Im spanischen Baurecht gilt die Bauordnung LOE (Ley de Ordenación de Edificación vom 05.11.1999) sowohl für Neubauten als auch Arbeiten an bestehenden Gebäuden. Lediglich bei sogenannten Kleinbaustellen (obras menores) und Bauverträgen, die vor dem Inkrafttreten der LOE abgeschlossen wurden gelten die Regelungen des spanischen BGB (Código Civil, CC). Ziel des LOE ist gemäß seinem Art. 1, die wesentlichen Aspekte der Errichtung einer Immobilie zu regeln, die Pflichten und Verantwortlichkeiten der am Bauprozess beteiligten Akteure festzulegen sowie die notwendigen Garantien für dessen ordnungsgemäße Durchführung zu schaffen, um die Qualität durch die Einhaltung der grundlegenden Anforderungen an Gebäude und den angemessenen Schutz der Interessen der Nutzer zu gewährleisten. Für Fälle, in denen nicht die LOE sondern der CC Anwendung findet, haftet in Spanien nach Art. 1591 CC der Unternehmer eines Bauwerks, das “durch Baumängel zerstört” wird, für Schäden und Nachteile, wenn der Vorgang innerhalb von 10 Jahren ab Baufertigstellung stattfindet. Die Bearbeitung Baumängel Spanien erläutert die Haftung der Baubeteiligten, die Dauer der Haftung und die Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen des Geschädigten.
Baumängel Spanien – Haftung der Baubeteiligten
Zunächst ist Artikel 17 des LOE zu berücksichtigen, aus dem hervorgeht, dass die an der Errrichtung eines Bauwerks Beteiligten, unbeschadet der vertraglichen Haftung, gegenüber den Eigentümern und Käufern innerhalb der gesetzlich festgelegten Fristen für die am Gebäude verursachten Sachschäden haftet (Responsabilidad por daños materiales) .
Im Allgemeinen legt das LOE das Kriterium der individuellen Haftung für jeden einzelnen Beteiligten fest, obwohl in zwei spezifischen Fällen ausdrücklich eine gemeinschaftliche Haftung vorgesehen ist. Erstens in den Fällen, in denen die Haftung für materielle Schäden nicht individualisiert werden kann, und zweitens, wenn das Zusammentreffen von Verschulden hinreichend bewiesen ist und es darüber hinaus nicht möglich ist, den Grad des Verschuldens jedes einzelnen Beteiligten an der Entstehung des konkreten Schadens zu bestimmen.
Trotzdem sieht das Gesetz eine Bestimmung vor, wonach der Bauträger in jedem Fall gesamtschuldnerisch mit den anderen Beauftragten gegenüber den möglichen Erwerbern des Gebäudes für Baumängel oder -fehler haftet. Der Bauträger ist daher nicht von einer Haftung befreit, selbst wenn er alle seine Verpflichtungen erfüllt. Im Gegenteil, er ist nach dem LOE verpflichtet, für Sachschäd en aufzukommen, die durch das Verschulden eines der übrigen an dem Bau Beteiligten entstanden sind. Der Bauträger kann natürlich Regressansprüche gegen den Verursacher des Schadens geltend machen. Darüber hinaus besteht für ihn die Verpflichtung zum Abschluss einer Versicherung für mögliche Bauschäden sowie für mögliche Mängel oder Mängel der Bewohnbarkeit.
Bzgl. der Verantwortung des Entwerfers ist zu bedenken, dass in den Fällen, in denen das Projekt von mehreren Entwerfern gemeinsam entworfen wurde, alle gemeinsam und gesamtschuldnerisch haften. Darüber hinaus haften sie unmittelbar für Schäden, die sich aus unrichtigen oder ungenauen Berechnungen, Studien oder Berichten ergeben, die von anderen beauftragten Fachleuten erstellt wurden, unbeschadet der Möglichkeit ihres Regresses gegen diese Fachleute.
Der Bauherr haftet unmittelbar für die materiellen Schäden, die am Bauwerk aufgrund von Fehlern oder Mängeln entstehen, die auf die mangelnde fachliche Eignung oder Fahrlässigkeit seines Bauführers und anderer ihm unterstellter Personen zurückzuführen sind, was als Verschuldenshaftung “in vigilando” oder “in eligendo” bezeichnet wird.
In den Fällen, in denen der Bauherr einen Subunternehmer mit der Ausführung des Bauwerks beauftragt, haftet er zwar auch hier unmittelbar für die am Bauwerk verursachten Sachschäden, doch wird die Möglichkeit eingeräumt, einer Klage gegen den Subunternehmer zu erheben.
Weiter ist eine Haftung des Bauunternehmers für Sachschäden am Bauwerk vorgesehen, die auf die mangelhafte Qualität oder die Unzulänglichkeit der für den Bau verwendeten Produkte zurückzuführen sind, unbeschadet wiederum eines Rückgriffsrechts auf die Lieferanten.
Der Projektleiter und der Leiter der Bauausführung haben die abschließende Baubescheinigung (certificado de final de obra) zu unterzeichnen. Ihre Verantwortung bezieht sich im Wesentlichen auf die Richtigkeit und Genauigkeit dieses Dokuments.
Ungeachtet des Umfangs der Verantwortung der Baubeteiligten haftet jedoch keiner von ihnen für Schäden am Gebäude, die durch höhere Gewalt, durch das Eingreifen Dritter oder durch den Kläger selbst verursacht wurden.
Baumängel Spanien – Fristen für die Haftung
Die Länge der möglichen Haftungsfristen im spanischen Baurecht hängt von der Art des Baumangels ab:
schwerwiegende Mängel betreffen die Struktur des Gebäudes (zehn Jahre),
Fehler oder Mängel der Bewohnbarkeit (3 Jahre)
Ausführungsmängel (ein Jahr).
Schwerwiegende Mängel sind solche, die das Fundament, die Balken, die Wände oder andere strukturelle Elemente betreffen, welche die Widerstandsfähigkeit und die Stabilität des Bauwerks gefährden, was zum Einsturz des Bauwerks führen könnte
Mängeln oder Fehler der Bauelemente oder -anlagen, welche die Bewohnbarkeit des Bauwerks beeinträchtigen sind solche von geringerer Bedeutung, welche die Struktur des Bauwerks nicht beeinträchtigen, aber die Anforderungen an die Gesundheit, die Hygiene, die Energieeinsparung oder andere vom Gesetz geforderte funktionale Aspekte der Bauelemente oder -anlagen betreffen.
Im LOE nicht definiert sind Ausführungsmängel, so dass dbzgl. auf die Rechtsprechung im Einzelnen zurückzugreifen ist.
Artikel 18 des LOE bestimmt, dass “Klagen auf Haftung für Sachschäden, die sich aus Mängeln oder Fehlern ergeben, innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Schadens verjähren, unbeschadet der Klagen, die auf Haftung für Vertragsverletzung bestehen”.
Dies bedeutet, es ist zwischen der Gewährleistungsfrist nach Artikel 17 des LOE und der Anspruchsfrist nach Artikel 18 des LOE zu unterscheiden.
Der Unterschied besteht darin, dass unter der Gewährleistungsfrist der Zeitraum zu verstehen ist, in dem materielle Schäden am Gebäude auftreten müssen, um die Haftung des Bauunternehmers in Anspruch nehmen zu können, so dass dieses von der Haftung für materielle Schäden befreit ist, die nach Ablauf der in Artikel 17 LOE genannten Fristen auftreten.
Die Zweijahresfrist des Artikels 18 des LOE bezieht sich auf den Zeitraum, in dem die entsprechende Klage erhoben werden muss, sobald der materielle Schaden am Gebäude innerhalb der genannten Fristen eingetreten ist. Sobald ein haftungsrelevanter Schaden eingetreten ist, hat der Geschädigte also zwei Jahre Zeit, um seine Ansprüche geltend zu machen. Die Zweijahresfrist ist ab dem Zeitpunkt des Schadenseintritts zu berechnen, so dass die Klage verjährt sein kann, obwohl die Gewährleistungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Baumängel Spanien – Haftung aus Vertrag
Der Bauträger kann als Verkäufer für bestimmte verborgene Fehler bzw. Mängel vom Ersterwerber haftbar gemacht werden oder auch für die Nichterfüllung des Kaufvertrags haftbar gemacht werden, wenn z. B. das gelieferte Gebäude nicht die vereinbarte Qualität aufweist oder zu spät übergeben wird.
Von anderen, späteren Erwerbern können aus Vertrag zumindest keine Ansprüche gegen den Bauträger erhoben werden.
Die gesetzliche Frist zur Geltendmachung versteckter Mängel beträgt 6 Monate ab der Übergabe des Gebäudes durch den Verkäufer an den Käufer.
Pflichtversicherung (Seguro decenal)
Bei der sogenannten 10-Jahresversicherung handelt es sich um eine Pflichtversicherung für strukturelle Fehler oder Mängel und zwar nur in Bezug auf Neubauten, die hauptsächlich zu Wohnzwecken genutzt werden.
Ansonsten besteht die persönliche Haftung für entstandene Schäden. Der Bauträger haftet aber ohnehin immer gegenüber dem Erwerber, unbeschadet der geschilderten Regressansprüche gegen andere am Bau Beteiligte.
©2011 Verfasser Baumängel Spanien: F. Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht