Eine Vollstreckung beinhaltet regelmäßig die zwangsweise Durchsetzung eines rechtskräftigen gerichtlichen Titels oder einer amtlichen Verfügung, aufgrund entsprechender gesetzlicher Maßnahmen mit staatlichen Mitteln. Sie dient dem privaten Gläubigerinteresse und dem staatlichen Interesse an Rechtssicherheit. Die Vollstreckung kommt in zivilrechtlichen, strafrechtlichen, sowie auch verwaltungsrechtlichen Verfahren zum Tragen. Die strafrechtliche Vollstreckung betrifft die Durchsetzung staatlicher Strafansprüche wie Freiheits- oder Geldstrafen, die Verwaltungsvollstreckung die Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, wie etwa Bußgeld- und Steuerbescheide.
Der vorliegende Beitrag erläutert zur zivilrechtlichen Vollstreckung in Spanien.
Im Zivilrecht erfolgt die Vollstreckung regelmäßig aus Urteilen, Vollstreckungsbescheiden oder gerichtlichen Vergleichen. Das Zwangsvollstreckungsverfahren regelt in Deutschland die Zivilprozessordnung (§§ 704-945 ZPO), das Gerichtsvollziehergesetz (GvG) und die Gerichtsvollzieherordnung (GVO). Bzgl. der Verwertung unbeweglicher Sachen, insbesondere Grundstücken kommen die Gesetze über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG) zur Anwendung.
Beispiele für Vollstreckungen sind:
- Einzug von Steuerschulden durch das Finanzamt
- Pfändung von Bankkonten
- Zwangsräumung von Immobilien
- Erzwingung der Herausgabe von Gegenständen
Der Gerichtsvollzieher ist in Deutschland eine Amtsperson des Justizdienstes und spielt eine zentrale Rolle bei der Vollstreckung privatrechtlicher Ansprüche. Seine Aufgaben sind in der Zivilprozessordnung (ZPO) – insbesondere in den §§ 753–802l ZPO – sowie in der Gerichtsvollzieherordnung (GVO) Gemäß § 753 ZPO wird „die Zwangsvollstreckung, soweit sie nicht den Gerichten zugewiesen ist, durch Gerichtsvollzieher durchgeführt, die sie im Auftrag des Gläubigers zu bewirken haben“. Gemäß § 1 GVO „handelt er bei der ihm zugewiesenen Zwangsvollstreckung selbstständig. Er unterliegt hierbei zwar der Aufsicht, aber nicht der unmittelbaren Leitung des Gerichts. Unmittelbarer Dienstvorgesetzter des Gerichtsvollziehers ist der aufsichtführende Richter des Amtsgerichts.“
Gerichtsvollzieher stehen im Dienst des zuständigen Amtsgerichts und sind unabhängige Träger eines öffentlichen Amtes, wobei sie organisatorisch an die Justizverwaltung gebunden sind. Sie sind Organe der Rechtspflege und handeln auf Grundlage von Vollstreckungstiteln, wie zum Beispiel rechtskräftigen Urteilen, Vollstreckungsbescheiden oder anderen vollstreckbaren Urkunden. Eine der zentralen Aufgaben besteht darin, Forderungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu realisieren, indem Vermögenswerte des Schuldners gepfändet oder übergeben werden.
Während in Deutschland ein rechtskräftiger Titel durch einen Gerichtsvollzieher unmittelbar vollstreckt werden kann, ist weder der Gerichtsvollzieher in Spanien als Solcher bekannt noch ein rechtskräftiger Titel dort unmittelbar vollstreckbar. Vielmehr ist erforderlich, ein weiteres gerichtliches Verfahren zur Vollstreckung des bereits rechtskräftigen Titels („procedimiento de ejecución forzosa“) einzuleiten (Artikel 517 ff. der spanischen Zivilprozessordnung (“Ley de Enjuiciamiento Civil”, LEC)).
Die spanische LEC legt dort fest, welche Dokumente als Vollstreckungstitel („títulos ejecutivos“) gelten, also die Grundlage für die Vollstreckung in Spanien bilden:
- Rechtskräftige Urteile,
- Schiedssprüche (“Laudos arbitrales”),
- Öffentliche Urkunden (z. B. notariell beurkundete Vereinbarungen, Verträge oder Schuldanerkenntnisse),
- Sonstige gesetzlich anerkannte Titel, z. B. ausländische Urteile, die in Spanien anerkannt sind (einschließlich EU-Titel, wie z. B. aufgrund Kontopfändung).
Im Falle, dass der Titel aus einem abgeschlossenen, rechtskräftigen Gerichtsverfahren stammt, etwa einer Klage mit Urteil, muss der Anwalt des Gläubigers über einen Prozessagenten (Procurador) beim gleichen Gericht, welches das Urteil gefällt hat, eine Vollstreckungsklage („demanda ejecutiva“), also einen Antrag auf Zwangsvollstreckung stellen. Nach Art. 548 LEC darf die Zwangsvollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung erst 20 Werktage nach der Zustellung des Urteils beantragt werden, um dem Schuldner Gelegenheit zur freiwilligen Erfüllung zu geben.
Das Gericht erlässt sodann einen Beschluss über die Einleitung der Vollstreckung („auto despachando ejecución“)
Danach beginnen die Zwangsmaßnahmen, ähnlich wie in Deutschland:
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- Konten- oder Lohnpfändung,
- Pfändung von Vermögenswerten,
- Zahlungsaufforderungen,
- ggf. Zwangsräumung.
Der Schuldner kann Einspruch erheben, aber nur aus bestimmten gesetzlich festgelegten Gründen (Art. 556–557 LEC).
Während im Rahmen von Sicherungsmaßnahmen (“medidas cautelares) nach Art. 726 LEC, also einem Antrag auf einen vorläufigen Sicherungs- oder Arrestbeschluss, das Gericht idR. die Gegenseite vorher anhört, sofern nicht glaubhaft gemacht werden kann, dass eine vorherige Anhörung die Wirksamkeit der Maßnahme gefährden würde (z. B. Gefahr, dass der Schuldner Vermögen beiseiteschafft), gibt es bei der Zwangsvollstreckung aufgrund eines Vollstreckungstitels nach Art. 551 ff. LEC, wegen eines rechtskräftigen Urteils oder eines anderen Vollstreckungstitels, grds. keine vorherige Anhörung des Schuldners. Der Schuldner erfährt davon erst nachträglich und kann dann Einspruch erheben.
Auch wenn der Titel nicht aus einem Gerichtsverfahren stammt, z. B. eine notarielle Urkunde über eine Geldschuld, muss ebenfalls eine Vollstreckungsklage eingereicht werden (Art. 548 ff. LEC).
Das Verfahren ist ähnlich:
- Das Gericht prüft, ob der Titel alle Voraussetzungen erfüllt,
- erlässt den Vollstreckungsbeschluss,
- und führt anschließend die Pfändung bzw. Vollstreckung durch.
Fazit Vollstreckung in Spanien
Anders als in Deutschland ist es in Spanien nicht möglich ein Urteil oder einen anderen Titel direkt zu vollstrecken.
Vielmehr ist eine gesonderte Vollstreckungsklage („demanda ejecutiva“) beim zuständigen Gericht einzureichen.
Das Gericht prüft dann die Voraussetzungen und erlässt den Vollstreckungsbeschluss. Die Figur des Gerichtsvollziehers existiert aber in Spanien nicht, so dass die Vollstreckung in Spanien über das Gericht betrieben wird.
©2021 Verfasser Vollstreckung Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht
