Kündigung Spanien

Kündigung SpanienDie vorliegende Bearbeitung zur Kündigung Spanien stellt die verschiedenen in Betracht kommenden Voraussetzungen und Möglichkeiten der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses im spanischen Arbeitsrecht dar.

Der Arbeitgeber kann ein Arbeitsverhältnis gemäß Art. 52 ET („Estatuto de los Trabajadores“) entweder aus objektiven Gründen oder aus außerordentlichen Gründen als disziplinäre Kündigung in den Fällen beenden, in denen dem Arbeitnehmer ein schwerer und schuldhafter Verstoß zu Lasten gelegt werden kann. Die disziplinäre Entlassung erfordert grds. eine vorangehende Abmahnung.

Bei der Kündigung aus objektiven Gründen muss die Notwendigkeit bestehen und auch nachgewiesen werden, Arbeitsplätze aus wirtschaftlichen, technischen, organisatorischen oder aus produktionsbedingten Gründen abzubauen. Dabei hat die Anzahl an betroffenen Arbeitnehmern in einem Zeitraum von 90 Tagen unter folgenden Schwellen zu liegen:

  • 10 Mitarbeiter in Unternehmen, die weniger als 100 Arbeitnehmer beschäftigen;
  • 10% der Arbeitnehmer in Unternehmen, die zwischen 100 und 300 Arbeitnehmer beschäftigen;
  • 30 Arbeitnehmer bei Unternehmen, die 300 oder mehr Arbeitnehmer beschäftigen.

Bei Überschreiten der vor genannten Schwellen kommt das Massenkündigungsverfahren („Expediente de Regulación de Empleo“), ein spezielles Verfahren von Kündigungen aus objektiven Gründen zum Tragen.

Kündigung Spanien – Kündigung aus objektiven Gründen

Die schwierige Situation des Unternehmens darzulegen (der wirtschaftliche, technische, organisatorische oder produktionsbedingte Grund) liegt in der Pflicht des Arbeitgebers. Er muss insbesondere glaubhaft machen, dass die getroffene Maßnahme sich eignet die Lage des Unternehmens maßgeblich zu verbessern.

Bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer ist der Arbeitgeber zwar grundsätzlich frei, die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist aber ebenso zu beachten wie die Sonderstellung von Betriebsratsangehörigen („representantes de los trabajadores“).

Dem Arbeitnehmer sind Kündigung und Kündigungsgrund schriftlich zu kommunizieren. Mit der Kündigung ist dem Arbeitnehmer gleichzeitig eine Abfindungszahlung in Höhe von 20 Tagesgehältern pro Jahr seiner Betriebszugehörigkeit anzubieten. Maximale sind 12 Monatsgehälter zu bezahlen. Die Kündigungsfrist beträgt 15 Tage ab Zugang der Kündigungsmitteilung. Dem Arbeitnehmer ist Gelegenheit einzuräumen sechs Stunden pro Woche der Stellensuche nachgehen zu können. Von betriebsbedingten Kündigungen ist gleichzeitig der Betriebsrat zu informieren.

Einer möglichen Klage des Arbeitnehmers ist grds. zwingend ein arbeitsbehördliches Schiedsverfahren wie im Falle einer Kündigung aus persönlichen Gründen vorgeschaltet.

Im Falle des Scheiterns dieses Güteverfahren und nach Einlegen der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht (Juzgado de lo Social), wird dort mündlich verhandelt.

Das spanische Arbeitsgericht entscheidet sodann durch Urteil ob die Kündigung als gerechtfertigt („procedente“) oder ungerechtfertigt (”improcedente“) anzusehen ist, mithin ob der vorgetragene schwerwiegende Kündigungsgrund nach Auffassung des Gerichts vorliegt oder nicht. Anderenfalls gilt die Kündigung als nichtig (nulo), so, falls eine Verletzung verfassungsrechtlich garantierter Rechte oder Prinzipien als nachgewiesen gilt, rechtswidrig während Mutter- oder Vaterschaft gekündigt wird oder ein Kündigungsgrund als nicht ausreichend schwer angesehen wird. In diesem Zusammenhang ist insbesondere im Vorfeld den Tarifverträgen Beachtung zu schenken, welche zumeist Regelungen insoweit und zur Notwendigkeit vorheriger Abmahnungen treffen.

Kündigung Spanien – Kündigungsfrist

Eine Kündigungsfrist bzgl. eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses seitens des Arbeitgebers ist dem spanischen Arbeitsrecht fremd. Der Arbeitnehmer hingegen kann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer Vorankündigung von nur 15 Tagen, auch bei langjährigen Arbeitsverhältnissen, jederzeit kündigen.

Kündigung Spanien – Massenkündigung

Art. 52 ET regelt das Massenkündigungsverfahren mithin

  1. die Entlassung mit kollektiver Wirkung, d.h., die Entlassung einer Anzahl von Mitarbeitern, welche die oben genannten Schwellen überschreitet,
  2. die Entlassung aus wirtschaftlichen, technischen, organisatorischen oder produktionsbedingten Gründen und
  3. die Eröffnung eines Beratungsverfahrens mit der Arbeitnehmervertretung.

Massenkündigungen bedürfen einer vorherigen Konsultation mit der Vertretung der Arbeitnehmerschaft. Das Konsultationsverfahren wird mit der Mitteilung der Unternehmensleitung an die Arbeitnehmer oder deren Vertreterschaft über die Absicht, ein Massenkündigungsverfahren einzuleiten, eröffnet. Es muss innerhalb von 7 Tagen ein Verhandlungskomitee ernannt werden. Nach Ernennung erfolgt eine schriftliche Mitteilung durch die Geschäftsführung an dieses Komitee, mit der die Konsultationsphase eröffnet gilt.

Diese Mitteilung als Basis der Verhandlungen hat die Gründe für die Entlassung, die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer, die Kriterien der Auswahl der Betroffenen und den Zeitraum der  Entlassung zu enthalten. Dabei dürfen keine Grundrechte verletzt werden oder Diskriminierungen erfolgen. Es ist ein erläuternder Bericht sowie Buchhaltungs- und Steuerunterlagen anzufügen, welche die Ursachen und die Notwendigkeit der Massenentlassung darlegen.
Ein solcher Bericht wäre bspw. wie folgt aufzubauen:

„RESTRUKTURATION AUS TECHNISCHEN, WIRTSCHAFTLICHEN ODER PRODUKTIVEN GRÜNDEN DER FIRMA XY, S.L. und der XY GRUPPE

  1. Vorgeschichte, (Bericht über die Ergebnisrechnung des GJ, Vorschau des Jahresabschlusses) der Gesellschaft ….. und der Gruppe
  2. Technische, wirtschaftliche und produktive Analyse der Gesellschaft bzw. der Gruppe
  3. Analyse der Beschäftigung der Arbeitnehmer nach Gruppen und Abteilungen und i. H. auf eine sichere zukünftige Auslastung
  4. Wirtschaftliche Analyse und Ergebnisvorschau des FolgeGJ“

Der Konsultationszeitraum beträgt maximal 30 Tage (bzw. 15 Tage im Falle von Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten). Es sind das Zusammentreffen der Ursachen und die Möglichkeit der Vermeidung oder Verringerung von Entlassungen zu erörtern.

Die Konsultation kann in einer Schlichtung- oder in einem Schiedsgerichtsverfahren fortgeführt werden.

Am Ende der Konsultationsphase ist die Arbeitsbehörde wie auch die betroffenen Arbeitnehmer über deren Ergebnis zu informieren.

Kündigungsschutzverfahren Spanien

Der Arbeitnehmer hat innerhalb einer Frist von 20 Werktagen nach Ausspruch der Kündigung Klage zum Arbeits- und Sozialgericht (Juzgado de lo Social) zu erheben.

Diese Ausschlussfrist wird unterbrochen durch die zwingend vor dem Gerichtsverfahren erfolgende Einleitung des Schiedsverfahrens (conciliación) vor der zuständigen Schlichtungsstelle. Im Falle, dass dabei keine Einigung erzielt wird kann die Kündigungsschutzklage eingereicht werden. Vor dem Arbeitsgericht soll sodann ein letzter Versuch erfolgen die Streitigkeit gütlich beizulegen (conciliación judicial). Sollte keine Einigung erzielt werden, so wird sodann streitig verhandelt und dabei die Kündigung entweder für berechtigt („procedente“), unberechtigt („improcedente“) oder nichtig („nulo“) erklärt.

Eine berechtigte Kündigung bestätigt die Wirksamkeit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Im Falle des Ausspruchs einer unberechtigten Kündigung wird dem Arbeitgeber innerhalb der auf die Bekanntgabe der Entscheidung folgenden fünf Tage die Möglichkeit eröffnet, entweder den Arbeitnehmer zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen („readmisión“) oder diesen abzufinden („indemnización“). Verstreicht diese Frist ungenutzt so gilt dies als Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers. Im Falle einer Abfindungszahlung ist deren Höhe mit 33 Tagesgehältern pro Jahr der Betriebsangehörigkeit zu berechnen; maximal sind 24 Monatsgehälter zu bezahlen.

In beiden Fällen – Weiterbeschäftigung und Abfindungszahlung – hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Leistung einer Übergangszahlung in Höhe seines regulären Gehalts („salarios de tramitación“) für die Zeit zwischen Kündigung und Wiedereingliederung bzw. Bekanntgabe der gerichtlichen Entscheidung. Wird das Urteil erst mehr als 70 Werktage nach Klageerhebung verkündet, kann der Arbeitnehmer vom Staat die Übernahme der Übergangszahlung verlangen, sofern sie diesen Zeitraum überschreitet.

Die Nichtigkeit einer Kündigung wird im Falle von Kündigungsverboten erklärt, sofern:

  • die Kündigung diskriminierend ist
  • die Kündigung wesentliche Grundrechte und Grundfreiheiten verletzt, so zB. bei unzulässiger Kontrolle des e-mail-Verkehrs des Arbeitnehmers
  • die Kündigung oder deren Wirksamwerden während der Aussetzung des Arbeitsverhältnisses („suspensión del contrato de trabajo“) bei Mutterschaft oder risikoreicher Schwangerschaft oder generell während der Schwangerschaft erfolgt.
  • die Kündigung richtet sich gegen Arbeitnehmer in Stillzeit („permiso por lactancia“) oder die aufgrund Betreuung eines Kleinkindes unter sechs Jahren oder eines Behinderten nur Teilzeit arbeiten.
  • Die Kündigung richtet sich gegen Arbeitnehmer, die unbezahlte Freistellung („excedencia“) für die Erziehung eines Kleinkindes unter drei Jahren genießen oder zur Pflege eines Familienangehörigen beantragt haben.

Im Falle, dass die Kündigung als nichtig erklärt wird hat eine sofortige Wiedereingliederung des Arbeitnehmers („inmediata readmisión“) und die Nachzahlung der Gehälter ab Kündigung durch den Arbeitgeber zu erfolgen, gleich, ob die vor genannten 70 Tage überschritten werden oder nicht.

Gegen das Urteil können innerhalb von fünf Tagen Rechtsmittel eingelegt werden.

Kündigung Spanien – Einseitige Änderung des Arbeitsvertrags

Grds. hat das Unternehmen seine vertraglichen Pflichten zu erfüllen, insbesondere seinen Mitarbeitern das im Arbeitsvertrag vereinbarte Gehalt zu zahlen, wobei stets die in den Tarifverträgen für die jeweilige Position festgelegten Mindestbeträge einzuhalten sind.

Je nach den Umständen stehen den Unternehmen jedoch rechtliche Mittel zur Verfügung, um die Löhne oder die Kategorie von Mitarbeitern (categoría profesional) zu senken. Artikel 41 des Arbeitnehmerstatuts bestimmt, dass das Unternehmen das Gehalt des Arbeitnehmers senken (oder andere Aspekte wie Arbeitszeit, Gehalt oder Kategorie ändern) kann, und zwar im Rahmen des dort festgelegten Verfahrens. Diese Entscheidung darf nur aus wirtschaftlichen, technischen, organisatorischen oder produktionstechnischen Gründen getroffen werden.

Eine Gehaltskürzung oder eine Herabstufung der Kategorie  eines Arbeitnehmers stellt eine so genannte „substanzielle Änderung der Bedingungen des Arbeitsvertrags“ (Modificación sustancial de las condiciones de trabajo) dar.

Ist der Arbeitnehmer mit dieser Entscheidung nicht einverstanden, hat er zwei Möglichkeiten:

– Aufforderung zur Aufhebung des Vertrags

Wenn der Arbeitnehmer nicht daran interessiert ist, seine Stelle mit dem neuen Gehalt fortzusetzen, kann er die Beendigung des Arbeitsvertrags beantragen.

Hierfür gibt es keine gesetzliche Frist, obwohl die Rechtsprechung davon ausgeht, dass diese Maßnahme innerhalb eines Jahres nach der Mitteilung der Änderung durchgeführt werden muss. Das Unternehmen müsste seinerseits eine Entschädigung von 20 Tagen Arbeitsentgelt pro Dienstjahr zahlen

Ist das Unternehmen mit der Kündigung nicht einverstanden, kann es beim zuständigen Arbeitsgericht Einspruch erheben.

– Anfechtung der Änderung

Wenn der Arbeitnehmer der Auffassung ist, dass es keinen rechtlichen Grund für eine Gehaltskürzung nach den Kriterien gibt, die eine wesentliche Änderung der Bedingungen des Arbeitsvertrags zulassen, kann er die Entscheidung des Arbeitgebers anfechten.

Der Mitarbeiter kann sich dabei direkt an das zuständige Arbeitsgericht wenden, ohne zuvor einen Schlichtungsantrag stellen zu müssen. Dies allerdings in einer Frist von 20 Arbeitstagen nach Erhalt der Mitteilung seitens des Arbeitgebers. 

Es handelt sich um ein Eilverfahren, d. h. das Gericht hat ab dem Tag, an dem die Klage zur Bearbeitung zugelassen wird, 5 Tage Zeit für die Anhörung und außerdem 5 Tage Zeit für den Erlass eines Urteils nach der Anhörung. Dieses Urteil ist sofort vollstreckbar.

Ist der Richter der Ansicht, dass die Änderung ungerechtfertigt ist, so ordnet er an, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wieder in seine früheren Arbeitsbedingungen einstellt und ihm den durch die Änderung entstandenen Schaden ersetzt. Wenn die Änderung der wesentlichen Arbeitsbedingungen die berufliche Würde des Arbeitnehmers beeinträchtigt, kann der Arbeitnehmer außerdem eine Entschädigung verlangen.

Sofern dann der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen würde, könnte die Kündigung als unwirksam angesehen werden.

Kündigung Spanien und Insolvenz

In Fällen, in denen Unternehmen unverschuldet in die Insolvenz geraten, was in einem entsprechenden Verfahren nachgewiesen werden muss, kann der Mitarbeiter sich an eine Einrichtung des Ministeriums für Arbeit und soziale Sicherheit (FOGASA oder Fondo de Garantía Salarial (Lohngarantiefonds)) wenden, „die den Arbeitnehmern den Erhalt des Lohns sowie eine Entschädigung bei Entlassung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses garantiert, solange die Zahlung aufgrund eines Insolvenz- oder Konkursverfahrens des Arbeitgebers aussteht”.

Der FOGASA wird mit öffentlichen Geldern finanziert und zahlt die Entschädigung, wenn der Arbeitgeber bestimmte Bedingungen nicht erfüllt.  FOGASA kommt u. U. auch für die Zahlung ausstehender Löhne aufgrund von Insolvenz oder Insolvenzverfahren im Unternehmen auf.

©2018 Verfasser Kündigung Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht