Handelsvertreter Spanien

Handelsvertreter SpanienUnter einem Handelsvertreter in Spanien (agente comercial) versteht man einen grds. selbstständigen, unabhängigen Berufstätigen, der auf fester Basis für ein oder mehrere Unternehmen gegen Entgelt Handelsgeschäfte vermittelt. Dabei kennzeichnet die Verkaufsprovision die häufigste Form der Vergütung, wobei allerdings nicht alle Handelsvertreter ausschließlich als Provisionsvertreter agieren. Vielmehr besteht auch die Möglichkeit einer zusätzlichen Aufwandsentschädigung, einer festen Vergütung als Ergänzung zur Provision oder die Vereinbarung einer ausschließlich festen Vergütung.

Nach der Schätzungen der IUCAB, einer internationalen Organisation von europäischen und amerikanischen Handelsvertretern, soll es in Spanien mehr als einhundertfünfzigtausend Handelsvertreter geben, die für mehr als vierhunderttausend Unternehmen tätig sind, die meisten davon KMU (Kleine und mittlere Unternehmen).

Handelsvertreter Spanien – Gesetzesgrundlage

Im Hinblick auf die Beziehung zwischen Unternehmen und dem für das Unternehmen tätigen Handelsvertreter in Spanien sind die zwingende Anwendbarkeit des spanischen Handelsvertretergesetzes (Ley 12/1992, de 27 de mayo, sobre Contrato de AgenciaGesetz 12/1992 vom 27. Mai 1992) und der Königliche Erlass 118/2005 zu beachten, mit der Folge, dass die Vereinbarungen der Parteien an die Bestimmungen angepasst werden müssen, sofern das Gesetz nicht ausdrücklich von der zwingenden Anwendung Ausnahmen macht. Das Gesetz geht auf die Richtlinie 86/653/EWG des Europäischen Rates zurück und klärt eine Reihe von zuvor sehr umstrittenen Begriffen.

Trotzdem stellt der Handelsvertretervertrag eine der komplexesten Rechtsfiguren  im spanischen Handelsrecht dar.

Handelsvertreterverträge sind als auf Dauer angelegte Verträge ausgestaltet, wie z. B. Konzessions- oder Franchiseverträge, und stehen im Gegensatz zu anderen Kooperationsverträgen, wie Vermittlungs- oder Maklerverträge und Kommissionsverträge. Da die Tätigkeit des Handelsvertreters auf die Erfüllung eines auf Dauer angelegten Auftrags ausgerichtet ist, sind die Beendigung des Vertrags und ihre Folgen für das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien von besonderer Bedeutung.

Die Vereinbarung zwischen Unternehmen und dem Handelsvertreter in Spanien wird gemäß Artikel 2 des Gesetzes als ein Vertrag definiert, bei dem “eine natürliche oder juristische Person, die als Handelsvertreter bezeichnet wird, sich gegenüber einer anderen Person auf Dauer oder gegen Entgelt verpflichtet, als unabhängiger Vermittler Handlungen oder Handelsgeschäfte für andere zu fördern oder für andere und in deren Namen zu fördern und abzuschließen, ohne das Risiko und die Chancen solcher Geschäfte zu übernehmen, sofern nichts anderes vereinbart wurde”.
Sofern zwischen den Parteien zusätzlich vereinbart, kann dies mit der Befugnis im Namen des Unternehmers Kaufverträge mit Dritten abzuschließen einhergehen.

Aus vorgenannter Definition lässt sich schließen, dass die Vorschrift auf alle Arten von Handelsvertreterverträgen anwendbar ist. Es ist jedoch zu beachten, dass Vertretungsverträge  mit spezifischen Regelungen (z. B. Versicherungsvertreter) ausdrücklich ausgeschlossen sind (Artikel 3 Absatz 1).

Wie ausgeführt, können Handelsvertreter für mehrere Unternehmen gleichzeitig tätig sein, dies allerdings nur sofern kein Wettbewerbskonflikt zwischen den verschiedenen Auftraggebern besteht oder eine gegenteilige Vereinbarung getroffen wurde. Artikel 7 des Gesetzes 12/1992 bestimmt, dass “ein Handelsvertreter seine berufliche Tätigkeit für mehr als einen Auftraggeber ausüben kann, sofern nichts anderes vereinbart wurde“.

Der Handelsvertreter in Spanien zeichnet sich durch seine unabhängige Tätigkeit als Vermittler aus, mithin zählt er nicht als Arbeitnehmer und unterliegt damit nicht dem Arbeitnehmerstatut (Estatuto de los Trabajadores) womit sich für ihn andere Rechte und Pflichten ergeben. Das Gesetz 12/1992 konstatiert in Artikel 2, dass “nicht als Handelsvertreter, abhängige Handelsvertreter und Handelsreisende sowie allgemein Personen, die in einem gewöhnlichen oder besonderen Arbeitsverhältnis zu dem Arbeitgeber stehen, für den sie tätig sind, gelten“. Desweiteren enthält dieser Artikel eine Vermutungsklausel, die besagt, dass “eine Abhängigkeit vermutet wird, wenn eine Person, die Handlungen oder Geschäfte im Geschäftsverkehr für fremde Rechnung fördert oder in fremdem Namen fördert und abschließt, nicht in der Lage ist, ihre berufliche Tätigkeit oder die ihr gewidmete Zeit nach eigenen Kriterien zu gestalten“.

Dieser Aspekt zeigt die wesentliche Differenz zwischen der Beziehung zu einem Handelsvertreter, also einer Handelsbeziehung, und einer solchen zu einem angestellten Handelsvertreter auf. Der Handelsvertreter entscheidet autonom, wie er seine Tätigkeit unabhängig abwickelt, solange dies auf eine loyale Weise, in gutem Glauben, mit Sorgfalt und in Übereinstimmung mit den angemessenen Anweisungen des Arbeitgebers geschieht, und sofern diese seine Unabhängigkeit nicht beeinträchtigen.

Funktionen

Die zentrale Aufgabe eines Handelsvertreters besteht darin, im Namen des Unternehmens Handelsgeschäfte mit Dritten zu tätigen, sei es für Waren, bewegliche Güter oder Dienstleistungen. Im Wesentlichen charakterisiert er sich als Vermittler, wobei die Möglichkeit besteht, dass er im Namen des Unternehmens verhandelt und Geschäfte in seinem Namen abschließt, sofern dies der Vereinbarung entspricht. Im Falle einer ausdrücklichen Vereinbarung, kann er sogar das Risiko und den Ertrag der Geschäfte übernehmen.

Allerdings gelten die Personen nicht als Handelsvertreter, die Immobiliengeschäfte vermitteln, ebenso wenig wie diejenigen, die auf offiziellen oder geregelten Sekundärmärkten für Wertpapiere als Vermittler tätig sind.

In jedem Falle besteht eine allen Handelsvertretern gemeinsame Funktion in der Förderung des Verkaufs von Waren und Dienstleistungen ihres Auftraggebers.

Anforderungen

Der Handelsvertreter muss sich um die Anwerbung und Suche nach Kunden für das Unternehmen sowie für die anderen vereinbarten Aufgaben kümmern.

In der Regel finden die praktischen Anforderungen, die der Handelsvertreter in Spanien bei seiner Tätigkeit zu erfüllen hat, ihren Niederschlag im Handelsvertretervertrag (contrato de agencia). Dieser wird in Artikel 1 des Gesetzes 12/1992 als Vertrag definiert, durch den “sich eine natürliche oder juristische Person, der so genannte Handelsvertreter, verpflichtet, gegenüber einer anderen Person auf Dauer oder gegen Entgelt, als unabhängiger Vermittler Handlungen oder Geschäfte des Handels für andere zu fördern oder sie für andere und in deren Namen zu fördern und abzuschließen, ohne dabei Risiken und den Ertrag dieser Geschäfte zu übernehmen, sofern nichts anderes vereinbart ist“.

Hierbei existiert kein offizieller Mustervertrag, nicht einmal die Vorschrift in Spanien den Handelsvertretervertrag schriftlich abzufassen. Allerdings muss die Vereinbarung zumindest eine genaue Angabe der vom Vertreter auszuführenden Tätigkeiten, seiner Vertretungsbefugnisse, der Vertragsdauer, des geografischen Gebiets und/oder des Sektors, in dem der Vertreter seine Tätigkeit ausübt, der Frage, ob Ausschließlichkeit besteht, sowie der Art der Vergütung (Provision, Zahlung von Auslagen, monatliche Pauschalvergütung usw.) enthalten.

Ein weiteres Erfordernis der Handelsvertretung besteht darin, dass die Beziehung stabil und kontinuierlich sein muss. Sofern es sich um ein einmaliges Geschäft handelt, erfasst ggf. der im Zivilgesetzbuch und im Handelsgesetzbuch vorgesehene Kommissionsvertrag das Wesen des Geschäfts besser.

Handelsvertreter Spanien – Selbstständige

Der Handelsvertreter identifiziert sich seiner Definition nach als selbstständig und unabhängig. Seine Tätigkeit unterliegt demgemäß dem Statut der Selbstständigen (Estatuto del Trabajador autónomo, ETA) und die Verbindung zu seinen Auftraggebern erfolgt über einen Handelsvertrag.

Dies hindert einen Handelsvertreter nicht daran, zur Ausübung seiner Tätigkeit Angestellte einzustellen und zu beschäftigen.
Die Dienstleistungen eines Handelsvertreters kann aber ebenso ein Unternehmen erbringen. In Spanien zeigt sich dies allerdings eher als unüblich, während es hingegen in anderen europäischen Ländern häufig auftritt, dass Handelsagenturen mit mehreren Handelsvertretern arbeiten, um ihren Auftraggebern eine bessere Marktabdeckung zu bieten.

In Ausnahmefällen kann allerdings auch eine abhängige Art der Tätigkeit in Betracht kommen. Ein “wirtschaftlich abhängiger Selbständiger”, in Spanien TRADE oder auch TAED genannt, ist eine Art von Selbstständigkeit, die weit von der Unabhängigkeit dieser Berufsgruppe entfernt ist.
Damit ein Handelsvertreter als abhängiger Gewerbetreibender (TRADE) angesehen werden kann, gelten die in 11.2 des ETA (Statut der Selbstständigen) festgelegten Anforderungen, mit der Ausnahme, dass “das Risiko und die Chancen der Tätigkeit vom Gewerbetreibenden übernommen werden, der die Gegenleistung des Kunden in Abhängigkeit vom Ergebnis der Tätigkeit erhält” (Neunzehnte Zusatzbestimmung des ETA und Zweite Zusatzbestimmung der königlichen Gesetzesdekrets).

Handelsvertreter Spanien – Vergütung

Zumeist erfolgt wie o.a. die Beauftragung des Handelsvertreters auf Provisionsbasis, welche von vielen Faktoren abhängen kann, so der Art des Produkts, der Branche, dem Markt, etc..
In einigen Sektoren kann dabei die übliche Provision durchaus 15 % betragen, in anderen eine Provision von 2 oder 3 % als sehr attraktiv gelten. Gleichermaßen treten in manchen Sektoren Verträge mit langen Laufzeiten auf, in denen sich oft feste Beträge als Ergänzung zur Provision wiederfinden.
Das Produkt und der Sektor begründen dabei nicht die einzigen Variablen, da unterschiedliche Märkte auch unterschiedliche Provisionen fordern können, so z.B. idR. in den nordischen Ländern die Provisionen häufig jene im übrigen Europa übersteigen. Die Gegebenheiten des Unternehmens spielen ebenfalls eine Rolle, denn eine etablierte Marke auf einem Markt anzubieten unterscheidet sich von der grundlegenden Einführung einer Marke auf einem neuen Markt.

Die Schwierigkeit für Unternehmen ergibt sich aus der Schaffung eines Gleichgewichts zwischen dem Angebot eines “fairen” Prozentsatzes, der sich als attraktiv für den Vertreter darstellt und der Entlohnung proportional zu seiner Leistung, wobei die Provision für beide Parteien nicht das wichtigste Kriterium ausmacht. Das Ziel stellt der Verkauf dar.

 

Verband der spanischen Handelsvertreter

Gemäß Königlichem Erlass 118/2005 ist Voraussetzung der Berufsausübung des Handelsvertreters in Spanien die Zugehörigkeit zu einem Berufsverband (Colegio de Agentes Comerciales), wobei allerdings derselbe Erlass in Anlehnung an das Gesetz über Handelsvertreterverträge den spanischen Handelsvertreter als einen unabhängigen Berufstätigen definiert, der für ein Unternehmen auf fester Basis gegen eine Vergütung Handelsgeschäfte (operaciones mercantiles) vermittelt, unabhängig davon, ob er Mitglied eines Berufsverbandes ist oder nicht.

Formal darf nur derjenige die Bezeichnung als Handelsvertreter in Spanien tragen, der über eine bestandene Eignungsprüfung verfügt, als solcher seine Tätigkeit ausübt und einem Berufsverband angehört. In der Praxis hingegen gilt derjenige als Handelsvertreter, der als solcher praktiziert. So üben in Spanien viele Handelsvertreter die Tätigkeit, ähnlich wie auch Makler, ohne eine Registrierung im Verband der Handelsvertreter von Spanien aus.

In Bezug auf den Rest Europas, befinden sich Handelsvertreter mit einer Registrierung ebenfalls in der Minderheit. Als einzige Ausnahme sticht Italien hervor, wo die Arbeit als Makler eine Eintragung bei der örtlichen Handelskammer (Cámara de Comercio) erfordert, um die Tätigkeit ausüben zu können.

©2015 Verfasser Handelsvertreter Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht