Mit dem Gesetz zur Prävention und Bekämpfung von Steuerbetrug (Gesetz 11/2021, Ley de Prevención y Lucha Contra el Fraude Fiscal) vom 9. Juli 2021 wurde die Regelung zum Entzug der NIF für spanische Unternehmen neu gefasst.
Seit Inkrafttreten des Gesetzes dürfen für spanische Unternehmen die keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben (inaktive Unternehmen / sociedades inactivas), keine amtlichen Eintragungen mehr in öffentlichen Registern erfolgen. Die hierzu berufenen Träger öffentlicher Ämter (administradores públicos), wie Notare und Registerführer, dürfen keine Dokumente mehr für diese inaktiven Unternehmen ausstellen, verwalten oder bearbeiten, mit Ausnahme der Neuregistrierung und Reaktivierung dieser Unternehmen.
Als Folge fehlender wirtschaftlicher Tätigkeit werden die amtlichen Registerblätter dieser Unternehmen geschlossen, so dass sie ihre Dokumente nicht mehr eintragen lassen und veröffentlichen können. Die Unternehmen dürfen dementsprechend nur noch zur Neuregistrierung tätig werden, um anschließend ihre geschäftliche Aktivität wieder aufzunehmen.
Auf diese Weise sollen in Spanien als „Zombie“-Unternehmen bezeichnete Steuersubjekte aus dem Wirtschaftsverkehr gezogen sowie die Steuerregister bereinigt werden. Ziel des Gesetzes ist dabei u.a. Kauf- und Verkaufsaktionen dieser Unternehmen, wie z.B. von Immobilien, vor Notaren zu verhindern.
Entzug NIF – Pflichten von Notaren und weiteren öffentlichen Amtsträgern
Mit Gesetz 11/2021 vom 9. Juli über Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Steuerbetrug wurde Absatz 4 der sechsten Zusatzbestimmung des Gesetzes 58/2003, Allgemeines Steuergesetz (LGT), geändert:
„Die Veröffentlichung des Widerrufs der zugewiesenen Steueridentifikationsnummer im ‚Boletín Oficial del Estado‘ bewirkt, dass diese Nummer für steuerliche Zwecke ihre Gültigkeit verliert.
Ebenso bewirkt die vorgenannte Veröffentlichung, dass Kreditinstitute weder Belastungen noch Gutschriften auf Konten oder Bankeinlagen vornehmen, bei denen die Inhaber oder Bevollmächtigten die Inhaber der widerrufenen Nummern sind, es sei denn, die Steueridentifikationsnummer wird reaktiviert.
Wenn sich der Widerruf auf die Steueridentifikationsnummer einer juristischen Person bezieht, führt deren Veröffentlichung im ‚Boletín Oficial del Estado‘ dazu, dass Notare verpflichtet sind, jede öffentliche Urkunde, die Willenserklärungen, Rechtsgeschäfte mit Einverständniserklärungen, Verträge oder sonstige Rechtsgeschäfte jeglicher Art betrifft, nicht zu beurkunden. Zudem ist der Zugang zu öffentlichen Registern, einschließlich der verwaltungsrechtlichen, untersagt, es sei denn, die Steueridentifikationsnummer wird reaktiviert. Das öffentliche Register, in dem die vom Widerruf betroffene juristische Person eingetragen ist, wird entsprechend der Art der betroffenen Person in ihrem Registerblatt einen Vermerk anbringen, aus dem hervorgeht, dass künftig keine Eintragungen mehr vorgenommen werden dürfen, es sei denn, die Steueridentifikationsnummer wird reaktiviert.
Ausnahmsweise werden nur die unbedingt erforderlichen Vorgänge zugelassen, um den im vorherigen Absatz genannten Vermerk zu löschen.
Ebenso muss in allen Registerbescheinigungen der juristischen Person, deren Steueridentifikationsnummer widerrufen wurde, vermerkt werden, dass die Nummer widerrufen wurde.
Die Bestimmungen dieses Absatzes hindern die Steuerverwaltung nicht daran, die Erfüllung ausstehender Steuerpflichten einzufordern. Die Annahme von Steuererklärungen, Mitteilungen oder sonstigen Schriftstücken, die eine widerrufene Steueridentifikationsnummer enthalten, wird jedoch unter den gesetzlich festgelegten Bedingungen von der Reaktivierung der genannten Steueridentifikationsnummer abhängig gemacht.“
Notare sind verpflichtet, die widerrufene NIF in den öffentlichen Urkunden, durch welche das Unternehmen gegründet bzw. errichtet wurde, zu vermerken (geregelt im Notariatsgesetz, Ley del Notariado) und diese Information an die Steuerbehörde weiterzuleiten. Diese widerruft die NIF daraufhin, meldet das Unternehmen von der Steuer ab und informiert es über den Widerruf.
Inaktiven Unternehmen werden in der Folge daher auch keine Steuerbescheinigungen mehr ausgestellt. Außerdem wird die Schließung des Handelsregisters des Unternehmens durchgeführt und die digitalen Zertifikate des Unternehmens widerrufen. Die Steuerbehörde veranlasst die Streichung aus allen Registern, innergemeinschaftlichen Wirtschaftsbeteiligten (ROI/ UStIDregister), dem Register für monatliche Erstattungen (REDEME), den territorialen Verbrauchsteuerregistern, den territorialen Registern für die Steuer auf fluorierte Treibhausgase und aus Steuerlagern für Erzeugnisse, die der Steuer auf Alkohol und daraus hergestellter Getränke oder der Mineralölsteuer unterliegen.
Über ein automatisiertes System wird die Steuerverwaltung zudem benachrichtigt, wenn eine Unternehmen mit widerrufener Steueridentifikationsnummer dennoch versucht, eine öffentliche Urkunde auszustellen.
Entzug NIF – Königlicher Erlass 249/2023
Der Königliche Erlass 249/2023, der im April 2023 in Kraft trat, ergänzt das Gesetz 11/2021, indem er spezifische Maßnahmen zur Umsetzung der Bekämpfung von Steuerbetrug einführt. Während das Gesetz allgemeine Richtlinien festlegt, konkretisiert der Erlass diese durch neue Verfahren, beispielsweise zur Überwachung von Steuererklärungen oder zur Verbesserung der Datenanalysen.
Die Steuerbehörde kann die NIF seitdem u.a. auch dann widerrufen, wenn:
- Ein Unternehmen, dem eine vorläufige NIF (bspw. nach Gründung) zugeteilt wurde, die erforderlichen Unterlagen nicht fristgerecht einreicht.
- Das Unternehmen insolvent ist oder keine Körperschaftsteuererklärungen für drei aufeinanderfolgende Jahre einreicht.
- Der Steuerpflichtige über Zeitraum von mehr als einem Jahr und bei mindestens drei Zustellungsversuchen nicht erreichbar ist.
- Unrichtige Angaben zur wirtschaftlichen Tätigkeit gemacht wurden.
- Die Verpflichtung zur Hinterlegung des Jahresabschlusses beim Handelsregister in vier aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht eingehalten wurde.
Automatisiertes Überwachungssystem
Alle inaktiven Unternehmen werden von den Finanzbehörden überwacht. Auch inaktive Unternehmen sind weiterhin verpflichtet, jährliche Körperschaftsteuererklärungen abzugeben. Versäumen sie dies dreimal in Folge oder reichen sie keinen Jahresabschluss (Cuentas Anuales) beim Handelsregister ein, werden sie zunächst vorläufig aus dem Unternehmensregister gestrichen. Hierüber werden sie mittels einer sogenannten „Resolución Expresa“ sowie einer Abmeldebenachrichtigung über den DEH (elektronischer Behördenbenachrichtigungsdienst) informiert.
In der Elften Zusatzbestimmung des Königlichen Erlass 249/2023 ist ein Sanktionssystem für Unternehmen, die ihren Jahresabschluss nicht fristgerecht beim Handelsregister einreichen, niedergelegt.
Die Kriterien für die Festlegung der Höhe von Bußgeldern in diesem Zusammenhang finden sich in Artikel 283 der überarbeiteten Fassung des Gesetzes über Kapitalgesellschaften:
- Die Strafe beträgt 0,05 % des Gesamtbetrags der Aktivposten und 0,05 % des Umsatzes, basierend auf der zuletzt eingereichten Steuererklärung. Das Original dieser Steuererklärung muss im Verfahren vorgelegt werden.
- Wird die Steuererklärung nicht vorgelegt, beträgt die Strafe 2 % des Gesellschaftskapitals, basierend auf den Angaben im Handelsregister.
- Wird die Steuererklärung vorgelegt und die Strafe überschreitet 2 % des Gesellschaftskapitals, wird sie um 10 % reduziert
Entzug NIF – Wiedererteilung
Auch eine Wiedereinsetzung der NIF ist möglich. Jedenfalls dann, wenn in schriftlichem Antrag nachgewiesen wird, dass die Gründe für den Widerruf nicht mehr bestehen. Darüber hinaus sind die Eigentumsverhältnisse am Kapital des Unternehmens, die Identität der gesetzlichen Vertreter und der Steuersitz mitzuteilen, sowie dass eine rechtmäßige und tatsächlich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit ausgeführt wird darzulegen, dass ein echter Unternehmenszweck verfolgt und der Ort der Geschäftsführung und -leitung mitzuteilen. Außerdem ist eine konsistente Meldung der steuerlichen Daten erforderlich, die überprüfbar sein mus.
Entzug NIF – online Prüfung
Auf der homepage des spanischen Finanzamts kann unter „Abfrage widerrufener und reaktivierter Steuer-Identifikationsnummern (NIF)” eine Datei mit einer Liste der widerrufenen oder reaktivierten NIF zum Zeitpunkt der Abfrage abgerufen werden. Diese Liste enthält ausschließlich NIF, die nach dem 1. Dezember 2006 widerrufen wurden und somit im „Boletín Oficial del Estado“ (Amtsblatt) veröffentlicht wurden.
Darüber hinaus kann mit der Funktion „Abfrage nach NIF juristischer Personen“ , die über den Pfad „Alle Verfahren / Register, NIF und steuerlicher Sitz / Register / Formulare 036 und 037. Register für Unternehmer, Freiberufler und Abzugsverpflichtete – Meldung von Anmeldung, Änderungen und Abmeldung sowie vereinfachte Meldung“ verfügbar ist, geprüft werden, ob eine bestimmte NIF widerrufen wurde, und gegebenenfalls das Veröffentlichungsdatum des Widerrufs im BOE einsehen. Diese Abfrage umfasst alle widerrufenen NIF, unabhängig davon, ob der Widerruf vor oder nach dem 1. Dezember 2006 erfolgt ist.
Betriebseinstellung ohne Liquidation
Für den Fall, dass ein Unternehmen seinen Betrieb einstellen möchte, jedoch auf eine Liquidation der Gesellschaft verzichtet, muss es in jedem Fall das Finanzamt über die Inaktivität des Unternehmens informieren.
Um die NIF nicht zu verlieren, sind inaktive Unternehmen darüber hinaus verpflichtet, etwaige ausstehende steuerliche Sanktionen zu begleichen und ihre steuerliche Situation zu klären. Die Strafe beträgt 200 Euro pro Jahr für nicht fristgerecht gezahlte Steuern, jedoch nur, wenn die Steuererklärung ein negatives Ergebnis aufweist (also kein Zahlbetrag entsteht). Sollte hingegen eine Zahllast bestehen, muss mindestens 50 % des offenen Betrags zuzüglich der Zinsen an das Finanzamt gezahlt werden.
Zumeist wird die Steuerbehörde erst nach einigen Jahren, häufig zwischen drei und vier Jahren, tätig.
©2023 Verfasser Entzug NIF: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht