Arbeitsvertrag Geschäftsführer Spanien

Arbeitsvertrag Geschäftsführer SpanienDie Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen in Spanien ein Geschäftsführer mit Arbeitsvertrag bei einem Unternehmen angestellt werden kann, hängt eng mit der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung zusammen. Der Beitrag Arbeitsvertrag Geschäftsführer Spanien behandelt die Voraussetzungen und Möglichkeiten in diesem Zusammenhang.

Arbeitsvertrag Geschäftsführer Spanien – Anmeldung Sozialversicherung

Regelmäßig führt die korrekte Einstufung von Personen, die in einem spanischen Unternehmen arbeiten und gleichzeitig dort Gesellschafter oder Geschäftsführer sind, in die Systeme der spanischen Sozialversicherung zu Zweifeln.

Die Auswirkungen der Einstufung in das eine oder andere System sind erheblich, abgesehen von Problemen mit der Arbeitsaufsichtsbehörde, Ansprüchen auf Arbeitslosengeld, Kosten, die dem Unternehmen entstehen können, sowie auch der Möglichkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Es gibt drei mögliche Einstufungen:

  • Allgemeines System der Sozialversicherung, als Arbeitnehmer („Régimen General“).
  • Allgemeines System der Sozialversicherung, als gleichgestellte Arbeitnehmer „Asimilados“), die aber keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und nicht durch den Lohngarantiefond („Fondo de Garantía Salarial“) abgedeckt sind.
  • Sondersystem für Selbstständige („Régimen Especial de Trabajadores autónomos”), als selbstständig Erwerbstätige.

Als Grundsatz gilt, dass Geschäftsführer als selbständig Erwerbstätige, d. h. als Selbständige, anzumelden sind.

Allerdings lässt die Rechtsprechung es zu, dass ein Gesellschafter in Ausnahmefällen dann ein Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen eingehen kann, wenn es sich dabei um Arbeiten handelt, die als übliche oder gewöhnliche eingestuft werden können.
Dies ist nicht der Fall, wenn es sich um die Position eines Verwaltungsrats und die eines leitenden Angestellten („alta dirección“), also z.B. Manager, Generaldirektor usw. handelt.

In diesem Zusammenhang sind die Ausführungen eines Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 20. November 2002 zu beachten:

Handelsgesellschaften: SL oder SA

Gemäß Artikel 136 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes („Ley General de la Seguridad Social“) können die Gesellschafter, die die folgenden beiden Voraussetzungen erfüllen, in dem allgemeinen System als Arbeitnehmer angemeldet werden:

  1. Die von ihnen ausgeübten Funktionen umfassen nicht die Leitung oder die Geschäftsführung des Unternehmens.
  2. Sie üben keine Kontrolle über das Unternehmen aus
    (was im Folgenden noch erläutert wird).

Sofern diese beiden Voraussetzungen nicht erfüllt werden, müssen Geschäftsführer in Spanien als Selbständige gemeldet werden und können nicht mit Arbeitsvertrag angestellt werden.

Der Oberste Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 9. März 2022 entschieden, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt, wenn:

  • Ein Gesellschafter, der einen entscheidenden Anteil an der Gesellschaft hält (50 %), eine Arbeit verrichtet, die als Beitrag zur Gesellschaft im Zusammenhang mit der Geschäftsführung angesehen werden kann.
  • Arbeitnehmer, die dem obersten Leitungsorgan der Gesellschaft angehören und darüber hinaus Inhaber eines Drittels des Gesellschaftskapitals und einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer („Administradores Solidarios“) sind, ohne dass ihre Beziehung auf einem Arbeitsvertrag, sondern auf einer Ernennung oder Bestellung durch das oberste Leitungsorgan beruht, so dass ihre Beziehung handelsrechtlicher Natur ist.

Arbeitsvertrag Geschäftsführer Spanien – Kontrolle über das Unternehmen  

Das Gesetz 50/1998 vom 30. Dezember 1998 über steuerliche, verwaltungstechnische und sozialrechtliche Maßnahmen („Ley 50/1998 de 30 de diciembre, de Medidas Fiscales Administrativas y del Orden Social“) bestimmt, dass eine tatsächliche Kontrolle über das Unternehmen in folgenden Fällen vorliegt:

  • wenn die Anteile oder Aktien des Arbeitnehmers mindestens die Hälfte des Gesellschaftskapitals ausmachen.
  • Wenn einer der folgenden Umstände zutrifft:
    • Mindestens die Hälfte des Kapitals der Gesellschaft, für die er seine Dienste leistet, ist auf Gesellschafter verteilt, mit denen er zusammenlebt und mit denen er durch Heirat oder Blutsverwandtschaft, Schwägerschaft oder Adoption bis zum zweiten Grad verwandt ist.
    • Die Beteiligung am Gesellschaftskapital beträgt mindestens ein Drittel.
    • Die Beteiligung am Gesellschaftskapital beträgt mindestens ein Viertel, im Fall, dass die Person mit der Leitung und Geschäftsführung der Gesellschaft betraut ist.

Aber auch bei Fehlen der vorgenannten Voraussetzungen ist es der Verwaltung ermöglicht, mit jedweden anderen Mitteln nachzuweisen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich die Kontrolle über das Unternehmen hat.

Im Übrigen muss, bei Vorliegen einer dieser Umstände, der Arbeitnehmer daher zwingend als Selbständiger angemeldet werden.

Verwaltungsratsmitglieder und Geschäftsführer ohne Kontrolle über die Gesellschaft

Verwaltungsratsmitglieder und Geschäftsführer, die keine Kontrolle über das Unternehmen haben, können ein gewöhnliches Arbeitsverhältnis – d. h. einen Arbeitsvertrag – haben und als Arbeitnehmer gemeldet sein, ohne jedoch Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben oder durch den Lohngarantiefond geschützt zu sein.

Dies im so genannten gleichgestellten allgemeinen System („Régimen general asimilado“).

Im Unternehmen tätige Angehörige von Gesellschaftern

Darüber hinaus fallen auch Arbeitnehmer, die keine Gesellschafter sind, unter die Sonderregelung für Selbstständige („Régimen Especial de Autónomos”), wenn indirekt das Unternehmen effektiv kontrolliert wird:

  1. Wenn eine familiäre Beziehung besteht (Ehepartner oder Verwandte bis zum zweiten Grad der Blutsverwandtschaft, Schwägerschaft oder Adoption) und sie mit dem Mehrheitsgesellschafter des Unternehmens zusammenleben.
  2. Wenn ein Arbeitsverhältnis mit einem Unternehmen besteht, das von der Familie kontrolliert wird (die Hälfte oder mehr des Gesellschaftskapitals), und die Voraussetzungen der Verwandtschaft und des Zusammenlebens erfüllt sind.

Schließlich dürfen die Gesellschafter von Unternehmen, die keine Arbeitstätigkeit („actividad laboral“) ausüben, nicht in ein Sozialversicherungssystem einbezogen werden.

Arbeitnehmergesellschaften („Sociedades laborales”)

Arbeitnehmergesellschaften sind Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit handelsrechtlichemem Charakter, bei denen die Mehrheit des Aktienkapitals im Besitz von Arbeitnehmern ist, die persönlich und unmittelbar bezahlte Arbeitsleistungen erbringen und deren Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit angelegt ist.

In der Regel werden alle beschäftigten Arbeitnehmer im Rahmen der allgemeinen Regelung („Régimen general”) angemeldet, außer:

  1. Gesellschafter mit Führungs- und Leitungsfunktionen, sofern es sich um eine aufgrund der Satzung vergütete Position handelt oder ein leitendes Arbeitsverhältnis („Alta dirección“) besteht: Hier wird das „Régimen general asimilado“ angewandt.
  2. Gesellschafter, die zusammen mit ihrem Ehegatten und ihren Verwandten durch Blutsverwandtschaft, Schwägerschaft oder Adoption bis zum zweiten Grad, mit denen sie zusammenleben, zu mindestens 50 % am Gesellschaftskapital beteiligt sind: Hier gilt die Sonderregelung für Selbstständige, es sei denn, sie können nachweisen, dass die Ausübung der tatsächlichen Kontrolle der Gesellschaft die Einschaltung von Personen außerhalb der familiären Beziehung erfordert.

Kooperativen („Sociedades cooperativas”)

Die Einstufung im Rahmen von Genossenschaften hängt davon ab, was deren Mitglieder in der Satzung beschlossen haben.

Sobald und soweit die Entscheidung in der Satzung getroffen wurde, müssen alle Mitglieder in dasselbe System aufgenommen werden: entweder in das allgemeine oder das besondere.

Gesellschaft bürgerlichen Rechts („Sociedades civiles”)

In einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts arbeitende Gesellschafter sind im Allgemeinen System der Selbstständigen anzumelden.

©2022 Arbeitsvertrag Geschäftsführer Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht