Mit dem Fortschritt der digitalen Kommunikation wird das Arbeiten aus der Ferne zunehmend von Unternehmen genutzt. Während bis vor kurzem die Verrichtung der Arbeit für einen Arbeitgeber von der Wohnung des Arbeitnehmers aus lediglich eine Option für Berufstätige in einigen wenigen Branchen war, wurde bereits vor der Coronapandemie von einigen Unternehmen Homeoffice bspw. für einen Tag pro Woche zum konzentrierteren Arbeiten, aus familiären, gesundheitlichen oder sonstigen Gründen angeboten. Neuerdings ermöglichen Unternehmen kontinuierliche Fernarbeit, so z.B. wenn sie aufgrund von Fachkräftemangel am Betriebsort keine Mitarbeiter finden. Die Corona-Pandemie hat schließlich dazu geführt, dass viele Arbeitnehmer anstatt im Unternehmen zu arbeiten, ihre Tätigkeiten nun dauerhaft und teilweise vollständig für dieses aus dem Home-Office oder als „digitale Nomaden“ von jedwedem frei gewählten Ort aus erbringen. Dies erfolgt, über Zeiträume einer sogenannten „Workation“ hinaus, vermehrt auch aus dem Ausland. Der Beitrag “Mitarbeiter in Spanien” erläutert zu den Möglichkeiten der Durchsetzung und Problematiken des Wunsches einer Anstellung im Ausland ohne Betriebsstätte oder Niederlassung.
Mitarbeiter in Spanien – Beibehalt Sozialversicherung
Während der Coronapandemie hatten die EU-Mitgliedstaaten Sonderregelungen für die grenzüberschreitende Telearbeit vereinbart. Das Arbeiten im Homeoffice sollte nicht zu einem Wechsel der Zugehörigkeit der bisherigen Sozialversicherung führen. Diese COVID-Sonderregelungen endeten zum 30.06.2023. Nach Ausarbeiten einer weiteren Ausnahmevereinbarung für die neue Realität der Telearbeit durch die EU ist am 1. Juli 2023 ein multilaterales Rahmenübereinkommen, zunächst für eine Dauer von fünf Jahren, in Kraft getreten, welches sich nach 2028 automatisch um weitere fünf Jahre verlängert. Demnach führt grenzüberschreitende Telearbeit zu einer Änderung der zuständigen Sozialversicherung, wenn 50 % oder mehr der Berufstätigkeit aus dem Home-Office im Ausland gearbeitet wird und keine andere Regelung zur Anwendung kommt.
Art. 1 der multilateralen Rahmenvereinbarung definiert „grenzüberschreitende Telearbeit“ als jede Tätigkeit, die von jedem beliebigen Ort aus ausgeübt werden kann, sofern sie sich auf Informationstechnologie stützt, um mit dem Arbeitsumfeld des Arbeitgebers oder des Unternehmens in Verbindung zu bleiben.
Die Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit hat Leitlinien zur Telearbeit veröffentlicht, die von den Mitgliedstaaten auf grenzüberschreitende Telearbeit angewendet werden sollen.
Grds. gilt gemäß der Verordnung (EG) 883/2004 vom 29. April 2004 bei einer grenzüberschreitenden Telearbeit von mindestens 25%, der als “wesentlicher Teil” der Arbeit definiert ist, im Wohnortstaat des Arbeitnehmers das dortige Sozialversicherungsrecht.
Ausnahmevereinbarungen auf Basis der Rahmenvereinbarung können nur zwischen zwei Unterzeichnerstaaten geschlossen und nur angewendet werden, wenn der Sitz des Unternehmens, in der die Tätigkeit üblicherweise ausgeübt wird, in einem der beiden Staaten und der Wohnsitz mit Telearbeit im jeweils anderen Staat liegt, sowie der Umfang der Telearbeit zwischen 25% und weniger als 50% der Gesamtarbeitszeit beträgt.
Ein Beibehalt der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften des Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat ist desweiteren nur dann möglich, wenn im Falle von Beschäftigungen bei mehreren Arbeitgebern, diese den Firmensitz im selben Staat haben.
Die Rahmenvereinbarung betrifft also ausschließlich Sachverhalte bei denen die Telearbeit weniger als 50% der Gesamtarbeitszeit beträgt und zieht damit gleich mit den Steuerregeln, die eine Änderung der Steuerpflicht ab 183 Tagen mit sich bringen. Über 50 % Telearbeit führt zu einer Zuständigkeitsänderung der Sozialversicherung, die nur durch einen Antrag auf Ausnahmevereinbarung nach Art. 16 der VO (EG) Nr. 883/2004 gelöst werden kann. Wenn also keine Ausnahmevereinbarung möglich ist, hat auf Grund der Beschäftigung in zwei Staaten eine Festlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit gemäß Art. 13 der VO (EG) Nr. 883/2004 durch den zuständigen Träger des Wohnortstaats zu erfolgen (Entsendung).
Ein Antrag auf eine solche Ausnahme ist vom Arbeitgeber in dem Staat zu stellen, dessen Sozialversicherungsrecht angewendet werden soll. In Deutschland ist dies der GKV Spitzenverband – Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (SVKA).
Anträge können rückwirkend mit Wirkung ab dem 1. Juli 2023 bis spätestens 30. Juni 2024 gestellt werden, soweit die Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum durchgängig in Deutschland entrichtet worden sind.
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Verlegen Arbeitnehmer, die bereits bei einem deutschen Unternehmen angestellt sind, ihre Tätigkeit ins Home-Office im Ausland oder werden Mitarbeiter unmittelbar im Ausland eingestellt oder nach dort entsendet, so führt dies zu verschiedenen, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen sowie vor allem auch steuerlichen Folgen sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer.
Zur Vermeidung solcher Folgen, insbesondere aber steuerlicher Art, veranlassen manche Unternehmer zum rechtswidrigen Vorschlag des Wegs in die (Schein-) Selbständigkeit oder zur Nutzung eines „Employer of Record“. Eines der wesentlichen Argumente mit dem solche Anbieter ausländische Unternehmen zur Nutzung ihres Services zu überzeugen versuchen, ist u. a. das der Umgehung einer Betriebsstätte im Ausland durch den im „Home-Office“ tätigen Mitarbeiter.
Mitarbeiter in Spanien – Betriebsstätte Home-Office
Unter Homeoffice wird ein Arbeitsraum in einer Wohnung, also ein Büro oder sonst für die Arbeit angepasster Raum verstanden, ist mittlerweile ein Synonym für Telearbeit oder mobiles Arbeiten und wird begrifflich für die Arbeit von der Wohnung des Arbeitnehmers aus verwendet.
Homeoffice in der Form der „Tele“-Arbeit, also unter Verwendung von Informations- und Kommunikationsmitteln zur Erledigung von Arbeitsaufgaben, ist seit der Novellierung der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) in Deutschland gesetzlich definiert. In Spanien regelt dies das Telearbeitsgesetz.
Die für einen ausländischen Arbeitgeber wohl weitreichendste Auswirkung des mobilen Arbeitens des Arbeitnehmers aus dem Homeoffice, ist die – ungewollte und unbeabsichtigte – Begründung einer steuerlichen Betriebsstätte im Ausland, die sog. Homeoffice Betriebsstätte.
Denn im Falle, dass durch grenzüberschreitendes mobiles Arbeiten eine Betriebsstätte im Ausland begründet wird, folgt daraus eine beschränkte Steuerpflicht des ausländischen Arbeitgebers nach dem Recht am Ort der Betriebsstätte. Das führt dazu, dass den deutschen Arbeitgeber Registrierungs- und Deklarationspflichten im Hinblick auf seine dortige Unternehmenstätigkeit treffen und ggf. Gewinne nach Zuordnung zur Betriebsstätte dort versteuert werden müssen.
Der deutsche Arbeitgeber hat zudem lohnsteuerliche und, sofern es sich nicht um eine Entsendung handelt, auch sozialversicherungsrechtliche Pflichten im Ausland zu erfüllen, ebenso wie auch den Arbeitnehmer nach den lokalen Rechtsordnungen und in Übereinstimmung mit den einschlägigen DBA Pflichten treffen.
Neben der Gefahr der Besteuerung ist damit schließlich auch ein hoher administrativer Aufwand verbunden.
Ob eine solche Betriebsstätte begründet wird, richtet sich nach einer Gesamtschau der nationalen Regelungen Deutschlands und des betreffenden ausländischen Staates sowie nach den einschlägigen internationalen bzw. bilateralen Regelungen, d.h. Verlautbarungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Zu betrachten ist also immer die konkrete Fallgestaltung.
Eine Betriebsstätte kann durch ein Homeoffice begründet werden, wenn dieses regelmäßig und auf gewisse Dauer auf Verlangen des Arbeitgebers zu Ausübung von Unternehmenstätigkeiten genutzt wird. Die erforderliche Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die Privatwohnung als feste Geschäftseinrichtung besteht jedoch nicht, wenn der Arbeitnehmer jederzeit die Möglichkeit der Nutzung eines Arbeitsplatzes im Unternehmen hat.
Ausländische Finanzverwaltungen legen das Kriterium der Verfügungsmacht zum Teil restriktiv aus. Da nicht alle Staaten die Kriterien gleichermaßen auslegen, entsteht im Hinblick auf die ggf. weitreichenden Folgen einer solchen Betriebsstättenbegründung eine große Rechtsunsicherheit bei entsprechend tätigen Unternehmen.
Blickt man auf die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit zwischen Deutschland und Spanien, zeigt sich, dass spanische Finanzämter die ausländischen (also hier ggf. deutschen), nicht nur das Home-Office betreffenden Betriebstätten dort grundsätzlich wie folgt definieren:
Eine natürliche oder juristische Person erzielt Einkommen aus wirtschaftlichen Tätigkeiten über eine Betriebsstätte im spanischen Hoheitsgebiet, wenn sie dort gleich unter welcher Bezeichnung, gewöhnlich oder ständig, über Arbeitseinrichtungen oder Arbeitsplätze jeglicher Art verfügt und dort ihre gesamte oder Teile ihrer Tätigkeit ausübt (oder wenn sie dort durch einen bevollmächtigten Vertreter handelt, der im Namen und für Rechnung des steuerlich Nicht-Ansässigen („No-Residente“) Verträge abschließt und die benannten Befugnisse gewöhnlich ausübt, sog. Vertreterbetriebsstätte, s.o.).
Nebentätigkeiten oder vorbereitende Tätigkeiten sind – wie auch nach den Kriterien der OECD und Deutschlands – für das Vorliegen einer Betriebsstätte grds. nicht ausschlaggebend, da die Tätigkeit der Betriebsstätte einen wesentlichen und bedeutenden Teil der Tätigkeit des Unternehmens als Ganzes darstellen muss.
Mit anderen Worten: Die von der Betriebsstätte ausgeübten Tätigkeiten müssen unabhängig von ihrem produktiven Charakter zum Kerngeschäft des Unternehmens gehören.
Folglich können alle Tätigkeiten, die nicht zum Kerngeschäft gehören, als Hilfstätigkeiten oder vorbereitende Tätigkeiten angesehen werden.
Die Frage, ob ein deutsches Unternehmen aufgrund der Homeoffice Tätigkeit eines Mitarbeiters aus Spanien heraus dort über eine Betriebsstätte verfügt, kann entsprechend der obigen allgemeinen Ausführungen nicht generell beantwortet werden, da sie von Fall zu Fall geprüft werden muss.
Unter einer festen Geschäftseinrichtung ist eine Einrichtung oder eine Reihe von Einrichtungen zu verstehen, welche für die Ausübung der Tätigkeit des Unternehmens genutzt werden, sofern das Recht besteht, diese uneingeschränkt zu nutzen. Unter diesen Voraussetzungen kann es sich um eine dauerhafte Einrichtung eines Unternehmens handeln, das aufgrund dessen im anderen Staat ansässig ist. Entscheidend ist, dass die Räumlichkeiten dauerhaft und kontinuierlich zur Verfügung gestellt werden, so dass eine Wohnung, von der aus ständig remote Telearbeit geleistet wird, als Betriebsstätte betrachtet werden könnte. Der insoweit wichtigste Punkt, um zu qualifizieren, ob das Unternehmen tatsächlich über eine Betriebsstätte im anderen Staat verfügt, ist die Prüfung, ob die unternehmerische Tätigkeit ganz oder teilweise von diesem anderen Staat aus ausgeübt wird.
Weder die OECD noch die spanische Generaldirektion für Steuern (Dirección General de Tributos) haben bislang die Probleme, die sich aus solcher Arbeit aus der Distanz ergeben können, eingehend untersucht und einschlägige Regelungen geschaffen, so dass weiterhin jeder einzelne Fall einer gesonderten Analyse bedarf.
Mitarbeiter in Spanien – Pflichten des deutschen Arbeitgebers – Lohnsteuer und Sozialversicherung
Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses sind sozialversicherungsrechtliche und steuerliche Pflichten des Arbeitgebers untrennbar mit denen des Arbeitnehmers verbunden. Denn der – auch ausländische, nicht in Spanien niedergelassene – Arbeitgeber muss in Spanien den Lohnsteuereinbehalt nach spanischen Lohnsteuersätzen für seine dort ansässigen Mitarbeiter vornehmen, die einbehaltenen Lohnsteuern in Spanien nach jedem Quartal mittels Steuerformular 111 erklären und abführen. Nach Abschluss des Jahres muss er eine informatorische Erklärung mittels Steuerformular 190 über die insgesamt, während dieses Jahres, vom Gehalt einbehaltenen und abgeführten Lohnsteuern abgeben und dem Arbeitnehmer eine Bestätigung über diese einbehaltenen und an das spanische Finanzamt abgeführten Beträge ausstellen. Um dem Arbeitgeber ermöglichen zu können, den Abzug korrekt zu berechnen, übersendet er dem Arbeitnehmer das Formular Modelo 145, in dem der Arbeitnehmer sämtliche, nach spanischem Einkommensteuerrecht für den Abzug wesentlichen Informationen übermittelt.
Diese Abzugsbescheinigung („certificado de retenciones“) zu deren Ausstellung der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet ist, ist ein wichtiges Dokument für den Arbeitnehmer, da sie eine wesentliche Information für dessen Steuererklärung enthält. Denn der Arbeitnehmer zieht seinerseits vom Gesamtbetrag der Steuererklärung alle Beträge ab, die der Arbeitgeber für ihn im Laufe des Jahres bereits als Steuerabzüge an die Steuerbehörde gezahlt hat.
Tatsächlich dient die Bescheinigung über diese Abzüge auch dem Zweck, überprüfen zu können, ob die Angaben des Arbeitgebers mit den bei der Steuerbehörde bekannten Angaben übereinstimmen. Denn dem spanischen Finanzamt ist der wesentliche Teil der Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus den unterschiedlichen Einkunftsarten aufgrund der Vielzahl der dort vorliegenden Informationen bereits bekannt. Dies gilt jedenfalls für Einkünfte aus Arbeitseinkommen, aus Immobilienvermögen, die dem Steuerabzug unterliegen, aus Immobilieneinkünften mit maximal zwei Immobilien, aus Kapitalerträgen, die einem Steuerabzug oder einer Abschlagszahlung unterliegen, sowie erhaltenen Zuschüssen für den Erwerb eines Hauptwohnsitzes. Daraus folgt, dass das Finanzamt den Steuerpflichtigen den Entwurf ihrer Steuererklärung bereits online zur Verfügung stellt, die auch von der Mehrzahl der Steuerzahler unmittelbar akzeptiert wird. Gleiches gilt für die Erklärungen der minderjährigen Kinder und des Ehegatten oder unverheirateten Partners im Falle einer gemeinsamen Steuererklärung, die allerdings zur Einsichtnahme beider Zugangscodes bedarf.
All dies ist ausländischen Arbeitgebern häufig nicht bekannt und führt in manchen Fällen zum unrechtmäßigen Vorschlag seitens des im Ausland ansässigen Arbeitgebers, zur Auszahlung von Bruttogehältern an Arbeitnehmer. Bruttobeträge, die darüber hinaus dann zumeist nach deutschen Steuersätzen angesetzt wurden.
Völlig fehl geht natürlich der Einbehalt deutscher Lohnsteuer und die Abfuhr nach deutschem Steuerrecht berechneter Beträge an das deutsche Finanzamt, in Fällen, in denen der Mitarbeiter aufgrund seines Wohnsitzes im Ausland, dort unbeschränkt steuerpflichtig ist, und die Auszahlung von nach deutschem Recht berechneten Nettobeträgen.
Aufgrund der unbeschränkten Steuerpflicht in Spanien können unrechtmäßig in Deutschland abgeführte Beträge auch nicht nach den Regeln der Doppelbesteuerungsabkommen in Spanien in Abzug gebracht werden, so dass eine effektive Doppelbesteuerung ohne Abzugsmöglichkeit der im anderen Land abgeführten Beträge im Raum stehen könnte.
Die nicht erfolgte Steuerzahlung in Spanien führt in jedem Fall zu einer Anhäufung der Steuerbeträge und bei Fristversäumnis ggf. zu zusätzlichen Strafen und Zinsen.
Sofern bei der Abgabe einer Steuererklärung durch den Arbeitnehmer dieser in Spanien den vollen Bruttobetrag einsetzt, sieht das spanische Finanzamt den entsprechenden Betrag, aufgrund des Verstoßes gegen die Verpflichtung zum Einbehalt der Lohnsteuer, als Nettobetrag an und fordert in der Folge von dem Arbeitgeber noch höhere Steuern und Strafen ein, als aufgrund der realen Beträge zu zahlen wären.
Wenn dabei die von dem Arbeitnehmer erklärten Beträge aufgrund fehlender quartalsmäßiger Lohnsteuererklärung und fehlender Abgabe der informatorischen Jahreserklärung mit Modell 190, nicht mit einer Zahlperson mit spanischer Steuernummer (NIF) abgestimmt werden können, ergeht die Aufforderung an den Arbeitnehmer den Arbeitgeber zu benennen. Und damit nimmt das Steuerverfahren für den Arbeitgeber seinen Lauf.
Nur in Ausnahmefällen kommt es nicht zur Verpflichtung des Lohnsteuereinbehalts durch den Arbeitgeber. Das spanische Einkommensteuerrecht legt quantitative Ausschlussgrenzen fest, d. h. jährliche Höchstbeträge, unterhalb derer die Quellensteuer nicht erhoben werden muss. Diese Grenzen hängen von der persönlichen und familiären Situation des Steuerpflichtigen ab, z. B. von der Zahl der unterhaltsberechtigten Kinder oder Nachkommen. Wenn das Einkommen diese Grenzen nicht überschreitet, ist das Unternehmen gemäß Art. 81 des Real Decreto 439/2007, de 30 de marzo, por el que se aprueba el Reglamento del Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas nicht verpflichtet, Steuern einzubehalten. Dies aber nur bei Einkommen, die unter einer Spanne von ca. 15.000,00 – 19.000,00 Euro jährlich liegen.
Für unbefristete Verträge legen die Steuerbehörden je nach Einkommen des Arbeitnehmers bestimmte Steuerklassen fest, die progressiven Charakter haben, d. h. je mehr der Arbeitnehmer verdient, desto mehr Einkommensteuer wird als Lohnsteuer einbehalten. Die folgenden Zahlen sind nur orientativer Natur, da der Steuersatz sich aus einem staatlichen Teil und einem durch die Gebietsautonomie der Ansässigkeit festgelegten Satz zusammensetzt:
Bis zu 12 450 Euro: 19 %
Von 12 450 Euro bis 19 999 Euro: 24 %
Von 20.200 Euro bis 35.199 Euro: 30 %
Von 35 200 Euro bis 59 999 Euro: 37 %
Von 60 000 EUR bis 299 999 EUR: 45 %
Über 300 000 EUR: 47 % Einbehalt.
In Fällen, in denen der Arbeitnehmer verpflichtet ist, eine persönliche Einkommensteuererklärung abzugeben, besteht die Strafe aus einer proportionalen Geldbuße in Höhe von 35 % der Differenz zwischen dem korrekten Steuerabzug und dem tatsächlichen Steuerabzug. Ist der Arbeitnehmer aufgrund eines zuvor ausgeführten niedrigen Einkommens nicht verpflichtet eine Einkommensteuererklärung abzugeben, wird der Verstoß des nicht erfolgten Lohnsteuereinbehalts sogar als sehr schweres Vergehen seitens des Arbeitgebers betrachtet, das mit Geldbußen bis zu 150 % der oben genannten Differenz geahndet werden kann.
In solchen Fällen sollten Unternehmen frühzeitig die Vergangenheit regulieren und Nachtragserklärungen einreichen. Auf diese Weise wird ein Verspätungszuschlag erhoben, der aufgrund freiwilliger Regulierung geringer ist als die Beträge, die sich aus den oben genannten Sanktionen ergeben.
Meist gehen diese lohnsteuerlichen Problematiken mit solchen der Sozialversicherung einher. Zwar können Sozialversicherungsbeträge für einen gesetzlich geregelten Zeitraum in Fällen einer Entsendung weiter im Ausland, also z. B. in Deutschland, entrichtet werden. Erfolgt jedoch keine Entsendung, oder überschreitet diese den gesetzlich bestimmten Zeitrahmen, ist die Eröffnung eines Sozialversicherungskontos für den ausländischen Arbeitgeber und die nachfolgende Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge zwingend. Bei Versäumnis des Arbeitgebers besteht insoweit die Problematik, dass, anders als im Steuerrecht, eine freiwillige Regulierung seitens des Arbeitgebers bislang durch die spanischen Behörden nicht anerkannt werden. Dies bedeutet, dass in diesen Fällen eine Selbstanzeige nicht möglich ist, sondern die Regulierung vorab einer Anzeige des Sachverhalts durch den Arbeitnehmer bedarf.
Fazit Mitarbeiter in Spanien
Das Argument, die Nutzung eines „Employer of Record“ zur Vermeidung einer Betriebsstätte im Ausland durch den im „home-office“ tätigen Mitarbeiter, welche die Gründung einer ausländischen Tochtergesellschaft notwendig mache, sei daher eine bessere, schnellere und günstigere Alternative entspricht nicht den Tatsachen. Denn die Gründung einer Tochtergesellschaft in Spanien zur Anstellung eines Mitarbeiters ist nicht erforderlich, womit auch die Einschaltung des EOR und die damit verbundenen, ganz erheblichen Kosten vermieden werden können.
Nebentätigkeiten oder vorbereitende Tätigkeiten sind für das Vorliegen einer Betriebsstätte grds. nicht ausschlaggebend, da die Tätigkeit der Betriebsstätte einen wesentlichen und bedeutenden Teil der Tätigkeit des Unternehmens als Ganzes darstellen muss, sodass alle Tätigkeiten eines Mitarbeiters in Spanien die nicht zum Kerngeschäft gehören, grds. als Hilfstätigkeiten oder vorbereitende Tätigkeiten angesehen werden können. Nur in seltenen Fällen besteht die Gefahr einer Betriebsstätte durch das Vorhalten von Mitarbeitern in Spanien. Generell sind über das Vorhalten von Personal hinaus weitere Voraussetzungen zur Begründung einer Betriebstätte erforderlich.
Seit Jahren gibt es daneben Bestrebungen von Anbietern und Kooperativen, um „aus selbstständigen Personen Angestellte zu machen“, in dem diese sich zusammenschließen und die Leistung des Scheinselbständigen an den diesen beauftragenden Unternehmer als Service abrechnen und den Mitarbeiter selbst anstellen. Die Arbeitsaufsichtsbehörde untersagt diese Aktivitäten regelmäßig.
Die Verwendung der Figur des (Schein-) Selbständigen kann zu ganz erheblichen administrativen Konsequenzen sowie außerordentlich hohen Nachzahlungen führen, sei es in Bezug auf die Sozialversicherung oder Lohnsteueransprüchen des Finanzamts.
Eine unmittelbare Anstellung der Mitarbeiter in Spanien durch den ausländischen Arbeitgeber ist in der absoluten Mehrzahl der Fälle der sinnvolle Weg. Dieser hat zumindest in den sehr häufigen Fällen, in denen Mitarbeiter für ihren Arbeitgeber in Deutschland ihre Arbeit aus Spanien heraus erbringen möchten, einen entscheidenden Anreiz, nämlich im Wege der Entsendung die Möglichkeit der Beibehaltung der deutschen Sozialversicherung für mehrere Jahre. Darüber hinaus können sich im Einzelfall ganz erhebliche steuerliche Vorteile in Spanien für entsendetes Personal ergeben.
Natürlich erfordert die Anmeldung der Mitarbeiter in Spanien die vorherige Anmeldung des Unternehmens und einen gewissen Formalaufwand.
©2024 Verfasser Mitarbeiter in Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht