Inflation Spanien

Inflation SpanienDie Preise für Dienstleistungen und Konsumgüter entwickeln sich in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Lage und sind der wichtigste Indikator für die Inflation. Um das Ausmaß dieser Preisänderungen zu verstehen, wird der Verbraucherpreisindex, in Spanien „Índice de Precios de Consumo, IPC“ genannt herangezogen. Der Beitrag “Inflation Spanien” erläutert zu Auswirkungen auf die Kosten welche Verbraucher für Lebensmittel, Mieten oder Hypotheken aufbringen müssen, wie auch auf Gehälter.

Der IPC ist damit ein Indikator für geänderte Lebenshaltungskosten und die Kaufkraft jedes Einzelnen in Spanien. Er wird fortlaufend vom Nationalen Statistikinstitut (INE) berechnet, indem die Preise der gängigsten Produkte, bezeichnet mit „Warenkorb“ („cesta de compra“), als Referenzwerte herangezogen und mit den der Vormonate verglichen werden.

Das Statistikinstitut analysiert die Preisentwicklung von Gütern und Dienstleistungen, die von der spanischen Bevölkerung konsumiert werden gemäß folgenden Kategorien:

  • Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke
  • Alkoholische Getränke und Tabak
  • Bekleidung und Schuhe
  • Wohnen
  • Haushaltswaren
  • Gesundheit
  • Verkehr
  • Kommunikation
  • Freizeit und Kultur
  • Bildung
  • Hotels, Cafés und Restaurants
  • Sonstiges

Steigen die Preise für Güter und Dienstleistungen, herrscht also Inflation in Spanien, so sinkt die Kaufkraft der Familien. Im umgekehrten Fall, der Deflation, steigt die Kaufkraft.

Das Institut aktualisiert die Daten jeweils zum Monatsende und veröffentlicht diese in der Mitte des Folgemonats.

Inflation Spanien – Auswirkungen IPC Mieten

Artikel 18 des Gesetzes über städtische Mietverträge („Ley de Arrendamientos Urbanos“, LAU) regelt unter anderem, wie der Mietpreis von Wohnraum zu aktualisieren ist. Obwohl das Gesetz bestimmt, dass im Falle der Nennung eines Indexes der Garantiezinsindex (“Índice de Garantía de la Competitividad”, IGC) heranzuziehen ist, wird tatsächlich, in der Praxis, der IPC am häufigsten für die Berechnung der Mietanpassungen verwendet.

Laut Artikel 18 der LAU kann, sofern vertraglich vereinbart, der Mietzins während der Laufzeit des Vertrags jedes Jahr aktualisiert werden.

Hierbei wird der Wert verwendet, der zwei Monate vor der Mietanpassung veröffentlicht wurde, da der offizielle Wert in der Regel am 15. eines jeden Monats veröffentlicht wird und die neue Monatsmiete einen Monat im Voraus angekündigt werden muss.

Großvermieter, also solche, die mehr als 10 Mietwohnungen besitzen, dürfen dabei eine Obergrenze von 3 % nicht überschreiten. Kleinvermieter hingegen können mit ihren Mietern Erhöhungen über diesen Prozentsatz hinaus verhandeln. Sofern keine Einigung erzielt wird, darf der Vermieter eine Erhöhung von 3 % anwenden.

Die 3-%-Obergrenze gilt allerdings nur für Mietverträge von Hauptwohnsitzen.
Bei Mietverträgen über Gewerberäume, Büros, Lagerhallen, Ferienwohnungen usw. darf diese Grenze überschritten werden, sodass insoweit regelmäßig eine jährliche Anpassung an den IPC erfolgt.

Inflation Spanien – Auswirkungen IPC Gehälter

Der IPC ist auch einer der gängigsten Indikatoren als Basis der jährlichen Anpassungen der Gehälter.  
Wenn auch jährliche Gehaltsanpassungen an den IPC als Antwort auf die Inflation in Spanien üblich sind, so besteht keine grundsätzliche gesetzliche Verpflichtung. In vielen Tarifverträgen ist eine solche Anpassung aber festgelegt. So sehen die in 2024 abgeschlossenen Tarifverträge eine durchschnittliche Gehaltserhöhung von 3,82 % vor, mithin zwei Prozentpunkte über der aktuellen Inflationsrate im November 2024.

Allerdings können Arbeitgeber ggf. auf die Figur der Kompensation und Absorption zurückgreifen (sofern der Tarifvertrag, auf Unternehmens- oder Branchenebene, dies zulässt). Dieses Verfahren gewährt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, zu verhindern, dass sich Gehaltsverbesserungen aus mglw.  verschiedenen Quellen, die das Gehalt regeln – in diesem Fall aus dem Arbeitsvertrag und dem Tarifvertrag – überschneiden. Auf diese Weise würde die Gehaltserhöhung, die sich aus der tarifvertraglichen Klausel ergibt und auf den IPC verweist, durch die andere Gehaltserhöhung, die im Rahmen des Arbeitsvertrags angewendet wird, aufgrund des vorgenannten Verfahrens neutralisiert. Die Erhöhung aufgrund des IPC würde durch das bereits höhere Gehalt im Rahmen des Arbeitsvertrags absorbiert werden.

In Fällen in denen sich Unternehmen in einer Krise befinden, kann die Anpassung an den IPC ebenso unter bestimmten Voraussetzungen entfallen (sog.  “Lohnabkopplung”).

Entsprechend passt eine beträchtliche Anzahl von Unternehmen in Spanien die Gehälter an jedes Jahr den IPC an. Allerdings werden Gehälter im Falle eines negativen IPC, jdf. sofern keine „Abwärtsanpassungen“ vorgesehen sind, nicht gesenkt.

Inflation Spanien – Kalte Progression

Sofern Gehälter nicht an höhere Preise und den IPC angepasst werden, kommt es zu einem Verlust der Kaufkraft. Aber selbst im Falle, dass eine Anpassung erfolgt, so kann es unbeschadet dessen aus steuerlichen Gründen zum Verlust der Kaufkraft kommen. Denn diese hängt auch von der Höhe der Einkommensteuer ab. In Spanien werden seit Januar 2015 die Stufen der Einkommensteuer nicht mehr angepasst, während hingegen in diesem Zeitraum der Verbraucherpreisindex um ca. 25 % gestiegen ist.

Das bedeutet, dass durch Anpassung der Gehälter Arbeitnehmer höhere Einkommensteuern zahlen, aber ihre Kaufkraft im Rahmen der Nettogehälter verlieren, was in Spanien als „stille Steuererhöhung“, oder wie im Deutschen als „kalte Progression“ bekannt ist.
Die Einkommensteuer ist eine progressive Steuer, d. h. je höher das Bruttogehalt, desto höher ist der Steuersatz, sofern dieser nicht an die Inflation angepasst wird.

In der Praxis bedeutet dies, dass ein Arbeitnehmer, wenn er eine Gehaltserhöhung erhält, einen realen Verlust an Kaufkraft erleidet, da er im Verhältnis mehr Steuern auf sein Gehalt zahlen muss, da die Steuerbelastung über den Betrag hinausgeht, den er an Gehaltserhöhung erhält.

Um dies auszugleichen, wird diskutiert auch die Einkommensteuerstufen an die Inflation anzupassen,  damit der Arbeitnehmer keine reale Kaufkraft an den Staat verliert.

Dieser Vorgang wird in Spanien als “deflactación del IRPF” bezeichnet. „Deflactar” heißt also, die Auswirkungen von Preisänderungen (Inflation) eines monetären Wert zu eliminieren und eine Größe, die in nominalen Begriffen gemessen wird, in eine Größe in realen Begriffen umzuwandeln.

Ansonsten würde dies, wenn keine Anpassung vorgenommen wird, bei der Einkommensteuer bedeuten, dass immer mehr Menschen mehr Steuern zahlen, da die gestiegenen Lebenshaltungskosten nicht berücksichtigt werden.
Auch wenn Freibeträge und Reduzierungen nicht an die Inflation angepasst werden, führt dies zu einer höheren Steuerlast und damit niedrigeren Nettogehältern.

Tatsächlich treffen manche Autonome Gemeinschaften in Spanien bereits solche Maßnahmen, so z. B. die von Madrid oder  Andalusien und deflationieren den Einkommensteuersatz, um insbesondere einkommensschwachen Familien angesichts der Preissteigerungen zu helfen.
Madrid hat im zweiten Jahr in Folge eine Anpassung an den IPC und zwar auf alle Steuerstufen, den persönlichen und familiären Freibetrag, die geltenden Abzüge und Einkommensgrenzen angewendet.

In anderen Gebietsautonomien, in denen solche Anpassungen nicht erfolgen, fordern Arbeitnehmer Anpassungen des realen Netto ein und sind zur heutigen Zeit zumeist aufgrund des Fachkräftemangels auch in der Lage dies durchzusetzen.

©2023 Verfasser Inflation Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht