Häufig erfolgt die Gründung von Kapitalgesellschaften mit dem Ziel der Minimierung von Steuern natürlicher Personen, indem Einnahmen oder Ausgaben nicht dem tatsächlichen Träger der wirtschaftlichen Tätigkeit, sondern vielmehr einer Gesellschaft zugerechnet werden. Das Zwischenschalten einer Kapitalgesellschaft stellt auch im Rahmen des Erwerbs von Aktiva ein beliebtes Gestaltungsinstrument dar.
Finanzbehörden wiederum versuchen Einkünfte in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht einer Gesellschaft, sondern den tatsächlich handelnden, dahinter stehenden natürlichen Personen zuzurechnen.
Der vorliegende Artikel Zwischenschalten SL behandelt die Sichtweise der spanischen Steuerbehörden.
- Zwischenschaltung international
Gemäß EuGH-Urteil vom 12.9.2006 in der Rechtssache C-196/04, Cadbury Schweppes, kann das Zwischenschalten einer Kapitalgesellschaft in EU-Fällen nur dann missbräuchlich sein, wenn sie eine „rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltung“ ist.
In Deutschland sieht der Bundesfinanzhof Gesellschaften kritisch, wenn diese ohne eigenes Personal, ohne eigene Geschäftsräume und ohne eigene Geschäftsausstattung agieren. Nach § 42 Satz 1 AO darf durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH bei rechtlichen Gestaltungen vor, die zur Erreichung des erstrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen sind, der Steuerminderung dienen sollen und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen sind.
2. Zwischenschalten SL Spanien – Handeln natürlicher Personen (Kriterium der Steuerbehörde)
Risiken im Zusammenhang mit der Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften bei der Erbringung von beruflichen Tätigkeiten
Jeder Unternehmer oder Selbständige kann grds. die Art und Weise, in der er seine Dienstleistungen erbringt, frei wählen. Er kann entweder unmittelbar im eigenen Namen agieren, oder – bspw. aus Haftungsgründen – mittels einer Gesellschaft.
Beide Formen der Erbringung der Dienstleistungen sind zivil- oder gesellschaftsrechtlich rechtmäßig und unbedenklich, letztere kann jedoch steuerrechtlich ggf. Risiken mit sich bringen, sofern die Verwendung der Gesellschaft erfolgt, um von einer natürlichen Person erbrachte Leistungen über die Gesellschaft abzurechnen, ohne dass zum einen diese selbst handelt, zum anderen die Finalität darin besteht, die Steuern des Unternehmers oder Freiberuflers durch Verlagern der Einkünfte in unzulässiger Weise zu senken.
3. Zwischenschalten SL – steuerliche Behandlung
- Zwischenschaltung der SL durch Berufsträger
1.1 Die spanische Rechtsordnung erlaubt natürlichen Personen mittels verschiedener Formen von juristischen Personen zu handeln. Ein Beispiel hierfür sind Kapitalgesellschaften, denen das Gesetz eigene Rechtsfähigkeit und damit die Fähigkeit zur Vornahme von Geschäften sowie zur Begründung von Rechten und Pflichten zuerkennt. Diese Gesellschaftsformen verfolgen einen spezifischen Zweck, wie das Treiben von Handel und der Verfolgung wirtschaftlicher Aktivitäten, und werden hier nach in den Gesellschaftsarten abgegrenzt.
Auf diese Weise kann eine Person im Fall der Erbringung beruflicher Dienstleistungen diese entweder persönlich als natürliche Person oder aber mittels einer juristischen Person, durch die Gründung einer Berufsgesellschaft („sociedad limitada profesional, SLP“), erbringen; teilweise besteht insoweit eine gesetzliche Pflicht. Beide dieser Optionen sind grds. legal, haben aber unterschiedliche steuerliche Folgen.
Die steuerliche Behandlung juristischer Personen durch das spanische Finanzamt bringt einige Vorteile gegenüber derjenigen der natürlichen Personen mit sich, weswegen das Zwischenschalten einer SL grds. wirtschaftlich von Vorteil sein kann.
1.2 Die Wahl der Form der Leistungserbringung darf jedoch nicht dazu dienen, die steuerliche Belastung auf unrechtmäßige Weise zu verringern – etwa indem über eine Gesellschaft abgerechnet wird, ohne dass diese tatsächlich an der Tätigkeit beteiligt ist, allein mit dem Ziel, weniger Steuern zu zahlen. Auch wenn es wie ausgeführt grds. rechtlich zulässig ist, berufliche Leistungen mittels Gesellschaften zu erbringen, ist der bloße Einsatz solcher Gesellschaften als reines Instrument zur Senkung der Steuerlast des Berufsträgers unzulässig.
So äußerte sich das Oberste Gericht von Madrid (Urteil vom 28. Januar 2015, Az. 1496/2012), bestätigt durch das Urteil des Obersten Gerichtshofs Spaniens (TS) vom 4. Oktober 2016 (Az. 2402/2015): „Zwar erlaubt die Rechtsordnung die Erbringung beruflicher Dienstleistungen durch Kapitalgesellschaften, jedoch schützt sie nicht den Fall, in dem eine Gesellschaft zur Abrechnung von Leistungen einer natürlichen Person genutzt wird, ohne dass diese Gesellschaft tatsächlich in die Leistungserbringung eingebunden ist – mit dem ausschließlichen Ziel, die direkte Besteuerung des Berufsträgers zu verringern.“
1.3 Um nun zu bestimmen, wann denn eine Nutzung solcher Gesellschaften, also das Zwischenschalten der SL als rechtswidrig und missbräuchlich gelten kann, ist das Verständnis des Bezugs zwischen der beruflichen und der wirtschaftlichen Tätigkeit zu verstehen.
Gemäß Art. 1 des Gesetzes 2/2007 über Berufsgesellschaften (Ley 2/2007, de 15 de marzo, de Sociedades Profesionales) handelt es sich um Gesellschaften, deren Geschäftszweck die gemeinsame Ausübung einer beruflichen Tätigkeit ist. Eine solche liegt dann vor, wenn sie einen Hochschulabschluss voraussetzt und die Eintragung in eine Kammer (Colegio Profesional) erforderlich ist.
Nach diesem Verständnis könnte auf den ersten Blick angenommen werden, dass ausschließlich Berufsgesellschaften berufliche Tätigkeiten ausüben dürfen.
1.4 Aus steuerlicher Sicht jedoch wird der berufliche Charakter einer Gesellschaft aber nicht durch deren rechtliche Form oder satzungsmäßigen Zweck bestimmt, sondern vielmehr durch die Art der erzielten Einkünfte.
Das Gesetz 35/2006 vom 28. November über die Einkommensteuer für natürliche Personen (Ley 35/2006, de 28 de noviembre, del del Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas (IRPF)), definiert Einkünfte aus wirtschaftlicher Tätigkeit als solche, die aus persönlicher Arbeit, aus Kapital oder aus beidem erzielt werden, sofern eine eigenständige Organisation von Produktionsmitteln und Personal vorliegt, mit dem Ziel der Herstellung und Verteilung von Waren oder Dienstleistungen.
Daraus folgt, dass berufliche Tätigkeiten lediglich eine Untergruppe innerhalb des umfassenderen Begriffs der wirtschaftlichen Tätigkeit darstellen, welcher sämtliche freiberuflichen Tätigkeiten umfasst.
Die Nutzung von Gesellschaften zur Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten kann als Rechtsmissbrauch gewertet werden, wenn ein Gesellschafter – unter Ausnutzung der steuerlichen Vorteile juristischer Personen – eine SL zwischenschaltet, an die er seine beruflichen Dienstleistungen erbringt.
In diesen Fällen wird die Gründung der Gesellschaft nicht zur Erfüllung der gesetzlich vorgesehenen Unternehmensziele eingesetzt, sondern ausschließlich zur Erlangung wirtschaftlicher Vorteile.
Aus Sicht der Finanzverwaltung gelten diese Gesellschaften als Strukturen missbräuchlicher Steuerplanung, insbesondere dann, wenn der Berufsträger alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der zwischengeschalteten Gesellschaft ist, die weder die Struktur noch die Mittel besitzt, die sie zur Ausübung der behaupteten Tätigkeit benötigt.
Wenn die Gesellschaft nicht über ausreichende Mittel verfügt oder nicht tatsächlich am Geschäftsverkehr teilnimmt, handelt es sich nur um eine rein formale Gestaltung ohne reale Mitwirkung an geschäftlichen oder beruflichen Vorgängen, was im Hinblick auf den höchstpersönlichen Charakter der erbrachten Leistungen besonders ins Gewicht fällt.
- Risiken im Zusammenhang mit dem Zurückhalten von Einkünften in gesellschaftsrechtlichen Strukturen
In der Praxis zeigen sich Risiken bei der Vermischung von Gesellschaftsvermögen und Privatvermögen des Gesellschafters.
2.1 Diese Praktiken umfassen unter anderem Einnahmen nicht in der persönlichen Steuererklärung zu deklarieren, während die Gesellschaft private Ausgaben des Gesellschafters übernimmt.
In der Buchführung der Gesellschaft werden diese Aufwendungen in der Regel als Betriebsausgaben abgesetzt, einschließlich der Vorsteuer (Mehrwertsteuer) – was ggf. im Falle einer Privatperson nicht möglich wäre.
2.2 In anderen Fällen nutzen die Gesellschafter Vermögensgegenstände der Gesellschaft, wie Immobilien oder Fahrzeuge, auf der Grundlage von Miet- oder Nutzungsüberlassungsverträgen.
Insoweit bedürfen solche Verträge sorgfältiger Prüfung in steuerlicher Hinsicht, um sicherzustellen, dass deren Bewertung den Steuernormen entspricht. Insbesondere den Bestimmungen des Artikel 18 des Gesetzes 27/2014 vom 27. November über die Körperschaftsteuer ( Ley 27/2014, de 27 de noviembre, del Impuesto sobre Sociedades (LIS).
In diesem Zusammenhang lassen sich häufig von der Verwaltung als schwerwiegend eingestufte Fälle feststellen, in denen Mietverträge lediglich zum Schein abgeschlossen werden, um Vorsteuerabzüge zu rechtfertigen, oder Einnahmen mit nicht berufsbezogenen Ausgaben verrechnet werden, was zu steuerlichen Korrekturen bei verschiedenen Steuerarten führen kann, wie etwa bei Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Mehrwertsteuer oder auch der Vermögensteuer, sowie natürlich auch zu Strafen.
- Mechanismen der Steuerverwaltung zur steuerlichen Korrektur beim Zwischenschalten von SL
Der missbräuchliche Einsatz gesellschaftsrechtlicher Strukturen hat die Finanzverwaltung dazu veranlasst, Maßnahmen zu ergreifen, um die exzessive Nutzung insbesondere der Berufsgesellschaften zur unrechtmäßigen Minderung der Steuerlast zu verhindern.
Diese Maßnahmen zielen nicht darauf ab, die Ausübung eines Berufs durch eine Gesellschaft zu unterbinden – die Wahl der Rechtsform zur Ausübung einer Tätigkeit steht wie ausgeführt ausdrücklich grundsätzlich frei –, sondern darauf, zu verhindern, dass diese Rechtsform rechtswidrig zur Steuervermeidung genutzt wird.
Die Steuerverwaltung hat daher zwei Ansätze entwickelt, um diese Situation zu bereinigen, je nachdem, ob die Gesellschaft über die notwendigen Ressourcen zur Ausübung der Tätigkeit (Personal und Ausstattung) verfügt oder nicht.
3.1 Gesellschaft ohne eigene Mittel: Verfügt die Gesellschaft nicht über die notwendigen Mittel zur Ausübung der Tätigkeit und wird diese tatsächlich vom Berufsträger selbst ausgeführt, wird das Zwischenschalten der SL als eine reine Scheinhandlung („simulación“) qualifiziert. Es handelt sich um die bloße formelle Zwischenschaltung einer Gesellschaft, die an der geschäftlichen oder beruflichen Beziehung selbst nicht beteiligt ist, da diese ausschließlich vom Berufsträger selbst wahrgenommen wird.
In einem solchen Fall greift die Finanzverwaltung auf Artikel 16 der Ley 58/2003 (Ley 58/2003 Ley General tributaria (LGT) zurück und nimmt eine steuerliche Korrektur vor, indem sie die betreffenden Einkünfte als Einkünfte aus persönlicher Arbeit behandelt, die der Einkommensteuer (IRPF) unterliegen.
Ein Beispiel hierfür ist das oben erwähnte Urteil des Oberlandesgerichts Madrid vom 28. Januar 2015.
3.2 Gesellschaft mit eigenen Mitteln:
Wenn die Gesellschaft hingegen die erforderlichen Ressourcen besitzt, um ihre Tätigkeit auszuüben, also sächliche und persönliche Mittel, dann wird davon ausgegangen, dass die Gesellschaft die Tätigkeit auch tatsächlich ausübt.
Allerdings muss der Wert der vom Gesellschafter erbrachten Dienstleistungen angemessen sein und die Voraussetzungen erfüllen, die Artikel 18 des Körperschaftsteuergesetzes vorgibt.
Falls die Dienstleistungen nicht angemessen bewertet worden sind, führt dies zu einer steuerlichen Korrektur und gegebenenfalls zu entsprechenden Sanktionen.
Daher rührt das Erfordernis die erbrachten Dienstleistungen zum Marktwert anzusetzen.
Artikel 18 Absatz 6 erleichtert diese Bewertung, wenn eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt ist, bei deren Erfüllung davon ausgegangen wird, dass die vom Berufsgesellschafter erbrachten Dienstleistungen zum Marktwert erfolgen. Diese Voraussetzungen sind:
- Die beruflichen Einkünfte der Gesellschaft müssen aus beruflichen Tätigkeiten stammen, und es müssen außerdem die personellen und sachlichen Mittel vorhanden sein, um diese auszuführen.
- Die Vergütung der/des Gesellschafter/s für die Erbringung von Dienstleistungen an die Gesellschaft darf nicht weniger als 75 % des geschäftlichen Ergebnisses ohne Abzug dieser Einkünfte betragen.
Zum Beispiel: Bei einer Praxis mit einem Gewinn von 100.000 € darf die Bewertung der Dienstleistungserbringung durch den Gesellschafter als Berufsträger nicht unter 75.000 € liegen, damit sie als marktgerecht anerkannt wird.
Zudem muss die Vergütung an der positiven Entwicklung der Gesellschaft ausgerichtet sowie schriftlich geregelt sein und darf nicht unter dem 1,5-fachen des Durchschnittsgehalts eines Angestellten mit vergleichbarer Funktion liegen. Das bedeutet, dass in dem vorgenannten Beispiel, wenn ein angestellter Arzt in Spanien 35.000 € brutto pro Jahr verdient, der Gesellschafter als Berufsträger nicht weniger als 52.500 € (35.000 € × 1,5) erhalten darf, mithin an die Gesellschaft abrechnen muss.
In beiden Fällen kann die Steuerverwaltung bei unzureichender Bewertung einschreiten, die Beträge korrigieren und anpassen sowie Sanktionen verhängen. Es soll also u.a. vermieden werden Gewinne zu günstigeren Körperschaftsteuersätzen durch Zwischenschalten der SL dort zu versteuern und diese in der Gesellschaft stehen zu lassen.
Darüber hinaus stehen dem spanischen Finanzamt in diesem Zusammenhang verschiedene Instrumente zur Verfügung, um Steuerbetrug und Steuervermeidung durch Zwischenschalten einer SL zu verhindern.
Besonderer Erwähnung bedürfen die aus Titel I der Allgemeinen Abgabenordnung (Ley General Tributaria (LGT)), insbesondere
– Artikel 13 (Qualifizierung),
– Artikel 15 (Konflikt bei der Anwendung der steuerlichen Vorschriften) und
– 16 (Scheingeschäft).
Allerdings hat jedes dieser Instrumente eigene Besonderheiten und Voraussetzungen.
Der Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo, TS) hat wiederholt betont, dass diese Instrumente nicht austauschbar sind und ihre Anwendung an den konkreten Kontext angepasst sein muss.
Im Hinblick auf die Anwendung von Sanktionen gilt:
Wird keine Simulation festgestellt, gelten die Gesellschaft und der Gesellschafter als voneinander unabhängige juristische Personen, und die Sanktion berechnet sich anhand der Einkommensteuer, die der Gesellschafter zu wenig gezahlt hat, ohne die bereits entrichtete Körperschaftsteuer der Gesellschaft zu berücksichtigen.
Die Steuerverwaltung neigt dazu, eher die Qualifizierung oder die Simulation statt des Konflikts bei der Anwendung der steuerlichen Vorschriften zu verwenden, da die Anwendung der Artikel 13 und 16 der LGT verfahrensrechtlich einfacher ist.
Wird die Simulation bestätigt, dann wird die Gesellschaft als unabhängige Einheit ignoriert, und die von der Gesellschaft gezahlte Körperschaftsteuer wird auf die Steuerpflicht des Gesellschafters angerechnet, was die Bemessungsgrundlage der Sanktion bei der Einkommensteuer reduziert.
Allerdings wird diese Praxis, die das Zentrale Wirtschafts- und Verwaltungsentscheidungsorgan (TEAC) in seiner jüngsten Entscheidung vom 24. Juli 2023 (04117/2020) bestätigt hat, kritisiert, da sie Simulationen steuerlich begünstige.
- Definition Simulation
Zu beachten, dass Artikel 16 der Allgemeinen Abgabenordnung (LGT) die steuerliche Simulation regelt, jedoch weder konkret definiert, was unter Simulation zu verstehen ist, noch die Voraussetzungen zu ihrer Feststellung nennt.
Auch das spanische BGB (Código Civil (CC)) gibt keine klare Definition der Simulation. Die zivilrechtliche Rechtsprechung verbindet die Simulation jedoch mit dem Rechtsgrund („causa“) der Verträge und führt sie auf die Absicht der Parteien zurück, einen täuschenden Anschein zu schaffen, der Dritte benachteiligt ((Art. 1276 und 1277 CC).
Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (Tribunal Supremo, TS) — sowohl der Zivilkammer (Sala Primera) als auch der Kammer für Verwaltungsstreitverfahren (Sala Tercera -de lo Contencioso-administrativo-) — hat die wesentlichen Elemente der Simulation herausgearbeitet:
„Die Diskrepanz zwischen der durch die Parteien geschaffenen Realität und der von ihnen abgegebenen Erklärung sowie die Existenz einer bewussten Verschleierung und Täuschung, die Dritte benachteiligen soll.“
4.1 Professor Francesco Ferrara beschreibt in seiner Monografie „Die Simulation der Rechtsgeschäfte“ die Voraussetzungen eines simulierten Rechtsgeschäfts:
- Eine Erklärung, die absichtlich nicht der wahren Absicht entspricht.
- Eine vorherige Vereinbarung der beteiligten Parteien.
- Die Absicht, Dritte zu täuschen.
Das herausragende Kennzeichen eines simulierten Geschäfts ist der absichtliche Widerspruch zwischen Wille und Erklärung. Die Parteien wollen das Geschäft tatsächlich gar nicht abschließen, sondern nur diesen Anschein erwecken, indem sie eine Erklärung abgeben, die ihrer wahren Absicht widerspricht.
Das führt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts und ruft die falsche Vorstellung hervor, es sei existent. Die Simulanten wollen Dritten glauben machen, dass ein Rechtsverhältnis besteht, das tatsächlich gar nicht existiert, indem sie eine äußerlich täuschende, aber inhaltsleere Erklärung abgeben, die null und nichtig ist und nur dazu dient, die Öffentlichkeit zu beeindrucken.
4.2 Diese Vorstellung lässt sich auch auf die steuerliche Simulation übertragen, bei der sowohl absolute Simulation (z. B. die Ausstellung falscher Rechnungen) als auch relative Simulation (z. B. die Erklärung und Besteuerung der Übertragung einer Immobilie als Kauf statt als Schenkung) vorkommen. In diesen Fällen liegen alle zuvor genannten Elemente vor, sodass der gesamte Anwendungsbereich des Art. 16 LGT zur Anwendung kommt.
Die Simulation durch Einschaltung einer juristischen Person ist jedoch komplexer und erfordert eine sorgfältige Prüfung, um zu ermitteln, ob es sich um eine echte (zulässige oder rechtsmissbräuchliche) oder eine nur vorgetäuschte Zwischenschaltung handelt. Bei der echten Zwischenschaltung handelt die vorgeschaltete Person rechtmäßig im Namen eines anderen, während sie bei der simulierten Zwischenschaltung nur als Fassade zur Täuschung dient.
Hinsichtlich der Gründung und Nutzung einer Gesellschaft zur Erbringung beruflicher Dienstleistungen wird argumentiert, dass es sich dabei nicht um eine Simulation handelt, da weder eine Verschleierung noch Täuschung vorliegt und die Absichten der Parteien mit ihren Erklärungen übereinstimmen. Dies wird durch die ordnungsgemäße Erfüllung der steuerlichen Pflichten und die Transparenz gegenüber der Verwaltung gestützt.
Allerdings haben manche rechtlichen und gerichtlichen Interpretationen die Ansicht vertreten, dass die Gründung einer Gesellschaft durch eine natürliche Person zur Abrechnung ihrer Dienstleistungen sehr wohl eine Simulation darstellen kann, wenn Verschleierung oder das Fehlen eines wirtschaftlich validen Grundes nachgewiesen werden.
In Fällen, in denen die Gesellschaft Dienstleistungen erbringt – auch wenn diese von einer natürlichen Person die Gesellschafter ist, ausgeführt werden – darf nicht automatisch von Simulation ausgegangen werden, wenn weder Verschleierung noch Täuschung vorliegt. Die Gründung einer Gesellschaft zur Erbringung beruflicher Dienstleistungen sollte daher bei ordnungsgemäßer und transparenter Erklärung gegenüber der Steuerverwaltung laut der Rechtsprechung des TS und der Lehrmeinung nicht als Simulation gelten.
Tatsächlich bestätigen die Gerichte häufig die Entscheidungen der Steuerbehörde (AEAT), die zwischengeschaltete Gesellschaften oder deren Dienstleistungen als simuliert einstufen. Allerdings gibt es auch Stimmen, die fordern, dass diese Doktrin überprüft werden sollte, um sicherzustellen, dass die Simulation nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Elemente der Täuschung und der Verschleierung tatsächlich vorliegen.
- Zwischenschalten SL – aktuelle Rechtsprechung:
Da der Sanktionsbereich den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit und der Tatbestandsmäßigkeit unterliegt, darf die Verwaltung das Verhalten nicht willkürlich entweder als verbundene Geschäfte („operaciones vinculadas“) oder als Simulation qualifizieren, ohne dies hinreichend zu begründen.
Falls beide Tatbestände unter verschiedene rechtliche Regelungen subsumierbar sind, sollte die für den Steuerpflichtigen günstigere Regelung angewendet werden, also die mildere Sanktion.
Wird eine Simulation festgestellt, ist der Verstoß allerdings schwerwiegender aufgrund der Verschleierung und möglichen Täuschung. In seinem Urteil vom 8. Juni 2023 (Az. rec. cas. Nr. 6528/2021) betont der TS, dass es bei Simulationen gerechtfertigt ist, „den Schleier der juristischen Person zu lüften“, („levantar el velo corporativo“) um aufzudecken, dass die zwischengeschaltete Gesellschaft nur eine Fassade ist und dass die natürliche Person und die Gesellschaft steuerlich als ein und dieselbe Einheit zu betrachten sind.
5.1 Die steuerliche Regulierung und die Sanktionsbemessung müssen dieser Perspektive entsprechen, und die Sanktionsgrundlage muss die Differenz zwischen der tatsächlich gezahlten Steuer der fiktiven Gesellschaft und der geschuldeten Einkommensteuer der natürlichen Person widerspiegeln.
Die Urteile vom 6. und 8. Juni 2023 (Az. rec. cas. 8550/2021 und 5002/2021) gehen nicht darauf ein, ob der allgemeine Sanktionsrahmen der LGT oder der spezielle Sanktionsrahmen der Vorschriften über verbundene Geschäftsvorfälle (Art. 18.13 der geltenden Körperschaftsteuergesetzgebung) zur Anwendung kommt.
5.2 In früheren Urteilen vom 15. Oktober 2018 (rec. cas. Nr. 4561/2017) und vom 18. Mai 2020 (rec. cas. Nr. 6187/2020) hat der
Oberste Gerichtshof festgestellt, dass das Sonderregime gemäß Körperschaftsteuergesetz nicht anwendbar ist, wenn das Unternehmen nicht verpflichtet ist, die in diesem Regime vorgesehene Dokumentation zu führen.
In diesem Fall findet das allgemeine Sanktionssystem gemäß der Abgabenordnung (LGT) Anwendung – insbesondere die Sanktionen nach Artikel 191 –, die nicht zur Anwendung kämen, wenn das genannte Sonderregime greifen würde.
Diese Urteile machen deutlich, dass der Steuerverwaltung bei der Regulierung der Situation von Gesellschaften, die berufliche Dienstleistungen erbringen, zwei Wege offenstehen: die Berichtigung der Bewertung der Geschäfte; oder die Annahme der Simulation.
Die Kriterien für die Wahl zwischen diesen Optionen bleiben jedoch unklar, was problematisch ist, da die Verwaltung ohne klare Leitlinien nicht im freien Ermessen entscheiden sollte, zumal die Sanktionsfolgen unterschiedlich ausfallen.
5.3 Ein späteres Urteil vom 21. Juni 2023 (rec. cas. Nr. 7268/2021) ergänzt diese Situation:
Darin wurden Kommunikationsdienstleistungen über eine zwischengeschaltete Gesellschaft einem Radiosender angeboten, zu dem der Berufsträger und Gesellschafter keine direkte Verbindung hatte. Die Steuerprüfung korrigierte die Situation und ging davon aus, dass der Berufsträger Einnahmen nahezu in Höhe des Gewinns der Gesellschaft hätte erhalten und versteuern müssen.
Die Audiencia Nacional hatte in ihrem Urteil vom 7. Juli 2021 (rec. Nr. 112/2018) zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden und argumentiert, dass die Gesellschaft über eigene Mittel und Personal verfügte. Der TS hob dieses Urteil jedoch auf und bestätigte die vorgenommene steuerliche Regulierung der Verwaltung.
Das Wesentliche an diesem Urteil ist das Fehlen von Klarheit bei der Definition, wann die Nutzung einer zwischengeschalteten Gesellschaft als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Der Oberste Gerichtshof hat in früheren Entscheidungen – insbesondere in den Urteilen vom 17. Dezember 2019 (Revisionsnummer 6108/2017) und vom 17. Dezember 2020 (Revisionsnummer 5977/2018) – klargestellt, dass ein Missbrauch dann vorliegt, wenn die Gesellschaft über keine personellen und sachlichen Mittel verfügt, die über diejenigen der Gesellschafter hinausgehen, welche in Wirklichkeit selbst die Dienstleistungen erbringen.
Die Urteile aus dem Jahr 2023, insbesondere das vom 21. Juni, heben hervor, dass die Verwaltung in einigen Fällen keine Simulation festgestellt, sondern lediglich die Bewertung der verbundenen Geschäftsvorgänge korrigiert hat, ohne ihre Entscheidung für den einen oder anderen Weg ausreichend zu begründen.
In diesem letzten Urteil wird erwähnt, dass es sich zwar nicht um eine schwerwiegende Simulation handelte, jedoch eine nicht erforderliche Zwischenschaltung einer Gesellschaft bestand, welche die Einkünfte und die steuerliche Belastung des Berufsträgers erheblich verringerte.
Die Steuerbehörde (AEAT) scheint zu versuchen, im Steuerbereich die zivilrechtliche „Doktrin des Durchgriffs“ anzuwenden, die ihren Ursprung im angloamerikanischen Recht hat. Diese ermöglicht es, in Ausnahmefällen die rechtliche Selbständigkeit einer Gesellschaft zu ignorieren, wenn sie missbräuchlich zur Umgehung rechtlicher Haftungen oder Rechte benutzt wird.
5.4 Der Oberste Gerichtshof hat betont, dass die Rechtsfähigkeit der Gesellschaften grundsätzlich zu respektieren ist.
Doch wenn die Rechtsfähigkeit durch Zwischenschalten der SL dazu missbraucht wird, Dritte zu täuschen oder zu benachteiligen, können Gerichte diesen „Schleier lüften“ und hinter die rechtliche Struktur der Gesellschaft blicken. Die Anwendung dieser Doktrin unterliegt bestimmten Voraussetzungen, wie u. a. die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 5. Oktober 2021 (STS 673/2021) zeigt:
- Die Regel muss sein, die Rechtspersönlichkeit der Kapitalgesellschaften zu akzeptieren.
- Nur ausnahmsweise und restriktiv darf diese ignoriert werden, wenn der Missbrauch der Rechtsfähigkeit dazu dient, Dritte zu schädigen oder deren Rechte zu umgehen. Das Vertrauen in den Grundsatz von Treu und Glauben muss bei Handelsgeschäften gewahrt bleiben.
Die Urteile vom 7. Juni 2011 (STS 422/2011) und vom 30. Mai 2012 (STS 326/2012) stellen fest, dass die sogenannte „Durchgriffshaftung“ („levantamiento del velo“) es erlaubt, „in die persönliche Substanz von juristischen Personen oder Gesellschaften einzudringen, denen das Gesetz eine eigene Rechtspersönlichkeit verleiht, um zu verhindern, dass unter dem Deckmantel dieser rechtlichen Fiktion private oder öffentliche Interessen geschädigt oder diese Form als Mittel zum Betrug verwendet wird (Art. 6.4 CC).“ Die Rechtsprechung erlaubt es den Richtern, „den juristischen Schleier zu durchdringen, um Missbrauch dieser rechtlichen Eigenständigkeit zu vermeiden (Art. 7.2 CC), sofern dadurch Dritte oder deren Rechte (Art. 10 der Verfassung) oder auch die Interessen der Gesellschafter geschädigt werden, also bei einem missbräuchlichen Gebrauch der Rechtspersönlichkeit oder einer unsozialen Ausübung des Rechts (Art. 7.2 CC).“
5.4.1 Das heißt konkret: Dieses gerichtliche Eingreifen stützt sich auf Grundsätze wie Treu und Glauben sowie die Verhinderung des Rechtsmissbrauchs und Gesetzesumgehung, wie im spanischen Zivilgesetzbuch vorgesehen. Gleichwohl handelt es sich beim Durchgriff um eine außergewöhnliche und restriktiv anzuwendende Maßnahme, die nur dann zulässig ist, wenn nachgewiesen werden kann, dass das juristische Konstrukt in böser Absicht und allein zum Zweck der Umgehung rechtlicher Verpflichtungen errichtet wurde.
Generell teilt also der Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo) die Auffassung der Steuerverwaltung, allerdings mit gewissen Vorbehalten. Daraus lassen sich Schlussfolgerungen ableiten:
- Ob ein Missbrauch durch das Zwischenschalten der SL vorliegt, hängt davon ab, ob die Gesellschaft über eigene personelle und sachliche Mittel verfügt. Ist dies der Fall, so ist grundsätzlich die Bewertung der verbundenen Geschäftsvorfälle zu berichtigen. Nur wenn die Gesellschaft ausschließlich zur Erlangung steuerlicher Vorteile besteht, kann der Missbrauchstatbestand des Art. 15 LGT zur Anwendung kommen und die Simulation nach Art. 16 verdrängt werden.
- Die „Sicherer-Hafen-Regel“ aus Art. 18.6 des Körperschaftsteuergesetzes setzt voraus, dass die Gesellschaft über eigene personelle und sachliche Mittel verfügt, die einen Mehrwert für die erbrachten Dienstleistungen darstellen.
5.4.2 Das aus diesen Urteilen abzuleitende Sanktionssystem ist unklar, besonders hinsichtlich der Definition der Simulation, da diese häufig weniger die Verschleierung als vielmehr die Diskussion über die Existenz und die Relevanz der personellen und sachlichen Mittel der Gesellschaft betrifft.
Fazit Zwischenschalten SL: Die Gründung und Nutzung einer spanischen Kapitalgesellschaft zur Erbringung unternehmerischer oder freiberuflicher Tätigkeiten bedarf intensiver steuerlicher Beratung, um die oben aufgezeigten Folgen und erheblichen finanziellen Konsequenzen zu vermeiden. Steuerprüfungen im Rahmen solcher Konstruktionen können zu Bescheiden mit bedeutenden Sanktionen führen. Die Aufdeckung solcher Strukturen hat die spanische Finanzbehörde seit 2023 auf ihre jährlichen Kontrollpläne gesetzt. Steuererklärungen des Geschäftsführers und Gesellschafters werden mit denen der Gesellschaft datenmäßig abgeglichen.
©2024 Verfasser Zwischenschalten SL Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht