EOR Spanien

EOR SpanienDer Beitrag EOR Spanien behandelt die Argumente zur Einschaltung eines Employer of Record im Rahmen der Anstellung von Personal durch ein ausländisches Unternehmen am Beispiel Spanien.

Die einschlägigen Suchmaschinen werfen als Ergebnis der Suche nach einem „Employer of Record“, abgekürzt EOR, Anbieter aus, welche ihre Dienstleistungen als eine Möglichkeit darstellen, schnell und unkompliziert Arbeitskräfte in anderen Ländern einzustellen, ohne dabei u.a. Mitarbeiterverantwortung aufbringen oder die mit der Gründung einer Niederlassung vor Ort verbundenen hohen Kosten und Risiken auf sich nehmen zu müssen bzw. entstehen zu lassen.

Homepages solcher Dienstleister führen dazu aus, dass ein Employer-of-Record-Anbieter die oftmals teure und aufwändige Aufgabe übernehme, eigene Niederlassungen im Ausland zu gründen, wodurch sichergestellt sei, dass durch diese lokale Infrastruktur alle Anforderungen in Bezug auf Bankgeschäfte, Versicherungen, Steuern, Sozialversicherung, HR, Betriebsstätte und Verträge erfüllt und für die Beschäftigung und Bezahlung von Arbeitskräften im Ausland vorhanden seien. Da ein EOR-Dienstleister in den Ländern, in denen er eine solche Niederlassung unterhalte, jedwede Mitarbeiter einstellen könne, biete er Unternehmen, die in neue Märkte expandieren möchten die Möglichkeit, Arbeitskräfte im Ausland rechtskonform einzustellen, ohne dort eine eigene Niederlassung zu haben. Somit könne der Kunde sich darauf verlassen, dass der Dienstleister Arbeitskräfte für ihn einstelle und die rechtliche Verantwortung für die Einhaltung aller gehalts- und arbeitsrechtlichen Vorschriften des Landes übernehme. Daneben überweise er Gehälter, Steuern und sonstige geschuldete Arbeitgeberleistungen.
Der Kunde andererseits profitiere von den Leistungen der lokalen Arbeitskräfte, ohne dass ihm dafür Risiken erwachsen würden.

Sämtliche derartige Aussagen suggerieren dem möglichen Kunden zum einen das Vorhandensein von Risiken und deren Übernahme durch den Dienstleister, zum anderen das Erfordernis einer lokalen Niederlassung als Voraussetzung der Einstellung eines Mitarbeiters im Ausland.

Beide Aussagen entsprechen jedoch keinesfalls den Tatsachen.

Denn zum einen ist es zumindest in Europa in der Regel problemlos möglich, Mitarbeiter im Ausland auch ohne Betriebsstätte, Niederlassung oder sonstige Präsenz vor Ort einzustellen, so z.B. in Spanien lebende oder nach dort entsandte Mitarbeiter unmittelbar bei einem deutschen Unternehmen anzustellen.

Selbstverständlich bestehen wie bei jeder Einstellung im Heimatland auch bei einer Einstellung von Mitarbeitern im Ausland Risiken. Keinesfalls ist es aber möglich, diese vollumfänglich auf den Dienstleister abzuwälzen. Natürlich kann der Dienstleister Arbeitnehmer die für ein deutsches Unternehmen aus Spanien heraus tätig sind, als Employer of Record in Spanien einstellen und damit verbundene Sozialversicherungsbeiträge sowie Lohnsteuern einbehalten und abführen.
Im Falle eines Konflikts mit dem Mitarbeiter wird dieser aber nicht nur seinen unmittelbaren, formalen Arbeitgeber, sondern gleichzeitig auch den mittelbaren, wahren Arbeitgeber in Anspruch nehmen und vor spanischen Gerichten verklagen.

Damit verbleibt kein wirkliches Argument für eine Beauftragung eines Dienstleisters anstelle der unmittelbaren Anstellung eines spanischen Mitarbeiters bei einem deutschen Unternehmen.

Regelmäßig werden in der Werbung von EOR-Anbietern als Beispiele typische Situationen aufgeführt, in denen sich Unternehmen an einen EOR wenden, damit dieser sie im Ausland unterstützt:

zur Erkundung neuer Märkte

Ein EOR ermögliche einen internationalen Markt zu testen, indem Arbeitskräfte im Zielland für den Arbeitgeber ohne die Gründung einer Niederlassung eingestellt werden könnten,

Wie oben ausgeführt, kann in Spanien auch ohne EOR problemlos ein Mitarbeiter direkt im deutschen Unternehmen ohne kostspieligen Umweg eingestellt und der Markt getestet werden.

– zur Vermeidung von Gesetzesverstößen durch die Beschäftigung freier Mitarbeiter/innen. 

Natürlich laufen ausländische Unternehmen in gleicher Weise wie in ihrem Heimatland Gefahr, gegen lokales Arbeits-, Sozialversicherungsrecht und Steuerrecht sowie Compliance-Vorgaben des Unternehmens zu verstoßen, wenn sie bspw.  Scheinselbständige im Ausland beschäftigen.

Dies kann dadurch verhindert werden, dass das Unternehmen Mitarbeiter/innen korrekt mit Arbeitsvertrag anstellt oder legal die spanische Figur des „wirtschaftlich abhängig Selbständigen“ (TRADE) nutzt.
Ein EOR ist nicht erforderlich.

– der EOR-Dienstleister verfügt über lokales Personal in Spanien, das für den Kunden die gesamte HR-Administration und Payroll übernimmt.

Diese Leistung erbringen auch eine Anzahl von Anwälten und Steuerberatern in Spanien zu entsprechenden Konditionen, ohne dass aufwändige und kostspielige EOR-Konstruktionen erforderlich wären, welche im Konfliktfall keineswegs die unmittelbare Inanspruchnahme des Unternehmens durch den über den EOR-Dienstleister verhindern können.

– aus Eilgründen   
In Fällen, in denen schnell ein Mitarbeiter eingestellt werden soll, so wird geworben, stünden mit einem EOR innerhalb weniger Wochen Arbeitskräfte in dem neuen Land zur Verfügung.

Tatsächlich ist auch eine unmittelbare Einstellung eines Mitarbeiters in Spanien durch ein deutsches Unternehmen, im Falle, dass alle Beteiligten entsprechend mitwirken, in ca. 3 – 4 Wochen möglich, so dass auch dieses Argument nicht trägt. In diesem Zeitraum der benötigt wird die formalen Voraussetzungen in Spanien zu schaffen um das deutsche Unternehmen – ohne jegliche Präsenz in Spanien – dort anzumelden, kann der/ die Kandidat/in mittels eines „Letter of intent“ (LOI) gebunden und der Arbeitsvertrag bereits geschlossen werden.

Und schließlich wird als weiteres Argument von solchen Dienstleistern die Möglichkeit der Vermeidung einer Betriebsstätte in Spanien angeführt.

In nur seltenen Fällen besteht in diesem Zusammenhang grds. die Gefahr einer Betriebsstätte durch das Vorhalten von Personal in Spanien. Auch wenn sogenannte Homeoffice-Betriebsstätten unter ganz besonderen Voraussetzungen tatsächlich mittels Personal im Ausland möglich sein können, so sind generell über das Personal hinaus weitere Voraussetzungen zur Begründung einer Betriebstätte erforderlich.

Fazit EOR Spanien:

Das Argument, die Nutzung eines Employer of Record sei eine bessere, schnellere und günstigere Alternative als die Gründung einer ausländischen Tochtergesellschaft mag auf den ersten Blick verfangen, entspricht aber nicht den Tatsachen. Denn die Gründung einer Tochtergesellschaft in Spanien zur Anstellung eines Mitarbeiters ist nicht erforderlich, womit auch die Einschaltung des EOR und die damit verbundenen, ganz erheblichen Kosten vermieden werden können.

Auch wenn der Wunsch nachvollziehbar ist, dass Unternehmen u.a. aus Compliance-Gründen Standardlösungen für internationale Beschäftigungen suchen, die auf möglichst viele Länder gleich angewandt werden können, so ist die Realität eine andere. Jede Beschäftigung im Ausland hat eigene und ggf. andere Voraussetzungen. Eine allgemeinverbindliche Lösung die für eine Vielzahl von Ländern und Unternehmen gleichermaßen Anwendung finden könnte existiert nicht. Denn jedes Land hat seine Besonderheiten. Dies gilt selbst in der EU, in der, sofern eine Richtlinie den einzelnen  Mitgliedstaaten keine zwingenden Vorgaben, sondern Spielräume für die Umsetzung gewährt, diese nur so ausfüllen müssen, dass die Ziele der Richtlinie vollständig erreicht werden.
International tätige Unternehmen müssen sich mithin bei der Planung und Umsetzung von Beschäftigungen von Mitarbeitern im Ausland mit jeweils unterschiedlichen Compliance-Anforderungen auseinandersetzen. Die Beauftragung eines Employer of Record kann dies keineswegs überflüssig machen.
Der Auftraggeber hat zu bedenken, dass er die Durchsetzung von unmittelbaren Ansprüchen der Beschäftigten gegen das Unternehmen für das diese tatsächlich tätig sind, parallel zu einem Vorgehen gegen den formalen Arbeitgeber, nicht verhindern kann.
Der Employer of Record wiederum hat zu beachten, dass diese Art der Abwicklung in Spanien als illegale Überlassung von Arbeitnehmern angesehen werden kann, wenn sie nicht über ein ordnungsgemäß zugelassenes Zeitarbeitsunternehmen (ETT) erfolgt.

Eine unmittelbare Einstellung im Unternehmen anstelle bloß formaliter über einen EOR-Dienstleister, sei es mittels eines herkömmlichen Arbeitsvertrages oder eines Telearbeitsvertrages aufgrund einer Tätigkeit aus dem Homeoffice in Spanien, ist aus Sicht des Bearbeiters in der absoluten Mehrzahl der Fälle der einzig sinnvolle Weg.

Und dieser Weg hat zumindest in den sehr häufigen Fällen, in denen Mitarbeiter unter Beibehaltung des Arbeitgebers in Deutschland ihre Arbeit aus Spanien heraus erbringen möchten, einen entscheidenden Anreiz, nämlich die Möglichkeit der Beibehaltung der deutschen Sozialversicherung für mehrere Jahre. Darüber hinaus können sich im Einzelfall ganz erhebliche steuerliche Vorteile in Spanien  für entsendetes Personal ergeben.
Arbeitgeber die das Homeoffice aus dem Ausland, remote working oder auch ein “workation” möglich machen stärken die Bindung an das Unternehmen.
Und nach einmaliger Erledigung der formalen Voraussetzungen ist das weitere Recruiting im Ausland einfach.

Auslandsbeschäftigung ist kein durch Corona verursachter, vorübergehender Trend, sondern eine Realität, der sich Unternehmen bei anhaltendem Fachkräftemangel und demografischen Gegebenheiten stellen müssen. Spanien ist dabei einerseits ein Land in dem deutsche Arbeitskräfte gerne und sei es auch nur für einen beschränkten Zeitraum leben möchten, andererseits verfügt es über einen für deutsche Unternehmen interessanten Arbeitsmarkt mit gut ausgebildetem Personal, bei gleichzeitig niedrigerer Lohnstruktur.

©2023 EOR Spanien 2023: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Unsere Kanzlei berät seit über 30 Jahren im spanischen Arbeits-, Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht. Wir haben hunderte von Mitarbeitern für deutsche Unternehmen in Spanien eingestellt und erledigen dort über unsere Lohnbuchhaltung die laufende Abwicklung von Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Parallel beraten wir laufend in Kündigungsfragen und führen Arbeitsgerichtsverfahren, womit eine Betreuung des Mandanten aus einer Hand gewährleistet ist.