Produkthaftung Spanien

Rechtsvergleich der Produzentenhaftung nach deutschem und spanischem Recht

Produkthaftung SpanienNeben vertraglicher Haftung kann in Deutschland wie auch in Spanien deliktische Haftung und Produkthaftung als besondere Ausprägung einer Gefährdungshaftung zur Anwendung kommen. Die Anwendbarkeit der Produkthaftung Spanien oder der einer anderen Rechtsordnung richtet sich nach der sog. „Rom II“- Verordnung (EG) Nr. 864/2007. Danach ist im Rahmen der Produzentenhaftung oder Produkthaftung grds. das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalt der geschädigten Person beim Eintritt des Schadens anwendbar, sofern das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde. Im anderen Falle gilt das Recht des Staates, in dem das Produkt erworben wurde, es sei denn, es ist auch dort nicht in Verkehr gebracht worden. Dann gilt grds. das Recht des Ortes, an dem der Schaden eingetreten ist, sofern wiederum das Produkt dort in Verkehr gebracht wurde, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass das Inverkehrbringen des Produktes in diesem Staat von der Person von der die Haftung eingefordert wird, dies vernünftigerweise auch vorhersehen konnte. Anderenfalls ist wiederum der gewöhnlichen Aufenthalt dieser Person entscheidend. In jedem Falle ist zu prüfen, ob die unerlaubte Handlung nicht mit einem anderen Staat eine engere Verbindung aufweist.

Produkthaftung Spanien

Die Produkt- oder Produzentenhaftung war in Spanien zunächst aufgrund Umsetzung der Richtlinie 85/374/EWG durch das Gesetz Nr. 22/1994 vom 6.7.1994 (Ley 22/1994, de 6 de julio, de responsabilidad civil por los daños causados por productos defectuosos) geregelt worden.

Demnach hat der Geschädigte lediglich einen Fehler und einen Schaden sowie den kausalen Zusammenhang zu beweisen. Der Hersteller hingegen haftet verschuldensunabhängig für durch fehlerhafte Produkte verursachte Schäden, mit Ausnahme dessen, dass er in der Lage ist zu beweisen, dass

  • das Produkt nicht durch ihn in den Verkehr gebracht wurde
  • der Fehler erst nach Inverkehrbringen entstanden ist
  • das Produkt grundsätzlich nur zum privaten Eigenbedarf und nicht zum Verkauf hergestellt wurde
  • der Fehler nach Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht erkannt werden konnte (sogen. Entwicklungsrisiko).

Ersatzfähig sind Schäden mit Todesfolge oder Körperverletzung oder durch die Beschädigung oder Zerstörung einer anderen Sache entstandene. Die Sache muss darüber hinaus für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt sein.

Ansprüche unterliegen der dreijährigen Verjährungsfrist, beginnend mit dem Tag der Kenntniserlangung des Schadens, des Fehler und der Identität des Verantwortlichen. Allerdings dies mit einer Ausschlussfrist von zehn Jahren nach Inverkehrbringen des Produkts.

Mit der Neufassung des spanischen Verbraucherschutzgesetzes („Real Decreto Legislativo 1/2007, de 16 de noviembre, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley General para la Defensa de los Consumidores y Usuarios y otras leyes complementarias”) wurden das vorgenannte Gesetz aufgehoben und die entsprechenden Regelungen in den Art. 128 – 149 des neuen Gesetzes zur Produkthaftung Spanien neu gefasst.

Der Anwendungsbereich ist nunmehr in Art 129 geregelt und bestimmt diesen für Personenschäden auch mit Todesfolge oder durch die Beschädigung oder Zerstörung einer anderen Sache entstandene Schäden, sofern Güter oder Leistungen betroffen sind, welche privater Nutzung oder Gebrauch unterliegen und zu diesem Zweck im Wesentlichen vom Geschädigten genutzt wurden.

Produkthaftung Deutschland

Der entsprechende Anwendungsbereich im deutschen “Produkthaftungsgesetz“ wird in dessen § 1 geregelt.

Verbraucher und Nutzer iSd. spanischen Gesetzes ist die (natürliche, aber auch juristische) Person, sofern diese das Produkt nicht zu beruflichen oder betrieblichen Zwecken mithin als Verbraucher nutzt, ohne das Produkt auf irgendeine Weise im Rahmen eines Herstellungs- oder Vertriebsprozesses, bzw. im Rahmen von Dienstleistungen gegenüber Dritten zu benutzen.

Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Gesetzen im Allgemeinen besteht darin, dass der spanische Gesetzestext wesentlich umfassendere und ausführlichere Regelungen trifft. So werden bspw. in Art. 129 Schäden aufgrund Nuklearunfällen ausgeschlossen oder in Art. 140.3. für Medikamente und Lebensmittel für den menschlichen Gebrauch eine Befreiung des Produzenten unter dem Argument das der Fehler nach Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht erkannt werden konnte, ausgeschlossen. Anders als in § 2 des Produkthaftungsgesetzes gilt in Spanien neben der Elektrizität auch Gas als Produkt iSd. Gesetzes.

Ebenso wie das deutsche Gesetz sieht das spanische vor, dass durch bloße Intervention eines Dritten in der Verursachung des Schadens keine Minderung der Haftung in Betracht kommt. Art. 133 des spanischen Gesetzes sieht aber ein Rückgriff unter den Schädigern untereinander vor.

Die Frist zur Benennung des Herstellers seitens des Verkäufers die im deutschen Gesetz (§ 4 Abs. 3) einen Monat beträgt, umfasst im spanischen Gesetz drei Monate.

Die Beweislastumkehr vom Geschädigten auf den Schädiger, wie sie im deutschen Gesetz in § 1 Abs. 4 erfolgt, ist dem spanischen Gesetz unbekannt.

Im Personenschadenbereich ist für alle Schäden durch Produkte mit demselben Fehler eine Haftungshöchstgrenze von zurzeit 63 Millionen Euro vorgesehen (Art. 141b), während diese in Deutschland 85 Millionen Euro beträgt (§ 10 Abs.1 ). Bei Sachschäden gilt eine Selbstbeteiligung des Geschädigten von zurzeit 390,66 Euro in Spanien und 500,00 Euro in Deutschland.

Schließlich wird die Frist zur Geltendmachung der Ansprüche unterschiedlich berechnet, auch wenn diese in beiden Fällen grds. drei Jahre beträgt. In Deutschland beginnt der Fristenlauf für den Geschädigten nach § 12 Abs 1 im Moment der Kenntnisnahme des Schadens oder im Moment, in dem er Kenntnis hätte nehmen müssen, hingegen in der spanischen Gesetzesfassung in Art. 143.1 ab dem Moment des Schadenseintritts, allerdings unter der Voraussetzung dass der Schädiger bekannt war.

©2013 Verfasser Produkthaftung Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Zur Mängelhaftung im spanischen Recht s. hier