Telearbeitsgesetz Spanien

Mit königlichem Gesetzesdekret 28/2020 vom 22.09. (Real Decreto-Ley 28/2020, de 22 de septiembre, de trabajo a distancia, im Weiteren auch “RD 28/2020” oder “Fernarbeits”- bzw. “Telearbeitsgesetz Spanien”, werden erstmals in Spanien auf umfassende Weise Arbeitsformen gesetzlich reguliert, bei welchen Arbeitnehmer ihre Tätigkeit ganz oder teilweise außerhalb der Einrichtungen des Arbeitgebers verrichten. Diese Tätigkeit auf Distanz kann u.a. im Wege mobiler Arbeit oder vom home-Office über digitale Kanäle verrichtet werden.

Das neue spanische Fernarbeitsgesetz ersetzt eine bisherige Regelung aus dem Jahr 2012 (Ley 3/2012, de 6 de julio, de medidas urgentes para la reforma del mercado laboral), aufgrund derer eine Neufassung des Art. 13 des spanischen Arbeitnehmergesetzes (Estatuto de los Trabajadores) erfolgte und die Arbeit auf Distanz als „überwiegend am Wohnsitz des Arbeitnehmers zu erbringende Tätigkeit“ beschrieb. Bereits in dieser Norm war eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien und eine Gleichbehandlung mit den präsenziell im Betrieb des Arbeitgebers anwesenden Arbeitnehmern vorgesehen. Die neue Regelung im Telearbeitsgesetz Spanien ersetzt den unbestimmten Rechtsbegriff der „überwiegenden Tätigkeit“ außerhalb des Betriebs und unterscheidet zwischen Arbeit auf Distanz sowie Telearbeit, da nicht jede Arbeit auf Distanz Telearbeit und diese nicht zwingend Arbeit auf Distanz beinhaltet.
Das Telearbeitsgesetz Spanien 28/2020 vom 22.09. ist am 13.10.2020 in Kraft getreten.

Telearbeit Europa

Der Ursprung der europäischen Rahmenvereinbarung zur Telearbeit aus dem Jahr 2002 liegt im Strategiepapier des Europäischen Rates von Lissabon, welches entsprechend den auf einer Sondertagung des Europäischen Rats in Lissabon im März 2000, für ein Europa der Innovation und des Wissens, dort aufgestellten Zielen den Übergang zu einer wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft fördern sollte. Bereits im Juli 1997 hatte die Europäische Kommission eine Reihe von politischen Empfehlungen zur sozialen und arbeitsmarktspezifischen Dimension der Informationsgesellschaft angenommen, welche Verpflichtungen zur Förderung der Telearbeit in Europa und zur Untersuchung der Telearbeit innerhalb der Kommission beinhalteten. Im Jahre 1998 wurde dann von der Generaldirektion für Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit und der Generaldirektion Informationsgesellschaft ein Pilotprojekt in der Kommission lanciert, das verschiedene Formen von Teilzeit-Telearbeit umfasste.

In der Folge wurde schließlich seitens des Europäischen Gewerkschaftsbund, der Union der Industrie- und Arbeitgeberverbände Europas / Europäische Union des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe und des Europäischen Zentralverbands der öffentlichen Wirtschaft eine Rahmenvereinbarung über Telearbeit unterzeichnet, die mehr Sicherheit für die Telearbeitnehmer in der EU bieten sollte und war damit die erste europäische Vereinbarung, die von den vorgenannten Sozialpartnern selbst umgesetzt wurde.
Auf europäischer Ebene sollte ein allgemeiner Rahmen für die Arbeitsbedingungen der Telearbeitnehmer abgesteckt und der Bedarf an Flexibilität und Sicherheit, der Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam ist, in Einklang gebracht werden. Für die betroffenen Arbeitnehmer soll derselbe globale Schutz wie für die in den Räumlichkeiten des Unternehmens tätigen Arbeitnehmer gelten.

In der Vereinbarung wird Telearbeit definiert als eine Form der Organisation und/oder Ausführung von Arbeit unter Verwendung von Informationstechnologie und im Rahmen eines Arbeitsvertrages/eines Beschäftigungsverhältnisses, bei der die Arbeit, die auch in den Einrichtungen des Arbeitgebers ausgeführt werden könnte, regelmäßig außerhalb dieser Einrichtungen verrichtet wird. Da Telearbeit ein breites Spektrum von Gegebenheiten umfasst, wählten die Sozialpartner eine Definition, durch die verschiedene Formen regelmäßiger Telearbeit abgedeckt werden können.

Es werden dort mehrere Schlüsselbereiche herausgestellt, in denen die spezifischen Besonderheiten der Telearbeit berücksichtigt werden müssen, nämlich:

  • Freiwilligkeit der Telearbeit
  • Gleichheit der Beschäftigungsbedingungen
  • Datenschutz
  • Privatsphäre des Telearbeitnehmers
  • Bereitstellung der Arbeitsmittel
  • Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz
  • Arbeitsorganisation
  • Aus- und Weiterbildung
  • Kollektive Rechte

Bei Abschluss der Rahmenvereinbarung zur Telearbeit im Juli 2002 sah Ziffer 12 der Sozialpartnervereinbarung über die Telearbeit vor, dass diese Rahmenvereinbarung im Hinblick auf Art. 139 des EG-Vertrages von den Mitgliedern von UNICE/UEAPME (Dachverband des Handwerks und kleiner und mittlerer Unternehmen, heute auch BUSINESSEUROPE), CEEP (Europäische Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft)und EGB (Europäischer Gewerkschaftsbund), entsprechend den für die Sozialpartner spezifischen Verfahren und Gepflogenheiten in den Mitgliedstaaten erstmals auch selbst umgesetzt wird, was innerhalb von drei Jahren nach dem Datum der Unterzeichnung der Vereinbarung stattzufinden hatte.

Weitere Schritte vor einer Umsetzung in nationale Regulierungen waren schließlich die Überarbeitung der Lissabon-Strategie, die Mitteilung der Kommission vom 1. Juni 2005 an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: „i2010 – Eine europäische Informationsgesellschaft für Wachstum und Beschäftigung”  sowie u.a. die Mitteilung der Kommission vom 17. April 2008 an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen,  „Vorbereitung der digitalen Zukunft Europas i2010 – Halbzeitüberprüfung“.

Telearbeit Deutschland

In Deutschland wurde der Begriff der Telearbeit erstmals mit der Novellierung der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) im November 2016 legaldefiniert und damit auch von einer generellen Zulässigkeit dieser Arbeitsform ausgegangen.
Ein spezifisches Telearbeitsgesetz ist noch nicht in Kraft.
§2 Abs. 7 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) definiert so genannte Telearbeitsplätze als „vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. Ein Telearbeitsplatz ist vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist. (§ 2 Abs. 7ArbStättV, BMJV, 2016). Er trägt dabei Sorge dafür, dass der Arbeitsbereich professionell und ergonomisch ausgestattet ist. Zudem führt er nach § 3 Abs. 1 S. 4 ArbStättV eine einmalige Gefährdungsbeurteilung am Telearbeitsplatz durch.
Gemäß § 6 ArbStättV ist eine Unterweisung durch den Arbeitgeber erforderlich, in deren Rahmen Informationen über das bestimmungsgemäße Betreiben der häuslichen Arbeitsstätte mitgeteilt sowie alle gesundheits- und sicherheitsrelevanten Fragen im Zusammenhang mit der Tätigkeit geklärt werden (Aumann, 2019; DGUV, 2019). Neben dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) gilt für Telearbeitende genauso wie Beschäftigte an Büroarbeitsplätzen gleichermaßen das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das beispielsweise nach § 4 ArbZG feststehende Ruhepausen (Unterbrechungen der werktäglichen Arbeitszeit) fordert (Nitsche, 2017). Telearbeitende genießen außerdem laut § 2 Abs. SGB VII den vollen Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Allerdings beschränkt sich der Schutz auf das Arbeitszimmer beziehungsweise auf im Zusammenhang mit der Arbeit stehende Handlungen (BGHW, 2020; VBG, 2018).

“Tele”- Arbeit bezeichnet damit Arbeitsformen, bei denen Beschäftigte jedenfalls einen Teil ihrer Arbeit mithilfe eines vom Arbeitgeber fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatzes außerhalb des Betriebes erbringen. Sie sind mit der Betriebsstätte des Arbeitgebers über Informations-und Kommunikationseinrichtungen verbunden.

Hierbei sind verschiedene Organisationsformen denkbar. So zB. die Teleheimarbeit oder alternierende Telearbeit. Bei der Teleheimarbeit befindet sich der Arbeitsplatz permanent im Privatbereich des Beschäftigten. Im Rahmen der alternierenden Telearbeit erfolgt ein Wechsel zwischen einem fest installierten Arbeitsplatz in der Betriebstätte des Arbeitgebers und dem eingerichteten Arbeitsplatz in der privaten Wohnung des Mitarbeiters.

Die Begriffe „Teleheimarbeit“ oder „home-Office“ unterscheiden sich wesentlich von der „Heimarbeit“ gemäß Heimarbeitsgesetz (HAG). Heimarbeiter sind „Personen, die in der Regel allein oder mit ihren Familienangehörigen in eigener Wohnung oder selbstgewählter Betriebsstätte eine sich in regelmäßigen Arbeitsvorgängen wiederholende Arbeit im Auftrag eines anderen gegen Entgelt ausüben […]“ (BMJV, 2020). Heimarbeitende (früher z.B. Abfüllen von Packungen, Zusammenfügen von Teilen, heute z.B. Produkttester) unterliegen zudem keinem Direktionsrecht beziehungsweise sind keinen Weisungen unterworfen und dementsprechend nicht abhängig beschäftigt (Aumann, 2019).

Telearbeitsgesetz Spanien

Das neue spanische Gesetz gewährt den Telearbeitnehmern spezifische Rechte und fordert den Konsens zwischen den Arbeitsvertragsparteien über die Telearbeit oder Teleheimarbeit ein. Es erlaubt die Beendigung der Modalität dieser Arbeitsform seitens den Vertragsparteien, ohne dass dies einen Kündigungsgrund darstellt. Das Gesetz verweist auch auf künftige Erweiterungen der Tarifverträge im Zusammenhang mit dieser Modalität.

1. Anwendungsbereich Telearbeitsgesetz Spanien

Das Gesetz bezweckt die Regulierung eines konkreten Bereichs des privaten Arbeitsrechts, den der Rechtsbeziehungen im Bereich der abhängigen Beschäftigung, die „mit regulärem Charakter auf Distanz erbracht wird“. Als solche wird gemäß Art. 1 RD 28/2020 die Tätigkeit angesehen, im Rahmen derer in einem Zeitraum von 3 Monaten mit mindestens 30 % des Arbeitstages auf Distanz gearbeitet wird. Bei Unterschreiten dieser Zahlen findet das Gesetz keine Anwendung.

Wenn auch grds. diese Form der Arbeitserbringung für jedwede Vertragsbeziehung in Betracht kommt, so fordert das Telearbeitsgesetz Spanien für Arbeitsrechtsbeziehungen mit Minderjährigen oder Praktikanten, wie auch im Rahmen der Berufsausbildung eine Präsenzpflicht von mindestens 50 % ein.

Auch wenn das Gesetz inmitten der aktuellen Coronakrise am 13. Oktober 2020 in Kraft tritt, so reguliert es nicht die Fernarbeit die aufgrund der Coronamaßnahmen in den Unternehmen implantiert wurden, für welche die zeitlich früheren, speziellen Regelungen Anwendung finden.

2. Definitionen Telearbeitsgesetz Spanien

Das neue Telearbeitsgesetz unterscheidet zwischen Fernarbeit, Telearbeit und Arbeit im Betrieb. Die Arbeit auf Distanz versteht sich als abhängige Tätigkeit, die außerhalb den gewöhnlichen Räumlichkeiten des Arbeitgebers, im Rahmen der Telearbeit als Unterform, mittels neuer Technologien erbracht wird:

  • Fernarbeit (trabajo a distancia) wird als die Tätigkeit definiert, welche regulär vom Wohnsitz des Arbeitnehmers oder einer anderen vom Arbeitnehmer gewählten Adresse aus vollständig oder während eines Teils der Arbeitszeit erbracht wird. Wie oben ausgeführt, muss die Arbeitszeit zu mindestens 30 % von dort aus erbracht werden.
  • Als Telearbeit (teletrabajo) wird die Tätigkeit angesehen, die mit Mitteln der Informatik, telematisch oder der Telekommunikation erbracht wird.
  • Arbeit im Betrieb ist die Tätigkeit die in einem Arbeitszentrum des Arbeitgebers (centro de trabajo) oder einem vom Arbeitgeber bestimmten Arbeitsort erbracht wird.

3. Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien

Eines der relevanten Elemente die mit dem RD 28/2020 (Telearbeitsgesetz Spanien) eingeführt werden ist das Erfordernis der Vereinbarung (Art. 6 RD 28/2020), mithin dem Konsens zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Arbeitsform als solcher, wie auch über deren Ausgestaltung. Das königliche Dekret legt bestimmte formelle als auch materielle Voraussetzungen fest.

Art. 5.1 RD 28/2020 bestimmt, dass die Arbeit auf Distanz freiwilligen Charakters für beide Vertragsparteien ist. Daraus folgt, dass eine Ablehnung dieser Arbeitsform seitens des Arbeitnehmers oder die Forderung der Wiedereingliederung in den präsenziellen Betrieb keinen Kündigungsgrund darstellen können und zwar weder eines solchen aus objektiven (extinción del contrato por causas objetivas, Art. 52 ET) noch kollektiven Gründen (Art. 51 ET) und auch keine substanzielle Änderung der vertraglichen Arbeitsbedingungen darstellt (Art. 41 ET)).

In formeller Hinsicht hat die Vereinbarung der Schriftform zu genügen und ist zeitlich vor Beginn der Arbeit auf Distanz abzuschließen (Art. 6.1 RD 28/2020). Inhaltlich bestimmt Art. 7 RD 28/2020 die unverzichtbaren Bedingungen der Vereinbarung, deren wichtigste Bestandteile sind: Arbeitszeit, Prozentsatz Fernarbeit und präsenzielle Arbeit im Betrieb, Arbeitsort, Mittel der Kontrolle des Arbeitgebers und die Dauer der Vereinbarung auf Distanz zu arbeiten. Die Abänderung der Vereinbarung bedarf einer neuen beiderseitigen Einigung (Art. 8.1 RD 28/2020).

Anzumerken insoweit ist, dass die Regelungsinhalte des RD 28/2020 die Mindestvoraussetzungen beinhalten und die Tarifverträge sicherlich weitere Voraussetzungen und Formalien bestimmen werden.

4. Schutzmaßnahmen Telearbeitsgesetz Spanien

Das neue spanische Telearbeitsgesetz sucht die Form in welcher die Arbeiten erbracht werden festzulegen. Es bestimmt dabei verschiedene Maßnahmen zum Schutz des Fernarbeiters.

  • Gleichbehandlung und Ausschluss von Diskriminierung (Art. 4).

Die Norm garantiert die Gleichbehandlung unter Mitarbeitern auf Distanz und solchen die unmittelbar im Betrieb  ihre Tätigkeit erbringen. So ist auf gleiche Weise zu vergüten (Art. 4.1), noch dürfen sonstige Nachteile oder Änderungen der Vereinbarungen entstehen.

  • Freiwilligkeit der Arbeit auf Distanz (Art. 5.1).

Dieser Artikel reguliert das Erfordernis der Einigung zwischen den Vertragsparteien, ohne dass der jeweils anderen Partei diese Arbeitsform aufgezwungen werden kann. Aus diesem Grund bedarf es wie ausgeführt ausdrücklich der Schriftform der Einigung.

  • Reversibilität der Arbeit auf Distanz (Art. 5.3).

Eine Vereinbarung über Fernarbeit kann von jeder der Vertragsparteien aufgehoben werden. Dabei sieht die Norm vor, dass durch ausdrückliche Individualvereinbarung oder auch durch Kollektivvereinbarung diese Möglichkeit Einschränkungen erfahren kann.

  • Kündigungsschutz (Art. 5.2).

Weder die Weigerung zur Arbeit auf Distanz, noch die Ausübung der Rechte gemäß Art. 5.3. noch Schwierigkeiten bei der adäquaten Arbeitsausübung im Modus der Fernarbeit stellen Kündigungsgründe oder Gründe für eine substanzielle Änderung der Vertragskonditionen dar.

  • Vorrang des Telearbeiters zur Besetzung präsenzieller Stellen (Art. 8.2).

Arbeitnehmer auf Distanz sind von frei werdenden bzw. zu besetzenden präsenziellen Stellen zu informieren und haben Vorrang auf die Besetzung dieser Arbeitsplätze.

  • Kollektivvereinbarungen (Art. 7.1, 5.1 und DA 1ª)

Das königliche Dekret sieht vor durch Kollektivvereinbarung Arbeitnehmerrechte und –garantien zum Schutz der Fernarbeiter zu erweitern.

5. Rechte der Telearbeitnehmer im Telearbeitsgesetz Spanien

Kapitel III des Telearbeitsgesetzes erkennt in den Artikeln 9 bis 19 verschiedene Rechte der Arbeitnehmer auf Distanz an, die wenn sie auch keine unmittelbaren Auswirkungen zu entfalten scheinen, sicherlich nach Ergehen einschlägiger Jurisprudenz Relevanz erfahren können:

  1. Recht auf Weiterbildung (Art. 9).
  2. Recht auf Beförderung (Art. 10). Den Telearbeitnehmern stehen die gleichen Rechte wie den im Betrieb Tätigen Arbeitnehmern zu, so dass die Arbeitgeber die Pflicht trifft Telearbeiter über im Raum stehende Beförderungen im Betrieb schriftlich und ausdrücklich zu informieren.
  3. Recht auf genügende Ausstattung mit Arbeitsmitteln und deren Wartung (Art. 11).
  4. Recht auf Vergütung von Ausgaben (Art. 12).
  5. Recht auf flexible Arbeitszeiten im Rahmen der Vereinbarung (Art. 13).
  6. Recht auf adäquate Arbeitszeiterfassung (Art. 14).
  7. Recht auf Arbeitsunfallvorsorge (Abschnitt 4ª).
  8. Recht auf Intimität und Datenschutz (Art. 17).
  9. Recht auf Abschaltung der digitalen Medien (Art. 18).

Schließlich legt Artikel 19 die Kollektivarbeitnehmerrechte fest, welche mit gleichem Inhalt und Umfang wie die der im Betrieb Tätigen wahrgenommen werden können.

6. Rechte der Telearbeitgeber im Telearbeitsgesetz Spanien

Die Bestimmungen der Artikel 20, 21 und 22 des Kapitels IV des Gesetzes regeln die Rechte der Arbeitgeber im Rahmen der Organisation, Leitung und Kontrolle der Telearbeitgeber über ihre Telearbeitnehmer.

Es werden Regelungen zum Schutz der dem Arbeitnehmer seitens des Arbeitgebers zugänglich gemachten Daten und der Information getroffen. So regelt Art 20. 2 RD 28/2020 bspw. die Möglichkeit durch den Arbeitnehmer zu beachtende Sicherheitsanweisungen festzulegen. Art. 22 RD 28/2020 erlaubt dem Arbeitgeber neue Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle der Tätigkeit des Arbeitnehmers, so zB. mit telematischen Instrumenten zu implementieren, wobei natürlich dessen Grundrechte zu berücksichtigen sind.

7. Telearbeitsgesetz Spanien und bestehende Arbeitsverhältnisse

Die Übergangsvorschrift (DT 1ª) sieht vor, dass die neue Regelung keine Anwendung auf bereits bestehende, durch Tarifverträge oder Kollektivvereinbarungen geregelte Arbeitsverhältnisse auf Distanz findet. Dies gilt bis zum zeitlichen Ablauf dieser Regelungen. Sofern Tarifverträge oder Kollektivvereinbarungen keine Ablauffrist vorsehen, findet die Bestimmungen des neuen Telearbeitgesetz auf bereits bestehende Arbeitsverhältnisse zum 23/09/2021 Anwendung.

Im Falle, dass bestehende Arbeitsverhältnisse weder Tarifverträgen oder Kollektivvereinbarungen unterliegen, sieht der 3. Absatz der Übergangsvorschrift zwei Maßnahmen vor. Im Falle, dass eine Vereinbarung welche das konkrete Arbeitsverhältnis auf Distanz regelt, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des RD 28/2020 nicht vorliegt oder nicht mit den aktuellen Bestimmungen übereinstimmt, ist eine solche binnen 3 Monaten zu formalisieren.

8. Steuerliche Auswirkungen Telearbeitsgesetz Spanien

Die neu geregelte Arbeitsform hat konkrete Auswirkungen insbesondere in zwei Bereichen des Steuerrechts. Zum einen ergibt sich die Frage der steuerlichen Behandlung der dem Fernarbeiter zur Nutzung außerhalb der Räumlichkeiten des Arbeitgebers überlassenen Arbeitsmittel, wie zum anderen, die Frage der steuerlichen Situation der grenzüberschreitenden Telearbeit für einen ausländischen Arbeitgeber oder für einen inländischen Arbeitgeber vom Ausland aus.

9. Arbeitsmittel gemäß Telearbeitsgesetz Spanien

Die Bestimmungen des neuen Gesetzes können zu konkreten Auswirkungen im Rahmen der  Einkommensteuer der Telearbeitnehmer wie auch der damit verbundenen Lohnsteuerabzüge seitens ihrer Arbeitgeber führen.

Art. 11 des RD 28/2020 bestimmt das Recht des Fernarbeitnehmers auf “Ausstattung und Service der zur Arbeitserbringung erforderlichen Arbeitsmittel, Ausstattung und Werkzeuge”.
Art. 12 erweitert dies und führt aus, dass “die Ausführung der Arbeit auf Distanz vom Arbeitgeber zu tragen oder zu kompensieren ist und keine Übernahme der mit der Ausstattung, Werkzeugen und mit der Arbeitserbringung verbundenen Mittel seitens des Arbeitnehmers beinhaltet“.
Aus diesen beiden Artikeln folgt mithin die Pflicht des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer jedwede Kosten im Zusammenhang mit den Arbeitsmitteln der Telearbeit zu erstatten.

In diesem Zusammenhang ist mangels jedweder speziellen Bestimmung in den spanischen Steuergesetzen zu Telearbeit oder home-office, die Regelung des Artikel 42 des spanischen Einkommensteuergesetzes (Ley del Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas (LIRPF)) zu beachten, das bestimmt, dass die Nutzung, der Verbrauch und der Erhalt von Gütern, Rechten oder Dienstleistungen ohne Gegenleistung oder zu unter den Marktpreisen liegenden Konditionen, Sachleistungen seitens des Leistenden darstellen, auch wenn es für diesen keinen realen Aufwand darstellt“. Art 42 befreit zwar bestimmte Objekte und Güter von dieser Bestimmung, nicht aber die in der neuen Normierungen des RD 28/2020 aufgeführten, da diese neuen Bestimmungen dem Gesetzgeber des Art. 42 nicht bekannt waren. Mithin ist nach dem Zweck der Norm zu fragen, welchem Zweck die seitens des Arbeitgebers übergebenen Arbeitsmittel dienen, denn im Falle, dass diese ausschließlich beruflichen und nicht privaten Zwecken dienen, vom Anwendungsbereich des Artikel 42 LIRPF ausgeschlossen werden können.
Es stellt sich allerdings die Frage, wie der Nachweis geführt werden kann, dass übergebene Arbeitsmittel, wie bspw. ein Computer, laptop, handy etc. ausschließlich zu beruflichen Zwecken genutzt werden und nicht von den Finanzbehörden vermutet werden kann, dass die Nutzung nur zum Teil beruflichen und zu einem mindestens ebenso wesentlichen Teil privater Natur ist. Mithin ist dies eine Frage des Nachweises und damit einer Problematik vergleichbar mit der steuerlichen Behandlung der Nutzung eines Firmenwagens, welche ihre Regelung in Artikel 43.1.1º b) des spanischen Einkommensteuergesetzes erfährt.

Eine mögliche Lösung dieser Problematik bestünde darin mithilfe einschlägiger Software, ähnlich dem Fall der Arbeitszeiterfassung, bspw. die Nutzung zu kontrollieren und zu beschränken und dies eindeutig in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Telearbeit festzulegen.

Denn im Falle, dass die Vertragsparteien jedwede dbzgl. wirtschaftliche Kompensation seitens des Arbeitgebers vereinbaren, würde diese, da wie oben ausgeführt keine Befreiung im LIRPF vorgesehen ist, seitens des Arbeitnehmers zu versteuern sein.

10. Anspruch auf Telearbeit

Der unmittelbare Anspruch auf Fernarbeit ist im neuen Telearbeitsgesetz Spanien nicht ausdrücklich geregelt. Bereits aber das königliche Dekret über Eilmaßnahmen zur Gewährleistung der Gleichheit der Behandlung und der Möglichkeiten von Frauen und Männern in Anstellung und Beschäftigung (Real Decreto-ley 6/2019, de 1 de marzo, de medidas urgentes para garantía de la igualdad de trato y de oportunidades entre mujeres y hombres en el empleo y la ocupación) sieht das Recht der Arbeitnehmer vor, eine Flexibilisierung der Arbeit zu beantragen, um Arbeits- und Familienleben aufeinander abzustimmen.
Bis dato erforderte dies das Einverständnis des Arbeitgebers oder, dass dieses Recht in Tarifvereinbarungen vorgesehen war, d.h. bis zum Inkrafttreten des Gesetzes 6/19 bestand zwar die grds. Möglichkeit, erforderte aber eine ausdrückliche, schriftliche Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien.

Mit der Modifizierung des Abs. 8 des Artikels 34 des spanischen Arbeitsgesetzes (Estatuto de Trabajadores, ETT) ist nun ein Anspruch der Arbeitnehmer vorgesehen, eine Änderung der Dauer und Verteilung der Arbeitsstunden zu beantragen, wie auch eine Arbeit auf Distanz, um Beruf und Arbeitsleben miteinander abstimmen zu können.
Art. 34 Abs. 8 ETT erkennt das Recht an, die Fernarbeit zu beantragen, entweder als Prozess der Individualvereinbarung oder aufgrund kollektiver Verhandlung. Als Frist für die Verhandlungsdauer sind 30 Tage vorgesehen, nach deren Ablauf die Firma entweder dem Antrag der Arbeitnehmer stattgeben oder diesem andere Alternativen vorschlagen muss, die dem Mitarbeiter die Möglichkeit zur Abstimmung des Arbeits- und des Familienlebens geben. Zwar kann das Unternehmen den Antrag ablehnen, dies erfordert aber objektive Gründe, die der Arbeitnehmer gerichtlich überprüfen lassen kann, ohne vorher ein Schiedsverfahren durchlaufen zu müssen.

11.  Steuern bei grenzüberschreitender Telearbeit

Das RD 28/2020 behandelt die Bedingungen unter denen die Arbeit auf Distanz zu erbringen ist, nicht aber wie ausgeführt die Art und Weise oder den Ort an dem die Einkünfte dieser Tätigkeit zu versteuern oder Lohnsteuereinbehalte vorzunehmen sind

  1. Lohnsteuer

In Fällen in denen bspw. ein in Spanien ansässiger Telearbeitnehmer seine Tätigkeit von dort aus einem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber erbringt und diese Tätigkeiten den wirtschaftlichen Tätigkeiten des deutschen Unternehmens in Deutschland dienen, ohne dass diese Anhaltspunkte geben, die spanische Steuerbehörde eine Betriebsstätte in Spanien vermuten lassen zu können, sollte diese grenzüberschreitende Tätigkeit keine weitergehende steuerliche Problematik begründen, als dass der ausländische, in Spanien nicht niedergelassene Arbeitgeber natürlich zum Einbehalt und zur Abfuhr der Lohnsteuer seines in Spanien, aufgrund dortigen Wohnsitzes steuerpflichtigen Arbeitnehmers an die spanischen Behörden nach Art. 76 Abs 1d der spanischen Verordnung zum Einkommensteuergesetz (Reglamento IRPF), verpflichtet ist und zu diesem Zweck alleine, eine spanische Steuernummer (NIF) zu beantragen hat. Arbeit­neh­mer sind grds. in ihrem Ansässigkeits-, also Wohnsitz­staat unbe­schränkt steuerpf­lich­tig, so dass auch dort das Arbeits­ent­gelt zu ver­steu­ern ist. Wird hingegen die Beruf­stätig­keit nicht in diesem Wohn­sitz­staat aus­ge­übt, regeln die Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men (DBA), in welchem Staat die Besteue­rung zu erfol­gen hat. Nur in solchen Fällen oder in Fällen in denen die Berufstätigkeit zum Teil im anderen Staat erbracht wird, gelten insoweit die Maßgaben des DBA, wobei anders bspw. im Falle des DBA zwischen Frankreich und Deutschland keine Regelungen zu Telearbeit oder Home-office enthalten ist. Im DBA-Spanien ist dies nicht der Fall; auch dbzgl. bilaterale Regelungen wie mit Staaten, mit denen eine Grenzgängerregelung mit Deutschland getroffen und das Besteue­rungs­recht unter dieser Voraussetzung ins­ge­s­amt dem Wohn­sitz­staat zuge­wie­sen ist, bestehen nicht.

Ebenso ist für das deutsche Unternehmen als Arbeitgeber eines in Spanien ansässigen Arbeitnehmers ein digitales Postfach zu eröffnen und ein digitales Zertifikat zu beantragen, wozu der Geschäftsführer des ausländischen Unternehmens ebenso eine spanische Steuernummer für steuerlich nicht Ansässige (NIE) benötigt.
Dies gilt im Übrigen ebenso für das Verhältnis zur spanischen Sozialversicherung. Außer in den  Fällen, in denen formal eine Entsendung nach EU-Recht erfolgt und ausdrücklich ein Verbleiben in der deutschen Sozialversicherung für den Zeitraum der Entsendung nach Spanien instrumentalisiert wird und damit eine Eingliederung in das spanische Sozialversicherungssystem nicht erfolgt, bedarf es der Eröffnung eines Sozialversicherungskontos für das deutsche Unternehmen und damit einer spanischen Steuernummer und eines digitalen Zertifikats.
Die sozial­ver­si­che­rungs­recht­li­che Anmeldung eines Arbeit­neh­mers, der in einem Staat wohnt und in einem oder meh­re­ren ande­ren Staa­ten arbei­tet, erfolgt grds. nur in einem Staat, dem der Ansässig­keit des Arbeitnehmers, selbst wenn dort nicht der wesent­li­che Teil der Tätig­keit erbracht werden sollte.

    2. Betriebsstättenproblematik

Im Falle allerdings, dass die Tätigkeit des in Spanien ansässigen Telearbeitnehmers geeignet ist eine Betriebsstätte für das deutsche Unternehmen zu begründen, können die steuerlichen Folgen allerdings erheblicher Natur für den ausländischen Arbeitgeber sein.
Geschäftliche Aktivitäten in einem anderen Land als das des Ansässigkeitsstaates können als solche einer Betriebsstätte qualifiziert werden. Wesentlich dabei ist, dass dies nicht nur zu den Folgen einer umsatzsteuerlichen Betriebsstätte, sondern vielmehr auch zu einer körperschaftsteuerlichen Betriebsstätte führen kann. Zur Begründung einer solchen steuerlichen Betriebsstätte bedarf es keines formalen Aktes, vielmehr kann eine tatsächliche wirtschaftliche Aktivität im Einzelfall ausreichend sein, faktisch eine Betriebsstätte im Ausland zu schaffen.

Bei Bezügen von Einkünften aus einem gewerblichen Unternehmen, dessen Wirkung sich auf das Gebiet eines anderen Staates erstreckt, hat der andere Staat das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte dann, wenn sie auf eine dort belegene Betriebstätte des Unternehmens entfallen.
Dabei werden der Betriebstätte diejenigen Einkünfte zugewiesen, welche sie als quasi selbständiges Unternehmen durch eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter denselben oder ähnlichen Bedingungen und ohne jede Abhängigkeit von dem Unternehmen, dessen Betriebstätte sie darstellt, erzielt hätte.

Betriebsstätte im Sinne der Doppelbesteuerungsabkommen ist eine ständige Geschäftseinrichtung eines gewerblichen Unternehmens, in der die Tätigkeit dieses Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Zu beachten ist, dass auf steuerlicher Ebene bereits ein dedizierter Server im Rahmen eines Onlinevertriebs im Ausland die Voraussetzung einer dortigen festen Geschäftseinrichtung erfüllen kann.
Die Definition des Begriffs der Betriebsstätte in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist insbesondere von Bedeutung für die Unternehmensgewinne. Denn diese werden grds. im Land der Unternehmensansässigkeit besteuert. Ausgenommen von diesem Grundsatz ist jedoch der Teil, der in einer ausländischen Betriebsstätte erwirtschaftet wird. Die DBA sollen u. a. dazu dienen, Manipulationen zur Steuerung des Orts an dem Gewinn besteuert wird zu verhindern. Unterhält ein Unternehmen eine ausländische DBA-Betriebstätte, gelten im Zusammenhang mit der Aufteilung des Gesamtergebnisses des Einheitsunternehmens auf das Stammhaus und die DBA-Betriebstätte gemäß der OECD der Fremdvergleichsgrundsatz und Transferpreisregelungen.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass ggf. nur der Teil des mit der Tätigkeit einer Betriebsstätte in Zusammenhang stehende Überschuss im Ausland besteuert werden kann. D.h., dass selbst bei Bejahung der Betriebsstätteneigenschaft grds. allenthalben ein Verkaufsgewinn der Betriebsstätte zuzurechnen ist, während der Produktionsgewinn dem Mutterunternehmen zusteht. Häufig sind in Fällen, in denen aufgrund einer steuerlichen Fiktion Umsätze in Spanien zu erklären und Körperschaftsteuer zu entrichten sind, dies auf Basis des Wertes des von Mitarbeitern dort erbrachten Services und nicht des Volumens der Verkäufe nach Spanien erfolgt.

So erfolgt beispielsweise in Art 5 Abs 1 deutsch-spanischen Doppelbesteuerungsabkommen DBA die Definition als eine feste Geschäftseinrichtung in der die Tätigkeit des Unternehmens zumindest teilweise ausgeübt wird.
Der Begriff Geschäftseinrichtung umfasst u. a. Räume, Einrichtungen und Installationen, wie zB ein Büro oder ein Baustellencontainer.
Fest bedeutet grds. fest mit der Erde verbunden. Die Einrichtung muss, durchaus auch mit Unterbrechungen dem Betrieb für eine bestimmte Zeit zur Verfügung stehen und auch genutzt werden. Ausreichend kann selbst die kostenfreie, auch gemeinschaftliche Nutzung sein.
Ein „home-office“ eines Mitarbeiters im Ausland kann dabei in Einzelfällen unter Umständen ausreichend sein. In Fällen in denen der Telearbeitgeber dem Telearbeitnehmer Miete z.B. Miete für die Nutzung des Heim-Büros zahlt, ist dies als äußerst kritisch anzusehen.

Zu beachten ist aber die Negativliste des Abs. 3, die trotz Vorliegen einer festen Geschäftseinrichtung eine Betriebstätte ausschließen kann, nämlich bloße:

– Lager, Ausstellungen, Einkaufsbüros oder solche zur Informationsbeschaffung oder Auslieferungseinrichtungen bzw. jedwede Einrichtung bloß vorbereitender oder helfender Art.

Abs. 4 regelt die sogenannte Vertreterbetriebsstätte, d.h. die Begründung einer Betriebstätte durch einen abhängigen Vertreter, der im Namen des Unternehmens Verträge im Ausland abschließt. Dieser muss weisungsgebunden und persönlich abhängig in den Betrieb eingegliedert sein.
Hierbei ist zu beachten, dass das Kriterium der Abschlussvollmacht nicht formalrechtlich, sondern wirtschaftlich zu betrachten ist. Das bedeutet, dass keine Umgehung der Betriebsstätteneigenschaft dadurch erfolgen kann, dass eine das Unternehmen vertretende Person die Vertragsverhandlungen zu einem Ergebnis führt und lediglich nur den Vertragsvollzug dem Unternehmen vorbehält.

Ebenso ist zu beachten, dass jedes Land dieses und andere durch OECD-Musterabkommen geregelte Kriterien unterschiedlich auslegt.

Zwar werden Telearbeitnehmer grds. kaum über Abschlussvollmachten iSd. Abs. 4 des Artikels 5 DBA verfügen und als Vertreter qualifiziert werden können, allerdings kann die Tätigkeit dann problematisch werden, wenn es sich um solche im Bereich des Vertriebs oder Verkaufs handelt. Sollte also die Telearbeit nicht bspw. bloß darin bestehen, dass ein Informatiker online für ein deutsches Unternehmen tätig ist, dass dessen Arbeitsergebnisse nicht in Spanien verwendet, sondern beinhalten, dass ein bei einem deutschen Arbeitgeber auf Distanz beschäftigter, in Spanien ansässiger Arbeitnehmer dort Vertriebstätigkeiten für das deutsche Unternehmen mit in Spanien Ansässigen betreibt, so kann diese Tätigkeit aus steuerlicher Sicht sehr wohl eine Betriebsstättenproblematik in sich bergen. Zur Vermeidung der Betriebsstättenqualifizierung und Zurechnung von Umsätzen und damit Steuerpflicht im Ausland, ist darauf zu achten, dass dort lediglich Tätigkeiten ausgeübt, die in den dementsprechenden Ausnahmekatalogen der DBA aufgeführt werden. Selbst wenn aber die Arbeitsergebnisse in Spanien bspw. im vor genannten Fall des Informatikers nicht verwendet werden, so könnte der Umstand im Hinblick auf eine Betriebsstätte mglw. dann kritisch werden, wenn das deutsche Unternehmen über eine Mehrzahl von Telearbeitnehmern in Spanien verfügt. 

Fazit Telearbeitsgesetz Spanien

Mit dem neuen Telearbeitsgesetz wird kein komplexes neues Normenwerk geschaffen, auch wenn dieses neue Verpflichtungen im Moment der Vereinbarung wie auch neue Verfahrensweisen begründet. Begrüßenswert ist, dass die Regelung die Rechte und Pflichte der Parteien klar fasst und damit wesentlich eindeutigere Grundlagen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber als in den bisherigen Telearbeitsverhältnissen geschaffen werden.

Bedauerlich ist, dass keine Bestimmungen zu transnationaler Telearbeit getroffen wurde.

In steuerlicher Hinsicht fehlt eine Anpassung der Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes an die neue Regelung, so dass es hier solange keine Rechtsprechung ergeht, zu Lücken und Unsicherheiten auf Seiten der Vertragsparteien eines solchen Arbeitsverhältnisses kommt.
Auf internationaler Ebene sind die gleichen Problematiken wie bislang zu berücksichtigen.

Es bleiben mithin die Rechtsprechung ebenso abzuwarten, wie ggf. weitere Ausgestaltungen in den kollektiven Tarifverträgen.

©2020 Verfasser Telearbeitsgesetz Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht