Umsatzsteuererstattung Spanien

Umsatzsteuererstattung SpanienBei Vorliegen eines Mehrwertsteuerguthabens zu Gunsten eines Unternehmens beim spanischen Finanzamt, also in Fällen in denen die Vorsteuer (IVA soportado) die Ausgangsumsatzsteuer (IVA devengado oder repercutido) übersteigt, ist es dem Steuerpflichtigen grds. nur möglich, die Verrechnung oder eine Umsatzsteuererstattung in Spanien im Rahmen der Steuererklärung für den letzten Abrechnungszeitraum zu beantragen. Die Erstattungsoption kann allerdings grds. nur bis zu einer bestimmten Frist im Jahr beantragt werden. Der Beitrag Umsatzsteuererstattung Spanien erläutert die Folgen der Säumnis der Frist und die in diesem Falle bestehenden Möglichkeiten.

Mehrwertsteuer in der EU ab 2021

Bisher galt im grenzüberschreitenden Online-Handel in der EU die sogenannte „Versandhandelsregelung“. Danach fiel bei einer grenzüberschreitenden Lieferung an einen Verbraucher die Umsatzsteuer grundsätzlich im Inland an, es sei denn, es wurde im Kalenderjahr eine Netto-Umsatzlieferschwelle überschritten, deren Höhe jeder EU-Mitgliedsstaat selbst bestimmte.
Bei Überschreiten des Betrags dieser Lieferschwelle für das jeweilige Zielland wurde dort die Mehrwertsteuer fällig und eine steuerrechtliche Registrierung erforderlich.

Mit Wirksamwerden der neuen Regelungen der EU-Umsatzsteuerreform vom 01.07.2021, schuldet der Verkäufer nun im B2C-Fernverkauf die Mehrwertsteuer direkt im Zielland. Die einheitliche Umsatzgrenze für grenzüberschreitende Lieferungen an Nicht-Unternehmer (Verbraucher) in der EU beträgt nun 10.000 Euro (netto).

Lediglich begrifflich wird dabei unterschieden in Mehrwertsteuer (EU-Ebene) und Umsatzsteuer (Deutschland), in Spanien „Impuesto sobre el Valor Añadido“, (IVA – Steuer über den „hinzugefügten Wert“) bezeichnet. Dieser wird verstanden als der zusätzliche wirtschaftliche Wert, den Waren und Dienstleistungen erhalten, wenn sie während des Produktionsprozesses umgewandelt werden.

Mit der bislang größten einer Reihe von Reformen der Umsatzsteuer zur Vereinfachung, zur Vermeidung von Umsatzsteuerdelikten und auch als Reaktion auf den explodierenden Anstieg des elektronischen Geschäftsverkehrs, entfallen nunmehr für den EU-Onlinehandel die bisherigen Lieferschwellen und die Besteuerung erfolgt ab dem vorgenannten Gesamtwert von 10.000 Euro im Bestimmungsland. Für online-Händler wurde in dem Zusammenhang der One-Stop Shop (OSS) geschaffen, mit dem die gesamten und relevanten Ausgangsumsätze zentral über eine einzige Kontaktstelle im Heimatland gemeldet und abgeführt werden können. Damit entfällt auch die steuerliche Registrierung in jedem einzelnen EU-Mitgliedstaat. Für die Registrierung für den OSS ist nur die Umsatzsteuer-ID des Ursprungslands notwendig.

Im Fall, in dem ein deutscher Händler online Waren an Endverbraucher nach Spanien verkauft, gelten mithin bzgl. der Umsatzsteuer:

  • soweit diese Verkäufe nach Spanien insgesamt den Grenzbetrag in Höhe von 10.000 Euro nicht überschreiten, weiter die deutschen, dort zu entrichtenden Umsatzsteuersätze
  • bei Überschreiten der Grenze von 10.000 Euro die spanischen Mehrwertsteuersätze und dortige Steuerpflicht.

Das heißt, über diese Grenze hinausgehende Beträge sind nach den spanischen Sätzen zu versteuern. Der dortige allgemeine Steuersatz (tipo general) beträgt derzeit 21%, reduzierte Sätze (IVA reducido) sind 10%, 5%, 4% y 0%.

Mit der Reform kann nun die Meldung und Versteuerung gesammelt über den One-Stop Shop abgewickelt werden. Der deutsche Steuerpflichtige zahlt also die spanische Mehrwertsteuer nicht in Spanien, sondern an das Bundeszentralamt für Steuern in Deutschland, welches intern mit den Behörden der anderen EU-Staaten abrechnet.

Allerdings ist das OSS-Verfahren in komplexeren Fällen von B2B-Abwicklungen, wie zum Beispiel FBA (Fulfillment by Amazon) im EU-Ausland nicht geeignet, so dass die lokale umsatzsteuerliche Registrierung in dem jeweiligen EU-Mitgliedstaat erfolgen muss.

Das heißt, in einem solchen Fall hat sich der deutsche Unternehmer lokal in Spanien, wo er den Umsatz erwirtschaftet, bei der staatlichen Finanzbehörde (Agencia Estatal de Administración Tributaria, AEAT) umsatzsteuerlich registrieren zu lassen und sodann die dortigen Vorschriften und Fristen zu beachten.
Es sind dabei Mehrwertsteuerregistrierungsbücher (Libro registro de IVA) zu führen und vierteljährliche oder monatliche Erklärungen im Formular 303 wie auch die darauf folgende Jahreserklärung im Formular 390, jeweils im Wege der Selbstveranlagung innerhalb der gesetzlichen Fristen, abzugeben (link zur Seite der Agencia Tributaria zur Umsatzsteuerstattung Spanien und zum virtuellen Assistenten (asistente virtual IVA): https://sede.agenciatributaria.gob.es/Sede/iva/obtener-devolucion-iva.html.

Verfahren Umsatzsteuererstattung Spanien

Sollte der Steuerpflichtige die Mehrwertsteuer nicht in den folgenden Quartalen ausgleichen und in der letzten Periode (4. Quartal) noch ein Überschuss bestehen, kann dieser im folgenden Jahr ausgeglichen oder in der Steuererklärung für die letzte Abrechnungsperiode, also das 4. Quartal, mithin am 30.01. des Folgejahrs, eine Umsatzsteuererstattung beantragt werden.

In Fällen von Einfuhrumsatzsteuer, in denen keine Lieferung von einem EU-Mitgliedsstaat in einen anderen erfolgt, sondern die Ware unmittelbar aus einem Drittland in das Zielland Spanien importiert wird, ist an Dokumentation neben den Rechnungen der Verkaufspartei auch das “DUA”-Dokument mit der dazugehörigen Abrechnung des Zollagenten benötigt. Das “Documento Único Administrativo” (Einheitspapier) ist die Bezeichnung für den Papierträger einer Einfuhr- oder Ausfuhranmeldung bei den Zollbehörden, der Informationen über das Produkt enthält und als Grundlage für die entsprechende Steuererklärung dient. Das Einheitspapier muss die Waren stets begleiten, um die Zollformalitäten zu erfüllen. Es beinhaltet gleichzeitig auch eine Steuererklärung.

Sofern die Frist für den Antrag auf Erstattung der Mehrwertsteuer in Spanien vom 30.01. überschritten wird, bestehen zwei Möglichkeiten.
Zum einen den Betrag der Erstattung erst im Folgejahr zu beantragen, oder aber das System der monatlichen Erstattungsregelung (Régimen de Devolución Mensual, REDEME) in Anspruch zu nehmen, um diese Zeit zu verringern.

REDEME ist eine freiwillige Regelung, die vom Steuerpflichtigen durch Eintragung in das Register für monatliche MwSt-Erstattungen zu beantragen ist.

Steuerpflichtige, die sich für diese Option entscheiden, müssen die Umsatzsteuer aber monatlich erklären und einzahlen und sind darüber hinaus verpflichtet, ihre Umsatzsteuerbücher über das Sofortinformationssystem (SII) der elektronischen Zentrale des spanischen Finanzamts (AEAT) zu führen.

Dies ist nur möglich, sofern der Steuerpflichtige auf dem Laufenden mit den Erklärungen ist.

Die Anträge auf Eintragung in diesem System können grds. im November des Vorjahres der Erklärungen, die eingereicht werden sollen, gestellt werden. Anträge können aber auch gleichermaßen während des Zeitraums für die Einreichung periodischer Steuererklärungen gestellt werden, wobei die Eintragung in das Register ab dem Tag Wirksamkeit entfaltet, der auf den Tag folgt, an dem der Abrechnungszeitraum für diese Steuererklärungen endet.

Der Steuerpflichtige kann den Antrag auf Eintragung in das Register als abgelehnt betrachten, wenn er drei Monate nach dessen Einreichung keine ausdrückliche Mitteilung über die Entscheidung der Behörde erhalten hat.

Nach ihrer Eintragung sind Antragsteller verpflichtet, mindestens für das Jahr, für das die Eintragung beantragt wurde, bzw. bei Steuerpflichtigen, welche die Eintragung während des Zeitraums für die Einreichung der periodischen Steuererklärungen beantragt haben, zumindest für das Jahr, in dem sie die Eintragung beantragen, sowie für das folgende Jahr im Register zu bleiben.

Der Antrag auf Abmeldung ist im November des Jahres einzureichen, das dem Jahr vorausgeht, in dem die Abmeldung wirksam werden soll. In demselben Kalenderjahr, für das der Steuerpflichtige die Löschung der Eintragung beantragt hat, kann kein weiterer Antrag auf Eintragung in das Register gestellt werden.

Die Nichterfüllung einer der Voraussetzungen für die Beantragung der Aufnahme in das monatliche Erstattungsregister oder die Feststellung von Ungenauigkeiten oder Unwahrheiten in den der Steuerverwaltung übermittelten Zählungsdaten ist ein ausreichender Grund für die Ablehnung der Eintragung in das Register oder, im Falle bereits eingetragener Personen, für den Ausschluss aus dem Register durch die spanische Steuerverwaltung.

Die Streichung aus dem Register wird mit dem ersten Tag des Veranlagungszeitraums wirksam, in dem die betreffende Vereinbarung angemeldet wurde.

Ein erfolgender Ausschluss aus dem Register hat zur Folge, dass der Antrag auf Eintragung für drei Jahre ab dem Datum der Mitteilung der Ausschlussentscheidung unzulässig ist.

Die Nutzung des SII bringt eine Reihe von zusätzlichen Verpflichtungen mit sich. Das SII besteht im Wesentlichen aus der elektronischen Übermittlung von Rechnungsaufzeichnungen, die Teil der Umsatzsteuerbücher sind. Zu diesem Zweck müssen die Einzelheiten der Rechnungsstellung elektronisch an die AEAT übermittelt werden, mit deren Informationen die verschiedenen Registerbücher praktisch in Echtzeit konfiguriert werden. Zu diesem Zweck müssen die Rechnungsunterlagen innerhalb von vier Tagen (außer samstags, sonntags und an Feiertagen) übermittelt werden.

Die Verwendung des SII erfordert daher, dass jede ausgestellte Rechnung unverzüglich an den Steuerberater übermittelt wird, damit sie wiederum an die AEAT gemeldet werden kann. Außerdem können Rechnungen nicht mehr geändert werden; es müssen Gutschriften und neue Rechnungen ausgestellt werden.

Verjährung Umsatzsteuererstattung Spanien

In Fällen, in denen die Vorsteuer der eingehenden Rechnungen die der ausgehenden übersteigt, sieht das Gesetz wie oben dargelegt entweder die Verrechnung (compensación) oder die Erstattung (devolución) vor. Die Verrechnung kann mit jeder Selbstveranlagungserklärung geltend gemacht werden, sofern seit der Einreichung der Erklärung, in der der Überschuss entstanden ist, noch keine vier Jahre vergangen sind.

Tatsächlich kommt es häufig zu dem Fall, dass vier Jahre verstreichen, ohne dass der ausstehende Mehrwertsteuersaldo verrechnet und auch keine Erstattung beantragt wurde. Denn auf Erstattungsanträge erfolgen in Spanien regelmäßig Umsatzsteuersonderprüfungen, weshalb Steuerpflichtige dazu neigen auf die Verrechnung zurückzugreifen.

In Fällen, in denen es weder zur Erstattung noch zur Verrechnung kommt, wäre die Verwaltung ungerechtfertigt bereichert, so dass nach ständiger spanischer Rechtsprechung mit dem Erlöschen des Rechts, die Verrechnung des auszugleichenden Mehrwertsteuersaldos zu beantragen, das Recht auf Umsatzsteuererstattung mit einer neuen vierjährigen Verjährungsfrist entsteht (vgl. die Urteile des Obersten Gerichtshofs (Tribunal Supremo) vom 04.07.2007 (RC 96/2002), 24.11.2010 (RC 546/2006) und 23.12.2010 (RC 82/2007 en unificación de doctrina – in Vereinheitlichung der Rechtsprechung) oder die Entscheidungen des Zentralen Wirtschaftsverwaltungsgerichts vom 22.02.2011 (01841/2009 und 02055/2009) sowie 22.09.2015 (01443/2013) zur Umsatzsteuererstattung in Spanien).

Unbeschadet dieser Rechtsprechung weigert sich das spanische Finanzamt aber regelmäßig diesen weiteren Erstattungsanspruch anzuerkennen, obschon Artikel 239.8 des Allgemeinen Steuergesetzes (Ley General Tributaria) dazu verpflichtet, die wiederholte Doktrin des TEAC direkt anzuwenden.

Folglich entsteht nach Ablauf der in Artikel 99 des Mehrwertsteuergesetzes festgelegten Verjährungsfrist, in der der Steuerpflichtige die überzahlte Steuer nicht verrechnen konnte und auch keine Erstattung beantragt hat, ein Anspruch zu seinen Gunsten, welcher wieder der allgemeinen Verjährungsfrist in Steuersachen unterliegt. Mithin entsteht dem Steuerpflichtigen nach vier Jahren, in denen die Steuerschuld nicht ausgeglichen werden konnte, weitere vier Jahre Zeit, eine Erstattung zu beantragen.

Das Mehrwertsteuergesetz sieht kein spezielles Verfahren für die Anwendung dieses Rechts vor, so dass der Steuerpflichtige die Erstattung der Mehrwertsteuerbeträge, deren Recht auf Vorsteuerabzug durch Verrechnung erloschen ist, ausdrücklich schriftlich bei den Steuerbehörden beantragen muss.

Da diese Beträge aus verjährten Zeiträumen stammen, müssen die Herkunft und die Höhe der Beträge durch Vorlage der Steuererklärungen oder Selbstveranlagungen, in denen sie enthalten waren, der Buchführung und der entsprechenden Belege nachgewiesen werden.  

 

©2021 Verfasser Umsatzsteuererstattung Spanien: F. Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für  Steuerrecht, Fachanwalt für Handels-und Gesellschaftsrecht