011 vom 3. Juni zur Genehmigung der Verordnung.
- Gesetz 5/2012 vom 6. Juli über Mediation in Zivil- und Handelssachen in seiner Vierten Schlussbestimmung zur Änderung des Gesetzes 34/2006.
Fachanwalt Spanien
Die Bezeichnung Fachanwalt existiert mangels entsprechender Ausbildung in Spanien nicht. Dieser Titel, der in Deutschland nach Ablegen entsprechender Examina und Nachweis einer Mindestzahl von Fällen im Spezialgebiet der Fachanwaltschaft verliehen werden kann und dem Nachweis dient, auf einem bestimmten Rechtsgebiet über besondere Kenntnisse und Erfahrungen zu verfügen, ist daher in Spanien auch nicht bekannt. Die Bezeichnung Fachanwalt wird allerdings von manchen deutschsprachigen, spanischen Rechtsanwälten in Unkenntnis der Rechtslage unzulässiger Weise angegeben, um damit eine möglicherweise vorliegende Spezialisierung in einem Fachgebiet des Rechts nach außen zu kommunizieren.
Fachanwälte sind Rechtsanwälte, die auf einem bestimmten Fachgebiet nicht nur besondere theoretische Kenntnisse, sondern auch praktische Erfahrungen nachweisen müssen. Der Titel „Fachanwalt“ wird von den deutschen Rechtsanwaltskammern aufgrund der Fachanwaltsordnung verliehen. Zuvor wird intensiv nach der Fachanwaltsordnung geprüft, ob die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu muss der Rechtsanwalt nachweisen, dass er auf dem entsprechenden Fachgebiet über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die erheblich darüber hinausgehen, was üblicherweise durch die Ausbildung und die praktischen Erfahrung im Beruf vermittelt wird. Bevor die Verleihung eines Fachanwaltstitels allerdings beantragt werden kann, muss der Rechtsanwalt theoretische Fachkurse absolvieren und mehrere Klausuren bestehen. Außerdem muss eine bestimmte Zahl von bearbeiteten Fällen in einem bestimmten Zeitraum im jeweiligen Fachgebiet nachgewiesen werden. Jährlich muss der Fachanwalt mit Bescheinigung nachweisen, dass er Fortbildungskurse im Fachgebiet besucht hat. Der theoretische Fachkurs zur Erlangung des Titels im Steuerrecht umfasst bspw. eine Stundenanzahl von 160 Stunden. Den Antrag auf Zulassung zum Fachanwalt kann nur stellen, wer in den letzten 3 Jahren zuvor eine Mindestanzahl von, bspw. im Handels- und Gesellschaftsrecht 80, Fällen in seinem Spezialgebiet bearbeitet hat.
Unterschiede Berufsrecht Abogado Spanien – Rechtsanwalt Deutschland
Zwischen Anwälten und Mandanten besteht ein sehr enges Vertrauensverhältnis, das ein wesentliches Element der Mandatsbeziehung darstellt. Die Kommunikation zwischen Mandanten und Rechtsanwalt unterliegt grds. dem Berufsgeheimnis (auf der Grundlage des Rechts auf Privatsphäre und des Rechts auf Verteidigung). Die Geheimhaltungspflicht gilt jedoch nicht absolut, sondern kann in bestimmten begründeten Situationen eingeschränkt oder ausgenommen und somit verletzt werden, so zB. im Verhältnis zu Finanzämtern oder Gerichten.
Gemäß deutschem Berufsrecht ist der Rechtsanwalt grundsätzlich verpflichtet, den Mandanten über für den Fortgang der Sache wesentlichen Vorgänge und Maßnahmen zu unterrichten und von den wesentlichen erhaltenen oder versandten Schriftstücken Kenntnis zu geben. Dies betrifft auch die Korrespondenz mit dem Rechtsanwalt der Gegenseite.
Im spanischen Berufsrecht verhält sich dies gänzlich umgekehrt. Die Korrespondenz ist grundsätzlich vertraulich. Dem Anwalt ist es also untersagt, den Mandanten die versandten oder erhaltenen Schriftstücke der Gegenseite seinem Mandanten weiterzuleiten, sofern diese nicht ausdrücklich als für die Parteien öffentlich bezeichnet und kommuniziert werden (Art. 34 e) Estatuto General de la Abogacía sowie Art. 5.3. des Código Deontológico de la Profesión). Dies betrifft natürlich nicht die Schriftsätze an das oder mit dem Gericht. Und auch aus schwerwiegenden Gründen kann die Anwaltskammer nach eigenem Ermessen die Offenlegung oder Vorlage vor Gericht ohne diese vorherige Zustimmung genehmigen.
Regelmäßig wird der Anwalt aber den Mandanten über den Stand und den Gang der Verhandlungen informieren.
Dieses erhebliche Auseinanderklaffen der Berufsregeln für Rechtsanwälte in Deutschland und in Spanien kann natürlich in deutsch-spanischen Rechtsfällen unter Beteiligung eines Rechtsanwaltes in Deutschland und eines Abogado in Spanien problematisch sein und wird auch nicht durch die Standesregeln der Vereinigung der europäischen Rechtsanwaltskammern (CCBE) mit Sitz in Brüssel gelöst und Bedarf daher der Erläuterung unter den Beteiligten.
©2015 Verfasser Abogado – Rechtsanwalt Spanien: F. Müller, Rechtsanwalt, Abogado, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Zum Prozessrecht Spanien, mit den Themenbereichen Klage Spanien, Zivilprozess Spanien, spanisches Mahnverfahren und spanische Verfahrensarten s. „Prozessrecht Spanien“ mit Darstellung der Tätigkeit des Rechtsanwalt Spanien und des Procurador, des Prozessagenten, im Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Zivilprozess).