Vorratsgesellschaft Spanien

vorratsgesellschaft spanienDer Artikel Vorratsgesellschaft Spanien stellt die Vor- und Nachteile einer Umgründung im Verhältnis zur Neugründung einer spanischen Kapitalgesellschaft dar.

Mantel- oder Vorratsgesellschaft Spanien

Die häufig als Synonym verwendeten Begriffe bergen einen erheblichen Unterschied, denn eine Mantelgesellschaft war in der Vergangenheit bereits operativ tätig. Nach Einstellung der Geschäftsaktivitäten existiert die Gesellschaft nur noch auf dem Papier, wenn Sie auch wie die Vorratsgesellschaft im Handelsregister eingetragen ist, alljährlich die Abschlüsse dort einreichen und die Körperschaftsteuererklärung abgeben muss.

Allerdings besteht allenthalben bei einer Vorratsgesellschaft die Garantie, dass diese Gesellschaft noch nie wirtschaftlich tätig war und damit keine Probleme aus der Vergangenheit vorliegen können.
Teilweise kaufen spezialisierte Unternehmen, aber auch Anwälte, insolvente spanische S.L. oder S.A. auf, entnehmen ggf. die Aktiva und verkaufen die Gesellschaft als spanische Vorratsgesellschaft.

Die Prüfungskosten möglicher Altlasten im Rahmen des Erwerbs einer Mantel-S.L. oder S.A. können erheblich sein und ein Restrisiko ist nicht auszuschließen. Steuerverfahren oder andere rechtswidrige Sachverhalte aus der Vergangenheit können erst nach Jahren sichtbar werden und es kann eine Geschäftsführerhaftung beim Erwerber entstehen.

Motivation Vorratsgesellschaft

Seitens Interessenten an einer Vorratsgesellschaft in Spanien wird gelegentlich das Erfordernis einer sofortigen Nutzung angeführt.
Dabei wird verkannt, dass eine Umgründung der S.L. oder der S.A. notwendig ist. Nicht nur, dass eine notarielle Beurkundung einer Satzungsänderung zur Modifizierung des Zwecks und des Sitzes erforderlich ist, wesentlich problematischer ist die Änderung der Geschäftsführung. Denn bis die notarielle Urkunde über den Geschäftsführerwechsel im Handelsregister eingetragen ist, ist die spanische Gesellschaft idR. nicht handlungsfähig, denn mit der Abberufung der bisherigen Geschäftsführung der Vorratsgesellschaft akzeptieren die Banken die neue Geschäftsführung erst mit Eintragung im Handelsregister. Dies kann zwar auf die Weise gelöst werden, dass  neben der alten Geschäftsführung der spanischen Vorratsgesellschaft Prokura erteilt und bis zur Eintragung des neuen Geschäftsführers eingetragen bleibt, idR. bestehen aber solche Prokura bei Vorratsgesellschaften nicht.

Das Argument der sofortigen Verfügbarkeit ist also hinfällig und auch ein bestehendes Bankkonto der Vorratsgesellschaft in Spanien hilft nicht weiter. Das bei der Gründung verwendete Konto auf welches das Kapital eingezahlt ist, kann für den Geschäftsverkehr in Spanien nicht ohne Weiteres verwendet werden. Für die Einzahlung des Stammkapitals wird bei jeder spanischen Bank ein temporäres Sperrkonto eröffnet, das speziell für die Gründung genutzt wird. Nach der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister wird dann in der Regel ein neues reguläres Geschäftskonto eröffnet. Regelmäßig vergeben Banken dabei eine neue Kontonummer für das reguläre Firmenkonto, sobald das Konto aktiv für den operativen Geschäftsbetrieb freigegeben wird.
Aber selbst wenn ein reguläres Konto besteht, so wird dies regelmäßig wenn es inaktiv bleibt, also nicht genutzt wird – was bei einer Vorratsgesellschaft schließlich der Fall ist – blockiert oder gekündigt.
Darüber hinaus verlangen aufgrund der spanischen Geldwäschebestimmungen die Banken grds. zur Einrichtung der neuen Zeichnungsberechtigung ein persönliches Erscheinen der neuen Geschäftsführung. So muss dieser zwar zur Umgründung selbst nicht anreisen, sodann aber nach deren Eintragung.

Aber auch zu einer Neugründung ist eine Anreise nicht erforderlich. Die Neugründung kann problemlos in vollmachtloser Vertretung durch das beauftragte Anwaltsbüro, mit nachfolgender Ratifizierung durch den Geschäftsführer und Erwerber der Geschäftsanteile oder Aktien am jeweiligen Sitz im Ausland erfolgen.

Eine weitere Motivation des Erwerbs der Geschäftsanteile einer Vorratsgesellschaft in Spanien ist die vermeintliche Anonymität der Gesellschafter. Denn grds. werden nur die Gründungsgesellschaft im Handelsregister eingetragen und Änderungen der Gesellschafterstruktur finden nur im Gesellschafterbuch Niederschlag.
Aufgrund der Geldwäschebestimmungen ist allerdings seit einigen Jahren der so genannte „wahre Berechtigte“ in notarieller Urkunde zu erklären.
Wenn ein Gesellschafterwechsel stattfindet, insbesondere durch Verkauf der Anteile einer Kapitalgesellschaft, prüfen Banken im Rahmen der geltenden spanischen Geldwäschevorschriften (Ley 10/2010 und Real Decreto 304/2014) folgende Punkte:

  1. Prüfung der wirtschaftlich Berechtigten („Titular Real“)

D.h., die Bank muss stets wissen, wer letztlich Eigentümer und Kontrolle ausübende Person der Gesellschaft ist („beneficiario efectivo“).Bei einem Anteilskauf verlangt die Bank daher die notarielle Urkunde über den Anteilskauf (“Escritura de compraventa de participaciones”), ggf. eine aktualisierte Gesellschafterliste („libro de socios“) und Identifikationsunterlagen der neuen Gesellschafter (Personalausweis, Wohnsitznachweis etc.).

Grds. wird auch die Erklärung des wirtschaftlich Berechtigten („declaración del titular real“) verlangt.

  1. Dokumentation und Herkunft der Mittel („origen de fondos“)

Die Bank kann Nachweise über die Herkunft der für den Anteilskauf verwendeten Gelder verlangen, insbesondere Kontoauszüge, Kaufverträge, Finanzierungsnachweise.

Das gilt vor allem, wenn es sich um einen größeren Betrag handelt, der Käufer aus dem Ausland stammt oder die Struktur komplex erscheint (z. B. Kauf durch eine andere Gesellschaft).

  1. Meldepflichtige Transaktionenn.

Wenn bei der Bank Verdachtsmomente auf Geldwäsche bestehen (z. B. ungewöhnliche Transaktionen, undurchsichtige Eigentümerstrukturen), ist sie gesetzlich verpflichtet, eine Meldung an die „SEPBLAC“ (spanische Geldwäsche-Meldestelle) zu erstattet.

Das bedeutet, das Bankkonto bleibt häufig blockiert, bis alle Unterlagen zur Identität, Berechtigung und Mittelherkunft vorliegen.

Hindernisse Vorratsgesellschaft Spanien

Nicht bedacht wird zumeist beim Interesse an einer spanischen Vorratsgesellschaft, dass im Rahmen der Beurkundung des Anteils- oder Aktienkaufs für den Käufer, sei es nun eine natürliche oder eine juristische Person, eine spanische Ausländeridentnummer (NIE) bzw. eine spanische Steuernummer (NIF) erforderlich ist. Ebenso benötigt der neu ernannte Geschäftsführer eine spanische „NIE“.
Somit ist das Argument der sofortigen Verfügbarkeit hinfällig, denn gleich, ob deren Beantragung im Ausland bei der spanischen Botschaft oder einem Konsulat erfolgt, oder aber in Spanien mittels notarieller Vollmacht des neuen Geschäftsführers wie auch des neuen Gesellschafters, welche der Überbeglaubigung mit Apostille bedürfen, vergehen in jedem Fall mehrere Wochen. Anderslautende Aussagen oder Werbung sind schlichtweg falsch und irreführend.
Eine Werbung „ready to use“ ist aus hiesiger Sicht irreführend. Dies bedeutet jedenfalls nicht sofort verwendbar, soweit es das Bankkonto betrifft. Die Gesellschaft selbst mag formal sofort einsatzbereit sein (eingetragen, mit Steuernummer (NIF), Geschäftsführer, etc.). Das Bankkonto hingegen ist grds. nicht sofort verwendbar, bis die neuen Eigentümer und Geschäftsführer vollständig identifiziert und geprüft sind.
Ein Kontozugriff kann nur durch legitimierte Personen erfolgen. Das ursprüngliche Konto ist, sofern aktiv, auf die Firmierung der Vorratsgesellschaft eröffnet und der Zugriff zumeist auf den eingetragenen Geschäftsführer der Vorratsgesellschaft beschränkt. Dritte können Zugriff erhalten durch notariell beurkundete und in Handelsregister („Registro Mercantil“) eingetragene Vollmachten.
Wie o. a. ändern sich die wirtschaftlich Berechtigten sobald die Vorratsgesellschaft verkauft wird. Die Bank ist gesetzlich verpflichtet, in solchen Fällen die neuen Gesellschafter zu identifizieren, deren Dokumente zu prüfen (KYC) und ggf. die Herkunft der Gelder zu erfragen (Geldwäscheprävention). Bis diese Prüfung abgeschlossen ist, kann das Konto VOM ERWERBER NICHT genutzt werden.

Nach dem Verkauf muss der neue Geschäftsführer („administrador“) bei der Bank erscheinen (oder notariell legitimiert handeln), um Zugriff auf das Konto zu erhalten.

Manche Banken verlangen zusätzlich die vorherige Eintragung im Handelsregister.

Selbst wenn der Verkäufer versichert, das Konto sei „sofort einsetzbar“, wird die Bank in Fällen solcher Vorratsgesellschaften regelmäßig keine Transaktionen zulassen, bevor sie ihre interne Compliance-Prüfung abgeschlossen hat. All dies verschweigen oder „verwässern“ Verkäufer von Vorratsgesellschaften gerne.

 

Fazit: Aus hiesiger über 30-jähriger Erfahrung in Gesellschaftsgründungen und Umgründungen von spanischen Kapitalgesellschaften kommt eine dortige Vorratsgesellschaft höchst selten zur Verwendung. In der Regel ergeben sich keinerlei zeitliche Vorteile gegenüber der Neugründung, welche erheblich kostengünstiger und risikolos ist. Verjährungen in Steuerangelegenheiten können im Einzelfall über die Regelverjährung von 4 Jahren erheblich hinausgehen, es kann zur Durchgriffshaftung kommen.
Allenthalben ein Grund kann in wenigen Ausnahmefällen für eine spanische Vorratsgesellschaft sprechen. Zwar wird im Rahmen einer Neugründung eine spanische Steuernummer umgehend erteilt, allerdings kann die Erteilung einer spanischen Umsatzsteueridentifikationsnummer zur Ausstellung international adressierter Rechnungen im Einzelfall Monate dauern.

©2015 Verfasser Vorratsgesellschaft Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht