Der Beitrag Erbenhaftung Spanien erläutert zur Haftung für Schulden im Zusammenhang mit einer Erbschaft in Spanien.
Im spanischen Erbrecht gilt der Grundsatz, dass niemand Erbe wird, ohne seine ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung.
Solange der berufene oder potentielle Erbe weder die Erbschaft annimmt noch auf sie verzichtet, haftet er grds. zunächst nicht für die Schulden des Erblassers.
Erst durch die Annahme der Erbschaft – ausdrücklich oder stillschweigend („aceptación expresa o tácita“) – entsteht die volle rechtliche Erbenstellung mit sämtlichen Rechten und Pflichten. Es besteht aber keine Plicht die Erbschaft anzunehmen.
Der Erbe kann auch ausdrücklich auf die Erbschaft verzichten (“renuncia expresa”), indem er ein formelles Verfahren vor einem Notar durchführt. Der Verzicht bedeutet, dass der Erbe weder Vermögen noch Schulden des Erblassers („causante“) übernimmt und rechtlich so behandelt wird, als wäre er nie zur Erbschaft berufen worden. Auch zu einem Verzicht besteht keine Pflicht.
Das spanische Zivilgesetzbuch (Código Civil) sieht drei Möglichkeiten vor, auf eine Erbschaft zu reagieren:
- Einfache Annahme der Erbschaft („aceptación pura y simple“):
Der Erbe übernimmt sämtliche Rechte und Pflichten, einschließlich eventueller Schulden des Verstorbenen, auch mit seinem eigenen Vermögen. - Annahme unter Vorbehalt des Inventars („aceptación a beneficio de inventario“):
Der Erbe nimmt die Erbschaft an, haftet jedoch nur mit dem geerbten Vermögen, nicht mit seinem eigenen. - Verzicht auf die Erbschaft („renuncia o repudiación de la herencia“):
Der Erbe erklärt formell, dass er die Erbschaft nicht annimmt. Folglich erhält er weder Güter noch Schulden des Verstorbenen.
Solange der Erbe nicht reagiert, befindet sich die Erbschaft in einem vorläufigen Zustand, sog. “herencia yacente“, was häufig als “schwebende Erbschaft” übersetzt wird. Der Ausdruck „schwebende Erbschaft“ im Deutschen ist kein feststehender Begriff im deutschen Recht, wird aber umgangssprachlich oder in der Literatur manchmal verwendet, um die Zeit zwischen Erbfall und Ausschlagung zu beschreiben.
Juristisch entsteht in Deutschland keine eigenständige Vermögensmasse; der Erbe wird automatisch mit dem Erbfall Rechtsnachfolger (§ 1922 BGB), auch wenn er die Erbschaft später ausschlagen kann.
Tatsächlich bedeutet “herencia yacente” wörtlich: „liegende Erbschaft“ oder „ruhende Erbschaft“ und bezeichnet die Rechtsstellung des Nachlasses, bevor ein Erbe die Erbschaft annimmt oder ausschlägt. Der Nachlass selbst hat in diesem Zustand in Spanien hingegen eine gewisse rechtliche Eigenständigkeit, er kann z. B. Vermögen besitzen, Forderungen haben oder Verbindlichkeiten tragen, mithin auch als ein gesondertes Vermögen betrachtet werden („patrimonio separado“).
Verfahren zum Verzicht auf eine Erbschaft
Vor der notariellen Verzichtserklärung müssen folgende Dokumente vorgelegt werden:
- Personalausweis, bei spanischen Staatsangehörigen bzw AusländerID (NIE)
- Sterbeurkunde („certificado literal de defunción“) des Verstorbenen (ausgestellt durch das Standesamt, in Spanien „Registro Civil“.
- Bescheinigung des Zentralregisters über letztwillige Verfügungen („certificado del Registro General de Actos de Última Voluntad“) – ausgestellt vom Justizministerium („Ministerio de Justicia“). Diese bescheinigt, ob ein Testament (testamento) vorliegt und ggf. vor welchem Notar dieses beurkundet wurde.
- Beglaubigte Kopie des Testaments („copia autorizada del testamento“), falls vorhanden.
Liegt kein Testament vor, muss (nach spanischem Recht) eine Erbenfeststellung („declaración de herederos abintestato“) durchgeführt werden.
- Meldebescheinigung („certificado de empadronamiento“) des in Spanien ansässigen Verstorbenen, um die steuerlich zuständige Autonome Gemeinschaft (comunidad autónoma) festzustellen.
Notarielle Erklärung (“Comparecencia ante notario”)
- Der Verzicht muss in öffentlicher Urkunde („escritura pública“) vor einem Notar erfolgen.
- Jedes spanische Notariat kann den Verzicht beurkunden, üblicherweise aber die am letzten Wohnsitz des Verstorbenen oder am Ort der Vermögenswerte.
- Der Erbe erklärt darin ausdrücklich seinen Willen, auf die Erbschaft zu verzichten („renunciar a la herencia“).
Es gibt zwei Arten des Verzichts:
- Einfacher Verzicht („renuncia pura y simple“) ohne Angabe eines Begünstigten.
- Verzicht zugunsten einer bestimmten Person („renuncia a favor de persona determinada“): gilt als Abtretung von Erbrechten („cesión de derechos hereditarios“) und hat steuerliche Konsequenzen wie eine Schenkung.
Unterzeichnung und rechtliche Wirkung
Nach der Unterzeichnung der Urkunde ist der Erbe vollständig von der Erbschaft ausgeschlossen und sein Anteil geht an die Ersatzerben oder nächsten gesetzlichen Erben („herederos sustitutos o siguientes en orden sucesorio“) über.
Der Notar informiert die Beteiligten und gegebenenfalls die spanische Steuerbehörde (AEAT).
Steuerliche Aspekte
Ein einfacher Verzicht („renuncia pura y simple“) löst keine Pflicht zur Zahlung der Erbschaftsteuer („Impuesto sobre Sucesiones y Donaciones“) aus, da kein Vermögen erworben wird.
Sofern jedoch zugunsten einer anderen Person verzichtet wird, gilt dies steuerlich als Schenkung („donación“), und der Begünstigte muss die entsprechende Schenkungssteuer erklären und zahlen.
Fristen für den Verzicht
Das Gesetz sieht keine feste Frist für den Verzicht vor. Solange der Erbe nicht handelt, wird angenommen, dass er die Erbschaft noch annehmen kann.
Hat der Erbe jedoch Handlungen vorgenommen, die als Annahme gelten („actos que impliquen aceptación tácita“) – etwa den Verkauf von Nachlassgegenständen, das Abheben von Konten, das Einstreichen von Mieten oder die Zahlung von Schulden – verliert er das Recht, zu verzichten.
Folgen des Verzichts
- Der Verzichtende gilt als nicht berufener Erbe („no llamado a la herencia“).
- Sein Anteil geht auf die nächsten Erben gemäß Testament oder Gesetz über.
- Wenn alle Erben verzichten, fällt die Erbschaft an den spanischen Staat
- Der Verzichtende haftet nicht für Schulden des Verstorbenen und erwirbt keine Rechte an Nachlasswerten.
Der Verzicht auf eine Erbschaft in Spanien ist also ein freiwilliger, formeller Akt, der vor einem Notar durch öffentliche Urkunde erklärt werden muss.
Dieser Schritt ist dann sinnvoll, wenn die Erbschaft hohe Schulden, familiäre Konflikte oder fehlendes Interesse am Nachlass beinhaltet.
Bei Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen bleibt der Erbe vollständig von der Erbschaft ausgeschlossen, ohne steuerliche oder finanzielle Verpflichtungen.
Erbenhaftung Spanien
Nach obigen Ausführungen stellt sich die Frage der Erbenhaftung.
Wie dargelegt, haftet der Erbe solange er die Erbschaft weder annimmt noch auf sie verzichtet zunächst nicht für die Schulden des Verstorbenen („causante“).
Bei der Annahme ergeben sich zwei Möglichkeiten, entweder die der ausdrücklichen Annahme („aceptación expresa“), in der Regel durch eine Erklärung vor dem Notar, oder einer stillschweigenden Annahme („aceptación tácita“) durch Handlungen des Erben, die objektiv den Willen zur Annahme erkennen lassen.
In diesen Fällen gilt die Erbschaft als angenommen, auch ohne ausdrückliche notarielle Erklärung. Ein nachträglicher Verzicht (“renuncia”) ist dann nicht mehr möglich.
Ab dem Zeitpunkt der Annahme haftet der Erbe uneingeschränkt für sämtliche Nachlassverbindlichkeiten des Erblassers.
Umfang der Erbenhaftung in Spanien
Bei der einfachen Erbannahme kommt es zur Haftung des Erben für sämtliche Schulden des Verstorbenen, auch mit dem Privatvermögen des Erben.
Übersteigen die Schulden den Wert der geerbten Vermögenswerte, muss der Erbe die Differenz aus eigenem Vermögen begleichen.
Bei der Annahme mit Inventarvorbehalt („aceptación a beneficio de inventario“) haftet der Erbe ausschließlich mit dem geerbten Vermögen, nicht jedoch mit seinem eigenen.
Diese Möglichkeit ist insbesondere dann empfehlenswert, wenn nicht sicher ist, ob der Nachlass überschuldet ist.
Erbenhaftung Spanien – Untätigkeit des Erben
Das Gesetz sieht keine feste Frist für die Annahme oder Ablehnung einer Erbschaft vor.
Jedoch können andere Beteiligte – etwa Gläubiger oder Miterben – den berufenen Erben auffordern, eine Entscheidung zu treffen.
Mit der Reform durch das Gesetz (Ley 15/2015) wurde Artikel 1005 des spanischen ZGB geändert; seitherm ist es nicht mehr das Gericht, sondern der Notar, der diese Aufforderung an den Erben ausspricht. Damit wurde das Verfahren vereinfacht und beschleunigt, um die Gerichte zu entlasten.
Das bedeutet, jeder Beteiligte, etwa ein Gläubiger, Miterbe oder Vermächtnisnehmer, kann beim Notar beantragen, dass dieser den berufenen Erben auffordert, sich zu erklären.
Der Notar informiert den Erben offiziell, dass er 30 Kalendertage Zeit hat, die Erbschaft anzunehmen („pura y simplemente“ oder „a beneficio de inventario“) oder abzulehnen („repudiar“).
Wenn der Erbe innerhalb dieser Frist nichts unternimmt, gilt die Erbschaft automatisch als angenommen „pura y simplemente“, also ohne Haftungsbeschränkung.
Es kommt zur Haftung für sämtliche Schulden mit dem gesamten persönlichen Vermögen des Erben.
Fazit Erbenhaftung Spanien:
In Spanien kommt es nicht wie in Deutschland nach Ablauf einer bestimmten Frist zur Erbenstellung, aber solange man keine ausdrückliche Erklärung abgibt, bleibt man rechtlich gesehen potenziell Erbe. Das bedeutet, dass der Nachlass in der Schwebe bleibt und weder aufgeteilt noch abgewickelt werden kann.
Ein Erbverzicht ist möglich, da das Gesetz verlangt, dass ein Erbe der die Erbschaft nicht annehmen möchte, dies ausdrücklich und förmlich erklären muss.
Ein solcher Verzicht dient in erster Linie der Rechtssicherheit. Durch die öffentliche Erklärung vor einem Notar wird eindeutig festgestellt, dass die betreffende Person die Erbschaft nicht annehmen möchte. Dadurch können die anderen Erben ihren Anteil übernehmen, Gläubiger wissen, an wen sie sich wenden können, und das spanische Finanzamt kann die steuerliche Situation korrekt bewerten.
In zweiter Linie schützt der notarielle Verzicht den Erben vor einer sogenannten stillschweigenden Annahme und damit der Haftung des Erben mit seinem gesamten Privatvermögen.
Es besteht aber keine Pflicht noch eine Frist zum Verzicht. Dieser ist nur vorgesehen, da das bloße „Nichts-Tun“ keine klare Rechtswirkung entfaltet. Nur der ausdrückliche Verzicht beendet die potentielle Erbenstellung endgültig, verhindert eine ungewollte Erbenhaftung für Schulden in Spanien und ermöglicht die ordnungsgemäße Nachlassabwicklung.
©2022 Verfasser Erbenhaftung Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für
