Der Beitrag “Kurzarbeit Spanien” stellt die wichtigsten Aspekte des sogenannten ERTE-Verfahrens (“Expediente de Regulación Temporal de Empleo” dar, das Unternehmen ermöglicht, bei vorübergehenden Krisensituationen Personalmaßnahmen zu ergreifen, ohne Kündigungen auszusprechen.
Nachfolgend werden die Hauptmerkmale und Anforderungen zur Einleitungder Verfahrens zur Kurzarbeit in Spanien zusammengefasst. Es handelt sich um ein arbeitsrechtliches Verfahren zur vorübergehenden Aussetzung von Arbeitsverträgen oder Reduzierung der Arbeitszeit. Es dient dazu, auf wirtschaftliche, technische oder strukturelle Schwierigkeiten zu reagieren, ohne Arbeitsverhältnisse dauerhaft zu beenden.
Ziele des Verfahrens sind
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Entlastung der Personalkosten
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Erhalt der Arbeitsverhältnisse
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Absicherung der Beschäftigten durch Arbeitslosengeld
Arten von Kurzarbeit in Spanien
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Aussetzung der Tätigkeit (der Arbeitnehmer arbeitet vorübergehend gar nicht)
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Reduzierung der Arbeitszeit (z. B. 50 % weniger Arbeitszeit)
Verfahrensablauf (vereinfacht)
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Ankündigung und Begründung des ERTE durch das Unternehmen
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Information und ggf. Konsultation mit der Arbeitnehmervertretung
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Mitteilung an die Arbeitsbehörde (Delegación de Trabajo)
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Antwort oder stillschweigende Genehmigung der Behörde
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Meldung der betroffenen Arbeitnehmer an das SEPE (staatlicher Arbeitsdienst)
Folgen für Arbeitnehmer
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Keine Kündigung, sondern befristete Aussetzung oder Kürzung
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Anspruch auf Arbeitslosengeld (Prestación por desempleo)
- Nach Beendigung der Kurzarbeit in Spanien: Rückkehr zur normalen Beschäftigung
Kurzarbeit Spanien – Rechtliche Rahmenbedingungen
Artikel 47 des Arbeitnehmerstatuts regelt die Reduzierung der Arbeitszeit oder die Aussetzung des Arbeitsvertrags aus wirtschaftlichen, technischen, organisatorischen, produktionsbedingten oder höherer Gewalt geschuldeten Gründen. Im Folgenden werden die relevantesten Aspekte der Vorschrift aufgeführt:
- Rechtfertigende Gründe für die Maßnahme
Artikel 47.2 des Arbeitnehmerstatuts legt fest, dass die Gründe für die Reduzierung der Arbeitszeit oder die Aussetzung des Arbeitsvertrags wirtschaftlicher, technischer, organisatorischer, produktionsbedingter oder höherer Gewalt bedingt sein können. Diese Gründe werden wie folgt definiert:
- Wirtschaftliche Gründe: Diese treten auf, wenn das Unternehmen in eine negative wirtschaftliche Lage gerät, wie etwa aktuelle oder prognostizierte Verluste oder ein anhaltender Rückgang der Einnahmen oder Verkäufe über zwei aufeinanderfolgende Quartale im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres.
- Technische Gründe: Veränderungen in den Mitteln oder Instrumenten der Produktion.
- Organisatorische Gründe: Änderungen in den Arbeitsmethoden oder in der Organisation der Produktion.
- Produktionsbedingte Gründe: Veränderungen in der Nachfrage nach den Produkten oder Dienstleistungen des Unternehmens auf dem Markt.
- Höhere Gewalt: Außergewöhnliche Umstände, welche die normale Geschäftstätigkeit des Unternehmens verhindern, wie etwa Entscheidungen öffentlicher Behörden oder außergewöhnliche Umstände wie z. B. die COVID-19-Pandemie.a) Verfahren zur Anwendung der Maßnahme
Das Verfahren zur Anwendung dieser Maßnahmen umfasst die folgenden Schritte:
- Mitteilung an die Arbeitsbehörde: Das Unternehmen muss seine Absicht, das Verfahren einzuleiten, mitteilen.
- Beratungszeitraum: Es ist ein Zeitraum für Konsultationen mit der gesetzlichen Arbeitnehmervertretung einzuleiten, der 15 Tage nicht überschreiten darf (7 Tage in Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern).
- Bericht der Arbeits- und Sozialversicherungsinspektion (ITSS): Die Arbeitsbehörde wird einen verbindlichen Bericht der ITSS einholen, um die vorgebrachten Gründe und die Einhaltung der Formalien, wie des Konsultationszeitraums zu prüfen.
- Unternehmensentscheidung: Nach dem Konsultationszeitraum hat das Unternehmen seine Entscheidung den Arbeitnehmern und der Arbeitsbehörde mitzuteilen und den Zeitraum der Anwendung der Maßnahme anzugeben.b) Folgen der Maßnahme
- Während der Aussetzung des Arbeitsvertrags oder der Reduzierung der Arbeitszeit werden die gegenseitigen Verpflichtungen zur Arbeitsleistung und zur Zahlung von Löhnen entsprechend ausgesetzt, jedoch bleiben die grundlegenden Rechte aus dem Arbeitsvertrag bestehen.
- Die Reduzierung der Arbeitszeit kann zwischen 10 % und 70 % der üblichen Arbeitszeit betragen, wobei diese Maßnahme gegenüber der kompletten Aussetzung von Arbeitsverträgen Vorrang hat.
- Das Unternehmen darf während des Zeitraums der Maßnahme keine Überstunden arbeiten lassen, neue Einstellungen vornehmen oder externe Dienstleistungen in Anspruch nehmen, es sei denn, es gibt es bestünden gerechtfertigte Ausnahmen.
Verlängerung der Maßnahme
Artikel 47.4 ermöglicht es dem Unternehmen, während der Gültigkeit der Maßnahme eine Verlängerung vorzuschlagen, die in einem neuen Konsultationszeitraum von fünf Tagen verhandelt werden muss. Die endgültige Entscheidung muss der Arbeitsbehörde mitgeteilt werden.
Anfechtung der Maßnahme
Die Arbeitnehmer können die Entscheidung des Unternehmens vor dem Sozialgericht anfechten, das die Maßnahme als gerechtfertigt oder ungerechtfertigt zu erklären hat. Im Falle einer ungerechtfertigten Maßnahme wird die Wiederaufnahme des Arbeitsvertrags und die Zahlung der ausstehenden Löhne angeordnet.
2. Voraussetzungen Kurzarbeit Spanien
Das Verfahren beginnt mit der Mitteilung des Unternehmens an die Arbeitnehmervertreter und die Arbeitsbehörde, zusammen mit der dokumentarischen Begründung der vorgebrachten Argumente. Diese Dokumentation muss ausreichend sein, damit die Vertreter den Konsultationszeitraum garantiert durchführen können. Insbesondere:
- Wirtschaftliche Gründe: Es wird eine finanzielle Information benötigt, welche die negative wirtschaftliche Lage belegt.
• Technische, organisatorische oder produktionsbedingte Gründe: Diese müssen durch spezifische Berichte gerechtfertigt werden, die die Veränderungen im Unternehmen detailliert darlegen.
Die Dokumente zur Begründung der vorgebrachten Gründe in Bezug sind:
a. Erklärung zur wirtschaftlich negativen Lage
Der Arbeitgeber muss eine erläuternde Erklärung vorlegen, welche die Ergebnisse des Unternehmens belegt und eine negative wirtschaftliche Lage darstellt. Dieses Dokument ist entscheidend, um die Notwendigkeit der Maßnahme zu rechtfertigen und muss die in den folgenden Abschnitten festgelegten Anforderungen erfüllen.
b. Allgemeine wirtschaftliche Dokumentation
Die Dokumentation, die der erläuternden Erklärung beigefügt werden muss:
• Jahresabschlüsse der letzten beiden vollständigen Geschäftsjahre, einschließlich:
o Bilanz.
o Gewinn- und Verlustrechnung.
o Bericht über Veränderungen des Eigenkapitals.
o Cashflow-Statement.
o Jahresbericht und Geschäftsführungsbericht.
• Falls das Unternehmen zur Prüfung verpflichtet ist, müssen die Jahresabschlüsse ordnungsgemäß geprüft sein.
• Provisorische Abschlüsse zu Beginn des Verfahrens, unterzeichnet von den Geschäftsführern oder Vertretern des Unternehmens.
• Wenn das Unternehmen nicht prüfungspflichtig ist, muss eine Erklärung abgegeben werden, die diese Befreiung begründet.
c. Prognose von Verlusten
Sofern die negative wirtschaftliche Lage auf einer Verlustprognose beruht, muss der Arbeitgeber Folgendes vorlegen:
• Die oben genannte allgemeine Dokumentation.
• Informationen über die Kriterien, die zur Schätzung der Verluste verwendet wurden.
• Einen technischen Bericht, der analysiert:
o Das Volumen und die Art der prognostizierten Verluste (permanent oder vorübergehend).
o Daten aus den Jahresabschlüssen, dem Sektor, in dem das Unternehmen tätig ist, der Marktentwicklung und der Position des Unternehmens im Markt.
o Andere Daten, welche die Verlustprognose belegen.
d. Anhaltender Rückgang von Einnahmen oder Verkäufen
Wenn der angegebene wirtschaftliche Grund ein anhaltender Rückgang der Einnahmen oder Verkäufe ist, muss der Arbeitgeber Folgendes vorlegen:
- Die allgemeine Dokumentation aus Abschnitt 2.
- Steuerliche oder buchhalterische Dokumentation, die belegt:
o Den anhaltenden Rückgang der Einnahmen oder Verkäufe während mindestens drei aufeinanderfolgender Quartale unmittelbar vor der Mitteilung über den Beginn des Verfahrens.
o Die Einnahmen oder Verkäufe im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
e. Unternehmen, die Teil einer Unternehmensgruppe sind
Wenn das Unternehmen, das das Verfahren einleitet, Teil einer Unternehmensgruppe ist, gelten zusätzliche Anforderungen:
- Wenn die Gruppe zur Erstellung konsolidierter Abschlüsse verpflichtet ist, müssen diese konsolidierten Jahresabschlüsse und der Geschäftsführungsbericht der Muttergesellschaft vorgelegt werden, die ordnungsgemäß geprüft sein müssen.
- Wenn keine Verpflichtung zur Erstellung konsolidierter Abschlüsse besteht, müssen die Jahresabschlüsse der anderen Unternehmen der Gruppe vorgelegt werden, die:
o Ihren Sitz in Spanien haben.
o Die gleiche Tätigkeit ausüben oder dem gleichen Sektor angehören.
o Forderungen oder Verbindlichkeiten gegenüber dem Unternehmen haben, welches das Verfahren einleitet.
Alternative Kurzarbeit Spanien
Gemäß Artikel 41 ETT kann der Arbeitgeber wesentliche Änderungen der Arbeitsbedingungen beschließen:
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Die Unternehmensleitung kann wesentliche Änderungen der Arbeitsbedingungen beschließen, wenn nachgewiesene wirtschaftliche, technische, organisatorische oder produktionsbedingte Gründe vorliegen.
Als solche gelten insbesondere Gründe, die mit der Wettbewerbsfähigkeit, Produktivität oder der technischen bzw. arbeitsorganisatorischen Struktur des Unternehmens zusammenhängen.
Als wesentliche Änderungen der Arbeitsbedingungen gelten unter anderem solche, die folgende Bereiche betreffen:
a) Arbeitszeit (Jahres- oder Wochenarbeitszeit)
b) Arbeitszeitregelung und deren Verteilung
c) Schichtarbeitssystem
d) Vergütungssystem und Höhe des Arbeitsentgelts
e) Arbeits- und Leistungsorganisation
f) Arbeitsaufgaben, soweit sie über die Grenzen der funktionalen Mobilität gemäß Artikel 39 hinausgehen.
Folgen der Änderung
Der Arbeitnehmer kann die neuen Bedingungen akzeptieren und arbeitet mit den neuen Bedingungen weiter.
Der Arbeitnehmer kann innerhalb von 20 Werktagen nach Mitteilung der Änderung Klage beim Arbeitsgericht (Juzgado de lo Social) einreichen.
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Ziel: Feststellen lassen, dass die Änderung nicht gerechtfertigt oder rechtswidrig ist.
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Wenn das Gericht die Änderung für unbegründet erklärt, wird sie für nichtig erklärt und der Arbeitgeber muss die ursprünglichen Bedingungen wiederherstellen.
Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Abfindung
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Der Arbeitnehmer kann die Änderung ablehnen und das Arbeitsverhältnis freiwillig beenden.
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In diesem Fall hat er Anspruch auf eine Abfindung von 20 Tagen Lohn pro Arbeitsjahr, max. neun Monatsgehälter (ähnlich wie bei betriebsbedingter Kündigung).
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Dies ist besonders relevant bei massiven Eingriffen z. B. in Gehalt oder Arbeitszeit.
Fazit Kurzarbeit Spanien
Das Kurzarbeitsverfahren in Spanien ist ein sehr formales und rechtlich strikt geregeltes Verfahren und unterliegt strengen Voraussetzungen, durch:
- Beibringung von Nachweisen wirtschaftlicher, technischer oder organisatorischer Gründe
- Einhaltung bestimmter Fristen und Formen
- Dokumentationspflichten gegenüber Behörden und Arbeitnehmern
- Bei ERTE wegen höherer Gewalt ist eine Genehmigung der Arbeitsbehörde notwendig.
- Bei wirtschaftlich begründetem ERTE reicht hingegen eine Mitteilung, aber es ist dennoch ein strukturiertes Konsultationsverfahren mit den Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmervertretung vorgeschrieben.
Der Verlauf dieser Gespräche muss protokolliert werden.
- Es müssen umfangreiche Unterlagen eingereicht werden (z. B. betriebswirtschaftliche Begründung, Organigramme, Lohnlisten).
- Die Kommunikation mit der Arbeitsbehörde (Autoridad Laboral) erfolgt über festgelegte Formulare und Kanäle (oft elektronisch über das „RED“-System der Sozialversicherung).
- Ein fehlerhaft durchgeführter Antrag auf Kurzarbeit in Spanienkann angefochten und vom Arbeitsgericht für nichtig erklärt werden.
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Das kann zur Nachzahlung von Löhnen und zur Rückabwicklung führen.
©2018 Verfasser Kurzarbeit Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
