Das sogenannte „Beckham Law“ (Sondersteuerregime für Entsandte) ermöglicht in Spanien, unter bestimmten Bedingungen trotz unbeschränkter Steuerpflicht für mehrere Jahre wie ein beschränkt Steuerpflichtiger besteuert zu werden. Die Option zur Anwendung dieses Regimes muss aktiv beantragt werden. Die Regelung betrifft meist Expats, hochqualifizierte Arbeitskräfte oder versetzte Mitarbeiter, die nach Spanien umziehen und dort mindestens fünf Jahre zuvor nicht ansässig waren. Sie gilt ab dem Jahr, in dem man in Spanien steuerlich ansässig wird. Der Beitrag “Beckham Dauer” soll häufig auftretende Zweifel bzgl. des Beginns und des Endes des Zeitraums der Sonderregelung ausräumen.
Das Sonderregime knüpft (für bestimmte Fälle) an die Regelungen des spanischen EinkStG für beschränkt Steuerpflichtige (LIRNR) an. Demgemäß erfolgt die Festsetzung der Steuerpflicht („deuda tributaria“) im Einklang mit den Regeln für beschränkt Steuerpflichtige (Nicht‑Residentensteuer (für bestimmte Einkünfte)).
Eine Person wird gemäß Art. 9 des spanischen EinkStG in Spanien steuerlich ansässig, wenn mindestens einer der folgenden Punkte im Kalenderjahr zutrifft:
- sie hält sich mehr als 183 Tage im Jahr in Spanien auf, oder
- sie hat den wirtschaftlichen oder familiären Mittelpunkt in Spanien.
Wer im Umzugsjahr (2025) weniger als 183 Tage in Spanien ansässig ist, wird also idR. erst ab dem Folgejahr (2026) als steuerlich ansässig angesehen.
Beckham Dauer – Zusammenhang zwischen LIRPF, Art. 9, Art. 93 und LIRNR
- Das LIRPF (“Ley del Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas“, Gesetz 35/2006) ist das spanische Einkommensteuergesetz, das grundsätzlich für steuerlich ansässige Personen (sogen. Residente) gilt.
- Art. 9 LIRPF bestimmt, wer als steuerlich ansässig in Spanien gilt, also unter welchen Umständen eine Person als in Spanien steuerlich ansässig behandelt wird.
- Art. 93 LIRPF regelt den “Régimen especial para trabajadores desplazados a territorio español” (das sogenannte „Beckham‑Regime“) – das Sondersteuersystem, das bestimmten Personen, die in Spanien ihre Steuerresidenz durch Übersiedlung erwerben, erlaubt, unter besonderen Bedingungen zu versteuern.
- Das LIRNR (“Ley del Impuesto sobre la Renta de No Residentes“, Reform 5/2004 und Ergänzungen) ist das Gesetz, das die Besteuerung von “Nicht-Residenten” in Spanien regelt (d.h. Personen, die in Spanien Einkünfte haben, aber nicht steuerlich ansässig sind).
Art. 93 LIRPF erlaubt in bestimmten Fällen, auch wenn man in Spanien ansässig wird, einige Einkünfte nach den Regeln der LIRNR zu besteuern („tributar por el IRNR“), mit gewissen Modifikationen.
Prüfungsreihe Sonderregime in der Praxis:
- Feststellung steuerliche Ansässigkeit
Bevor überhaupt das Beckham-Regime (Art. 93) greifen kann, muss geprüft werden, ob und ab wann eine Person steuerlich in Spanien ansässig ist. Dafür dient Art. 9 LIRPF. Nur wenn die Voraussetzungen (z. B. > 183 Tage Aufenthalt, Zentrum der wirtschaftlichen Interessen, familiärer Mittelpunkt) erfüllt sind, ist man steuerlich in Spanien ansässig.
Art. 9 ist eine generelle Norm zur Ansässigkeit. - Option für das Sonderregime (Art. 93)
Sobald eine Person durch Übersiedlung nach Spanien steuerlich ansässig wird, kann sie unter den in Art. 93 genannten Bedingungen wählen, dass für gewisse Einkünfte das Steuersystem für nicht steuerlich Ansässige (Nicht-Residente (IRNR / LIRNR)) angewendet wird, während sie formal als Ansässiger („Residente“) gilt.
Art. 93 führt aus:
“Natürliche Personen, die infolge ihres Zuzugs ihren steuerlichen Wohnsitz nach Spanien erwerben, können wählen, nach dem Einkommensteuergesetz für Nichtansässige besteuert zu werden – und zwar für das Steuerjahr, in dem der Wechsel (des steuerlichen Wohnsitzes) erfolgt, sowie für die fünf darauf folgenden Steuerjahre.”
Damit ist klargestellt, dass das Sonderregime ab dem Jahr der tatsächlichen Annahme des Steuerwohnsitzes durch Übersiedlung greift. - Anknüpfung an LIRNR
Art. 93 legt ausdrücklich fest, dass für bestimmte Einkünfte (z. B. solchen, die „ohne Betriebsstätte“ in Spanien erzielt werden) die Regeln der LIRNR angewendet werden, jedoch mit gewissen Sonderregeln.
Es heißt:
„Die Anwendung dieses Sonderregimes hat zur Folge, dass die Einkommensteuerschuld (IRPF) nach den Vorschriften des Gesetzes über die Einkommensteuer für Nichtansässige (LIRNR) ermittelt wird – mit den folgenden Besonderheiten …“
Das bedeutet, man ist oder bleibt steuerlich Ansässiger („Residente fiscal“), aber man versteuert bestimmte Einkünfte so, als würde man der „Nicht-Residentensteuer“ unterliegen, modifiziert durch zusätzliche Regeln. - Schlussfolgerung: Zeitpunkt des Anfangs
Wegen Punkt 1 (Art. 9) zählt nicht das bloße Umzugsdatum, sondern ab dem Jahr, in dem die Voraussetzungen zur steuerlichen Ansässigkeit erfüllt sind. Erst dann wird die Option des Regimes nach Art. 93 möglich. Deshalb beginnt das „Beckham-Regime“ nicht im Umzugsjahr, sofern in diesem Jahr die Ansässigkeit noch nicht erreicht ist (z. B. bei Aufenthalt unter 183 Tagen).
Ab dem Umzugsdatum besteht aber – unabhängig von dem Sondersteuerregime – sofern der Aufenthalt in dem Umzugsjahr unter 183 Tagen liegt, beschränkte Steuerpflicht in Spanien.
Das bedeutet, wer nicht in Spanien ansässig ist, unterliegt der Nicht-Residentensteuer (IRNR) nur auf Einkünfte mit Quelle in Spanien. Einkünfte, die ihren Ursprung in Spanien haben sind z. B. Gehalt für Arbeit in Spanien, Mieteinnahmen aus spanischer Immobilie, etc.
Dies regelt Artikel 5 der “Ley del Impuesto sobre la Renta de no Residentes” (LIRNR):
“Als Steuerpflichtige im Rahmen dieser Steuer werden natürliche Personen angesehen[…], die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im spanischen Hoheitsgebiet haben, aber Einkünfte daraus erzielen.“
Daraus folgt für die Dauer des Beckham-regimes, erst im Folgejahr kommt es zum Übergang zur unbeschränkten Steuerpflicht.
Der Steuersatz für Nicht-Residenten in Spanien (IRNR – “Impuesto sobre la Renta de No Residentes”) beträgt in diesem Fall grds. 24 % auf Einkünfte aus Arbeit (z. B. Gehalt) in Spanien. Allerdings gilt für Staatsbürger eines EU- oder EWR-Landes (z. B. Deutschland, Österreich), ein reduzierter Satz von 19 % auf Einkünfte aus Spanien.
Artikel 115 der Durchführungsverordnung zum Einkommensteuergesetz (IRPF) stellt klar:
„Artikel 115. Dauer.
[…] Für diese Zwecke gilt als Steuerzeitraum, in dem der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz in Spanien begründet, das erste Kalenderjahr, in dem er sich nach seiner Verlegung für mehr als 183 Tage im spanischen Staatsgebiet aufhält.“
Berechnungsbeispiele Beckham Dauer
1: Einreise am 01.01.2025
Wenn eine Person am 1. Januar 2025 nach Spanien zieht und das ganze Jahr über dort bleibt, gilt sie für das Jahr 2025 als steuerlich ansässig. Wird der Antrag auf das Beckham-Regime in diesem Jahr gestellt und bewilligt, findet der Sondersteuersatz von 24 % bereits ab dem 1. Januar 2025 Anwendung.
Das Regime gilt dann für sechs vollständige Kalenderjahre, also von 2025 bis einschließlich 2030.
2: Einreise im September 2025
Zieht eine Person erst im September 2025 nach Spanien, überschreitet sie im laufenden Kalenderjahr nicht die 183-Tage-Grenze. Sie gilt daher im Jahr 2025 nicht als steuerlich ansässig. Für die Monate von September bis Dezember beträgt der Einkommensteuersatz 19 % gelten, sofern sie EU-Bürger ist.
Ab dem 1. Januar 2026, wenn sich voraussichtlich der steuerliche Wohnsitz begründet, kann dann bei genehmigtem Antrag das Beckham-Regime zur Anwendung kommen. Dieses würde dann bis einschließlich 2031 gelten und ebenfalls sechs vollständige Steuerjahre abdecken.
Beckham Dauer – 5 Jahre Abwesenheit
In manchen Fällen von ins Ausland gezogenen Rückkehrern nach Spanien, seien dies spanische Staatsangehörige oder aber ausländische, nach Spanien entsandte, die aus Spanien weggezogen waren, stellt sich die Frage, ob und ab welchem Zeitpunkt ein erneuter Antrag auf die Sonderregelung gestellt werden kann.
Problematisch werden kann dabei die Berechnung, wenn der Wegzug aus Spanien nicht zum Jahresende erfolgte, sondern im Verlaufe des Jahres.
Denn das spanische Finanzamt geht in manchen Fällen davon aus, dass eine Person weiterhin in Spanien unbeschränkt steuerpflichtig ist, selbst wenn sie sich u. U. nur wenige Tage in diesem Jahr im Land aufgehalten hat. Es wird dabei argumentiert,d ie steuerliche Ansässigkeit hänge nicht nur von der Anzahl der Aufenthaltstage ab (> 183 Tage), sondern auch von anderen Faktoren, wie den wirtschaftlichen (und persönlichen) Verbindungen zu Spanien.
Das bedeutet, auch wer physisch in einem Jahr überwiegend im Ausland lebt, kann mglw. in Einzelfällen weiterhin als steuerlich ansässig in Spanien angesehen werden, wenn er wesentliche wirtschaftliche Interessen im Land beibehält, so
z. B.:
- Wesentliche Einkünfte aus Spanien beziehen, wie
- Mieteinnahmen aus Immobilien in Spanien.
- Für ein spanisches Unternehmen arbeiten, auch remote.
- Dividenden oder Kapitalerträge aus spanischen Quellen erhalten.
- Abfindungen aus einer Vertragsbeendigung
- Ein aktives Unternehmen oder eine Geschäftstätigkeit in Spanien besitzen
- Eigentümer eines Unternehmens sein, die von Spanien aus operiert.
- Als Geschäftsführer, Gesellschafter oder leitender Angestellter tätig sein.
- Wichtige Investitionen in Spanien behalten
- Aktien, Fonds oder aktive Bankkonten mit bedeutenden Bewegungen.
- Immobilien mit wirtschaftlicher Aktivität (z. B. Ferienvermietungen).
- von einem spanischen Unternehmen Rechnungen stellen
- Wer als Selbständiger aus Spanien heraus tätig ist oder über ein Unternehmen dort abrechnet.
Zwar führen solche Sachverhalte, wie eine Immobilie in Spanien, ein Bankkonto oder Investitionen natürlich nicht automatisch zu einer steuerlichen Ansässigkeit, können aber vom spanischen Finanzamt als Indizien gewertet werden, insbesondere wenn es davon ausgeht, dass der wirtschaftliche Mittelpunkt weiterhin in Spanien liegt.
In diesen Fällen wird mit dem Wortlaut des Artikel 9 des spanischen Einkommensteuergesetzes (“Ley del IRPF”) argumentiert:
….. „ der wesentliche Mittelpunkt oder die Basis der wirtschaftlichen Aktivitäten oder Interessen – direkt oder indirekt – sich in Spanien befindet.“
Das spanische Finanzamt kann in solchen Fällen u. a. Informationen von Dritten anfordern oder internationale Abkommen zum Informationsaustausch nutzen und bspw. die in anderen Ländern erklärten Einkünfte überprüfen, analysieren wo Kunden, Vermögenswerte und Bankbewegungen vorliegen, etc..
Dies gilt auch für Staatsangehörige aus Ländern mit denen ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit Spanien besteht, wie Deutschland, aber mit folgenden Anmerkungen.
Das DBA schützt, dies aber nicht automatisch. Ein Doppelbesteuerungsabkommen regelt u.a., in welchem Land Steuerpflicht besteht, um eine doppelte Besteuerung zu vermeiden. Aber das DBA verhindert nicht von vorneherein, dass jedes Land für sich von dortiger unbeschränkter Steuerpflicht ausgeht.
Das bedeutet, Spanien prüft nach nationalem Recht, ob eine Person als „Residente fiscal“ (steuerlich ansässig) gilt (→ 183 Tage oder wirtschaftlicher Mittelpunkt), wie oben erläutert, Deutschland prüft nach deutschem Steuerrecht, die dortige unbeschränkte Steuerpflicht (meist mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt).
Sofern beide Länder zur steuerlichen Ansässigkeit kommen, greift das DBA, um den Konflikt zu lösen, mithilfe der sogenannten „Tie-Breaker-Regeln“ (Artikel 4 DBA). Das bedeutet, wenn beide Länder der Auffassung sind, dass steuerliche Ansässigkeit vorliegt, dann entscheiden die folgenden Kriterien in dieser Reihenfolge:
-
- Ständiger Wohnsitz
- Persönlicher und wirtschaftlicher Mittelpunkt (Mittelpunkt der Lebensinteressen).
- Gewöhnlicher Aufenthalt
- Staatsangehörigkeit.und falls dies nicht zur Entscheidung führt, schließlich ein Verständigungsverfahren zwischen den Staaten.Beispiel: Wenn ein Arbeitnehmer im Jahr 2020 nach Spanien entsandt war und dort bis März lebte, bevor er nach Deutschland zurückkehrte, ist zu fragen:
- Gilt 2020 als das letzte Jahr der steuerlichen Ansässigkeit in Spanien?
- Wären die fünf Jahre der Abwesenheit dann 2021 bis 2025?
- Könnte er (erst) 2026 nach Spanien zurückkehren und, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, das Steuerregime für Impatriates erneut in Anspruch nehmen?
Oder, ob er als nicht steuerlich ansässig im Jahr 2020 betrachtet wird, da er Spanien im März endgültig verlassen hat und sich nicht 183 Tage im Land aufhielt.
Dies hängt, unabhängig der 183-Tageregelung entscheidend davon ab, ob Spanien davon ausgeht, dass dort nicht der Mittelpunkt der wirtschaftlichen oder familiären Interessen besteht.
Sofern sich der Steuerpflichtige weniger als 183 Tage in Spanien aufhielt und der Lebensmittelpunkt (Familie, Geschäft usw.) in Deutschland und nicht weiterhin in Spanien war, würde er in diesem Jahr nicht als steuerlicher Einwohner Spaniens gelten.
Wie ausgeführt, schützen DBA nicht vor doppelter Einstufung als Steuerpflichtiger in zwei Ländern, sondern nur, ggf. nach entsprechenden Verfahren, am Ende doppelter Steuerzahlung.
Zur Vermeidung der Qualifizierung der steuerlichen Ansässigkeit ist also auf Folgendes zu achten:
- Aufenthalt < 183 Tage in Spanien
- Keine wesentlichen wirtschaftlichen Interessen mehr in Spanien
- Meldewohnsitz („empadronamiento“) abmelden
- Gemeindlich und steuerlich in einem anderen Land melden (und dies belegen zu können)
Fazit Beckham Dauer:
Das Beckham-Regime greift ab dem ersten Kalenderjahr, in dem der Steuerpflichtige nach seiner Verlegung nach Spanien mehr als 183 Tage im Land verbringt.
Es ist nicht erforderlich, die 183 Tage vollständig abzuwarten, bevor das Sonderregime zur Anwendung kommt. Sobald klar ist, dass diese Schwelle im laufenden Kalenderjahr überschritten wird, gilt das Regime für das gesamte Jahr.
Diese Auslegung der Dauer des Beckham-Sonderregimes anhand des Kalenderjahres stellt sicher, dass dieses im Jahr des tatsächlichen steuerlichen Wohnsitzwechsels aktiviert wird und für das gesamte Steuerjahr Klarheit hinsichtlich der Besteuerung besteht.
Nach einem Wegzug aus Spanien erneut Zuziehende haben unbeschadet der 183-Tage-Regelung besonderes Augenmerk darauf zu richten, ob das spanische Finanzamt im Wegzugsjahr nicht mit einem Mittelpunkt der wirtschaftlichen oder familiären Interessen in Spanien argumentieren kann.
©2025 Verfasser Beckham Dauer: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
