Geschäftssitz Spanien

Der Geschäftsitz einer Gesellschaft wird in Artikel 9 des spanischen Gesetzes über Kapitalgesellschaften (LSC) definiert als „der Ort, an dem sich das Zentrum ihrer tatsächlichen Verwaltung und Leitung befindet, oder an dem sich ihre Hauptniederlassung oder ihr Hauptbetrieb befindet“.
Es handelt sich um den zentralen Sitz oder die Hauptgeschäftsstelle im rechtlichen Sinne, und seine Angabe ist einer der obligatorischen Inhalte der Satzung einer Gesellschaft. In diesem Sinne bestimmt Artikel 120 des Königlichen Erlasses 1784/1996 vom 19. Juli 1996, der die Vorschriften des Handelsregisters verabschiedet, dass der Geschäftssitz in Spanien in der Satzung zu hinterlegen ist und dieser an dem Ort auf spanischem Territorium bestehen muss, an dem vorgesehen ist, das Zentrum ihrer tatsächlichen Verwaltung und Leitung oder ihre Hauptniederlassung oder ihren Hauptbetrieb zu errichten. Die vorliegende Bearbeitung Geschäftssitz Spanien erläutert zum Ort des Unternehmenssitzes, der Verlegung und der Voraussetzungen insoweit.

Der Geschäftssitz kann nicht willkürlich festgelegt werden: Die Gründer der Gesellschaft (zum Zeitpunkt ihrer Gründung) und die Gesellschaftsorgane (nach der Gründung) können zwischen den folgenden Alternativen wählen:

  1. Dem Ort, an dem sich das „Zentrum der tatsächlichen Verwaltung und Geschäftsführung“ befindet. Dieses Zentrum ist der Ort, an dem sich das Verwaltungsorgan des Unternehmens (d.h. die Personen, welche die Entscheidungsbefugnis über die gesellschaftlichen Angelegenheiten ausüben) physisch befindet.
    Es handelt sich um einen festen Ort mit einer stabilen Struktur, in der Regel mit Geschäfts- oder Verwaltungsräumen, in denen das Unternehmen seine Unterlagen aufbewahrt (nicht unbedingt der Ort, an dem das Leitungsorgan seine Sitzungen abhält).
  1. Dem Ort, an dem sich ihre „Hauptniederlassung oder ihr Hauptbetrieb“ befindet. Die Hauptniederlassung oder der Hauptbetrieb ist die physische Basis der Gesellschaft, die als Mittel zur Verwirklichung ihres Gesellschaftszwecks dient (z.B. die Fabrik, in der die Herstellung erfolgt, das Büro im Falle der Erbringung von Dienstleistungen, etc.). Im Fall von mehreren zur Verfügung stehenden Orten müssen Kriterien wie die räumliche Dimension, das Produktionsvolumen jeder entsprechenden Betriebsstätte, die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer in den Arbeitsstätten usw. berücksichtigen werden.

Es gibt jedoch auch viele Unternehmen mit unterschiedlichen Zentren (Verwaltung, Entwicklung, Produktion usw.), bzgl. derer, aufgrund einer strategischen oder geschäftlichen Planung eine Verlegung des Gesellschaftssitzes in Spanien in Betracht kommt. In jedem Fall muss ein tatsächlicher Zusammenhang zwischen dem satzungsmäßigen Geschäftssitz in Spanien und dem Ort bestehen, an dem sich hauptsächlich die unternehmerische Geschäftstätigkeit befindet.

Der Geschäftssitz der meisten Unternehmen in Spanien stimmt mit der Adresse ihres (alleinigen) Betriebszentrums überein. In diesen Fällen fällt der Ort der tatsächlichen Verwaltung und Geschäftsführung mit dem Ort zusammen, an dem sich die Hauptniederlassung oder der Hauptbetrieb befindet.

Änderung des Geschäftssitzes – Befugnisse (Artikel 285 LSC).

Die Änderung des Geschäftssitzes in Spanien erfordert die Anpassung der Gesellschaftssatzung, wobei ein von der Hauptversammlung verabschiedeter Beschluss vorliegen muss Artikel 285.1 LSC bestimmt: „Jede Veränderung der Gesellschaftssatzung fällt in die Zuständigkeit der Hauptversammlung“).

Absatz 2 des Artikels 285 des Gesetzes über Kapitalgesellschaften sieht allerdings seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über Kapitalgesellschaften dbzgl. eine Ausnahme vor.

Der ursprüngliche Wortlaut von Artikel 285 Absatz 2 LSC bestimmte:

„Abweichend von den Bestimmungen des vorstehenden Abschnitts ist das Geschäftsführungsorgan zuständig für die Verlegung des Geschäftssitzes innerhalb desselben Gemeindebezirks, sofern in der Satzung nichts anderes bestimmt ist.“

Das Gesetz 9/2015 vom 25. Mai, über dringliche Maßnahmen in Insolvenzangelegenheiten, modifizierte Abschnitt 2, der sodann die folgende Formulierung erhielt:

„Abweichend von den Bestimmungen des vorstehenden Abschnitts ist das Geschäftsführungsorgan zuständig für die Verlegung des Geschäftssitzes innerhalb des Staatsgebiets, sofern in der Satzung nichts anderes bestimmt ist.“

Diese Formulierung war Gegenstand unterschiedlicher Meinungen in der Lehre: Da einige Satzungen die Befugnis des Verwaltungsorgans vorsahen, den Geschäftssitz „innerhalb desselben Gemeindebezirks“ zu verlegen, gingen einige spanische Handelsregister davon aus, dass das Geschäftsführungsorgan nicht über diese Befugnis hinausgehen konnte, d.h. sie legten es so aus, dass die Satzung eine „gegenteilige Bestimmung“ im Sinne von Artikel 285.2 LSC in seiner durch das Gesetz 9/2015 vom 25. Mai gegebenen Fassung enthielt.

Schließlich wurde Art. 285.2 LSC erneut geändert, dieses Mal durch den einzigen Artikel des Königlichen Gesetzesdekrets 15/2017 vom 6. Oktober:

„Abweichend von den Bestimmungen des vorstehenden Abschnitts ist das Geschäftsführungsorgan zuständig für die Verlegung des Geschäftssitzes innerhalb des Staatsgebiets, sofern in der Satzung nichts anderes bestimmt ist. Es wird nur dann davon ausgegangen, dass eine gegenteilige Bestimmung vorliegt, wenn ausdrücklich vorgesehen ist, dass das Geschäftsführungsorgan nicht über diese Befugnis verfügt“.

Darüber hinaus legt die einzige Übergangsbestimmung des Königlichen Gesetzesdekrets 15/2017 vom 6. Oktober eine Sonderregelung für Satzungen fest, die vor dem Inkrafttreten des genannten Königlichen Gesetzesdekrets verabschiedet wurden:

“Für die in Artikel 285.2 vorgesehenen Zwecke des konsolidierten Textes des Gesetzes über Kapitalgesellschaften, in der durch dieses Königliche Gesetzesdekret gegebenen Formulierung, wird eine gegenteilige Bestimmung in der Satzung nur dann als vorliegend verstanden, wenn nach dem Inkrafttreten dieses Königlichen Gesetzesdekrets eine Satzungsänderung verabschiedet wurde, die ausdrücklich festlegt, dass das Geschäftsführungsorgan nicht die Zuständigkeit dafür aufweist, den Sitz innerhalb des Staatsgebiets zu verlegen“.

Zur Klarstellung ist nach den Änderungen des Artikels 285.2 LSC mithin festzuhalten, dass die Zuständigkeit des/der Geschäftsführer bei Verlegungen innerhalb des spanischen Staatsgebiets nicht ausschließlich ist.
Das heißt, obwohl Artikel 285.2 LSC vorsieht, dass “das Geschäftsführungsorgan für die Verlegung des Geschäftssitzes innerhalb des Staatsgebietes zuständig ist”, bedeutet dies nicht, dass es nicht auch die Hauptversammlung der Gesellschafter sein kann, die ebendiese Kompetenz ausübt, da Absatz 2 des Artikels 285 LSC nicht die Zuständigkeiten der Hauptversammlung beschränken will, sondern die Verlegung des Gesellschaftssitzes in Spanien erleichtern möchte.

Zusammenfassend ist zu unterscheiden:

  1. Wenn eine Klausel der Gesellschaftssatzung die Befugnis zur Verlegung des Geschäftssitzes ausdrücklich der Hauptversammlung der Gesellschafter zuweist, ist es die Hauptversammlung und nicht das Verwaltungsorgan, das darüber entscheiden kann. In diesem Fall wird also die Befugnis nach Art. 285.2 LSC ausgeschlossen.
  1. Wenn die Gesellschaftssatzung hingegen dazu schweigt, so liegt die Befugnis zur Verlegung des Gesellschaftssitzes in Spanien, in Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung, von der Hauptversammlung und dem Geschäftsführungsorgan geteilt. In diesem Fall kann jedes dieser beiden Organe die Verlegung des Geschäftssitzes beschließen.

Geschäftssitz Spanien – Verfahren zur Verlegung

Die Vereinbarung oder der Beschluss über die Verlegung des Geschäftssitzes muss in einer öffentlichen Urkunde, mit Angabe des neuen Wortlautes des entsprechenden Artikels der Gesellschaftssatzung, verfasst sein. Im Anschluss muss die Urkunde in das Handelsregister eingetragen werden. Das Eintragungsverfahren hängt davon ab, ob der Sitz innerhalb der gleichen Provinz, in eine andere Provinz oder ins Ausland verlegt wird:

a) Verlegung des Sitzes innerhalb der gleichen Provinz (Art. 18 RRM).

Eine Verlegung des Sitzes innerhalb der gleichen Provinz wird durch die entsprechende Eintragung in das Handelsregister vermerkt, die im Fall eines Einzelunternehmers aufgrund eines schriftlichen Antrags und in allen anderen Fällen aufgrund einer öffentlichen Urkunde ausgeführt wird

b) Verlegung des Sitzes in eine andere Provinz (Art. 19 RRM)

Im Fall einer Verlegung des Geschäftssitzes von einer Provinz in eine andere verlangen die Vorschriften des Handelsregisters, dass der öffentlichen Urkunde eine wortgetreue Beglaubigung aller Eintragungen der Gesellschaft, ausgestellt durch das Ursprungshandelsregister, beigefügt ist. Die Einzelheiten finden sich in Artikel 19 der Handelsregisterverordnung geregelt. Insbesondere muss für die Eintragung in das Handelsregister des Bestimmungsortes bei diesem eine wortgetreue Bescheinigung des vom Ursprungshandelsregister ausgestellten, alle Eintragungen umfassenden Registerblattes eingereicht werden, damit diese wortgetreu in das neu zu eröffnende Registerblatt des Handelsregisters des Bestimmungsortes übertragen werden können. Diese Bescheinigung:

  • muss auch die hinterlegten Jahresabschlüsse der letzten fünf Geschäftsjahre wiedergeben
  • wird gegen Vorlage der Urkunde, die den Gesellschafterbeschluss zur Verlegung der Gesellschaft beglaubigt, (oder gegebenenfalls des Beschlusses des Verwaltungsorgans mit den legitimierten Unterschriften) beim Ursprungshandelsregister ausgestellt.
  • hat eine Gültigkeit von drei Monaten nach ihrer Ausstellung; nach deren Ablauf muss eine neue Bescheinigung beantragt werden
  • nach Ausstellen der Bescheinigung vermerkt das Ursprungshandelsregister dies in dem Dokument, aufgrund dessen die Bescheinigung beantragt wurde und nimmt die letzte Eintragung vor, was schließlich die Schließung des Ursprungshandelsregisters zur Folge hat.

Das Handelsregister des Bestimmungsortes muss:

  • den Inhalt der Bescheinigung wortwörtlich auf das neue Blatt übertragen und vermerkt die Verlegung des Sitzes in einem gesonderten Eintrag
  • anschließend von Amts wegen das Ursprungshandelsregister von der Vornahme der oben genannten Eintragungen unter Angabe der Nummer der Seite, des Blattes und des Buches, in dem sie niedergelegt sind, unterrichten; das Letztere muss einen Aktenvermerk mit den genannten Registerdaten ausstellen.

c) Verlegung des Sitzes ins Ausland (Art. 20 RRM)

Der Sitzwechsel von Spanien ins Ausland wird in Artikel 20 der Vorschriften des Handelsregisters geregelt und unterliegt besonderen Vorschriften.

 

©2021Verfasser Geschäftssitz Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht